Richtiges Forderungsmanagement beginnt bereits vor der Auftragserteilung, bei größeren Geschäften mit Abgabe eines Angebotes. Es ist unabdingbar, sich vor Vertragsschluss über den künftigen Vertragspartner zu informieren. Je höher das Auftragsvolumen und der möglicherweise daraus resultierende Verlust sein kann, desto umfassender müssen die Informationen gesammelt werden.

Vor der Annahme eines größeren Auftrags, bei dem der Unternehmer selbst hohe auftragsbezogene Zusatzkosten hat, sollte man sich auf jeden Fall die Zeit nehmen, die Bonität des potenziellen Kunden zu prüfen. In vielen Fällen zeigt sich, dass sich die Zahlungsunfähigkeit des späteren Kunden nicht etwa plötzlich ergeben hat, sondern Engpässe schon vorher erkennbar waren.

 
Wichtig

Bei berechtigten Zweifeln an der Seriosität und Bonität des Käufers, Auftraggebers etc. sollte vernünftigerweise auf den Vertragsabschluss verzichtet werden, um sich Kosten und Ärger zu ersparen. Neue Verträge mit Vertragspartnern, die einem aus anderen Verträgen noch Geld schulden, sind ebenfalls zu vermeiden, soweit nicht Sicherheiten geleistet werden.

1.1.1 Checkliste vor/bei Vertragsabschluss

Vor dem Vertragsabschluss müssen folgende Punkte beachtet werden:

  • Bei natürlichen Personen: Es ist zu klären, wer Vertragspartner ist, ein Ehepartner oder beide, Vornamen, Adresse; bei Minderjährigen sind die Zustimmung und die Daten der Eltern erforderlich
  • Bei Kaufleuten: Einzelkaufmann oder GmbH, OHG, KG, AG sollten Vertragsverhandlungen nur mit dem gesetzlichen Vertreter /Inhaber/Geschäftsführer geführt werden
  • Bei juristischen Personen: Hier muss man die genaue Firmierung feststellen, einen Handelsregisterauszug anfordern, gesetzliche Vertretungsmacht, Prokura, Handlungsvollmacht prüfen
  • Besonderheiten bei Eigentümergemeinschaften: z. B. Verwaltervollmacht anfordern
  • Detailliertes Angebot mit Allgemeinen Geschäftsbedingungen abgeben, Schriftlichkeit/Textform beachten, bei Verhandlungen und Telefongesprächen schriftliche Vermerke fertigen, bei wichtigen Gesprächen Zeugen mitnehmen (Mitarbeiter), auf Einbeziehung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen hinweisen
  • Bonitätsprüfung des Auftraggebers/Fragebogen vorbereiteten mit Bitte um Schufa-Auskunft, Angabe von Kontoverbindungen etc.
  • Vertrag erst nach positiver Bonitätsprüfung fertigen mit festen Zahlungsfristen und Vereinbarung einer Vorschussleistung oder Abschlagszahlungen[1] und abschließender Schlusszahlung nach Lieferung/Werkerstellung.
  • Schriftlichen Auftrag bzw. gegengezeichneten Vertrag und ggf. vereinbarte Vorschusszahlung vor Auftragsbeginn abwarten. Zu prüfen ist, ob der Auftraggeber Änderungen im übersandten Vertrag vorgenommen hat. Gegebenenfalls muss der Auftragnehmer unverzüglich widersprechen.
[1] OLG Bremen, Urteil v. 16.1.2014, 3 U 44/13: Leistet der zu Abschlagszahlungen verpflichtete Besteller versehentlich eine Abschlagszahlung doppelt, so ist diese Überzahlung aufgrund der vertraglichen Beziehung der Parteien und des vorläufigen Charakters von Abschlagszahlungen im Rahmen der Schlussrechnung auszugleichen. Bereicherungsrechtliche Vorschriften sind auch bei versehentlichen Doppelleistungen von Abschlagszahlungen nicht anwendbar.

1.1.2 Allgemeine Informationen

Der erste Blick bei Auftragsangeboten sollte dem Telefonbuch im Internet gelten. Sind dort keine Eintragungen zur Adresse oder nur Handy-Nummern vorhanden, ist Vorsicht geboten. Auf jeden Fall sollte sich der Unternehmer vor Ort des künftigen Geschäftspartners ein Bild machen, indem er zu diesem nach Möglichkeit einmal hinfährt.

Das Internet ist ebenfalls hilfreich, zumindest bei Firmenkunden über deren Homepage Informationen über Geschäftsführer, Inhaber und Handelsregisternummer, Registergericht und Firmensitz zu erhalten (Impressum). Mit diesen Angaben können weitere Auskünfte eingeholt werden (z.B. Handelsregister).

Der Unternehmer ist gut beraten, wenn er sich vor Vertragsabschluss die Veröffentlichungen des Handelsregisters und des Insolvenzgerichts in den entsprechenden Portalen zur Pflichtlektüre macht (siehe https://www.handelsregister.de/rp_web/bekanntmachungen.xhtml und www.insolvenzbekanntmachungen.de/ap). Bekanntmachungen, veröffentlicht vor dem 1.8.2022, finden sich auf www.handelsregisterbekanntmachungen.de.

Das Internet enthält möglicherweise weitere Informationen. Unter www.google.de sollte man einfach einmal den Namen des Vertragspartners eingeben. Unzufriedene Auftraggeber und Kunden äußeren gelegentlich ihren Ärger über ihre Vertragspartner in Foren. Aber auch positive Informationen sind zu finden, z.B. eigene Auftraggeber des potenziellen Kunden.

Ratsam ist es als Unternehmer, sich z.B. mit anderen Unternehmern aus der gleichen Branche oder denen, die an einem gleichen Objekt (Bauauftrag) tätig sein werden, über mögliche Auftraggeber auszutauschen. Auch die eigene Bank kann unter Wahrung ihres Bankgeheimnisses u. U. von Geschäftsabschlüssen abraten.

Üblich ist auch die Einholung einer Schufa-Auskunft (Schutzgemeinschaft für allgemeine Kreditsicherung) bezüglich des künftigen Geschäftspartners über die eigene Hausban...

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