Überblick

Verwendet ein Unternehmer bei der Bestellung einer Ware in einem anderen Mitgliedstaat der Gemeinschaft eine USt-IdNr. aus einem anderen Mitgliedstaat als dem Staat, in dem sich die Ware am Ende der Beförderung oder Versendung befindet, ist ein innergemeinschaftlicher Erwerb nicht nur im Bestimmungsstaat zu besteuern, sondern auch in dem Staat, aus dem die USt-IdNr. stammt. Nach der Rechtsprechung von EuGH und BFH kann sich eine Vorsteuerabzugsberechtigung aber nur in dem Bestimmungsmitgliedstaat ergeben. Die Finanzverwaltung übernimmt jetzt die Rechtsprechung in den UStAE.

 

Kommentar

Die rechtliche Problematik

Wird eine Ware von einem Unternehmer aus einem Mitgliedstaat zu einem regelbesteuerten Unternehmer in einem anderen Mitgliedstaat geliefert, ist die Lieferung im Ausgangsmitgliedstaat eine steuerbare, aber unter den Voraussetzungen des § 4 Nr. 1 Buchst. b i. V. m. § 6a Abs. 1 Nr. 1–3 UStG steuerbefreite innergemeinschaftliche Lieferung. Der Erwerber muss aber im Zielland einen innergemeinschaftlichen Erwerb nach § 1a Abs. 1 UStG besteuern ("Bestimmungslandprinzip"). Der Ort des innergemeinschaftlichen Erwerbs ist dabei immer dort, wo sich der Gegenstand der Lieferung am Ende der Beförderung oder Versendung befindet (§ 3d Satz 1 UStG).

Wichtig

Das Bestimmungsland hat immer das Besteuerungsrecht für den innergemeinschaftlichen Erwerb.

Tritt aber der Erwerber mit einer USt-IdNr. auf, die nicht aus dem Land stammt, in dem sich der Gegenstand am Ende der Beförderung oder Versendung befindet, muss er – zusätzlich – noch in dem Mitgliedstaat einen innergemeinschaftlichen Erwerb der Besteuerung unterwerfen, aus dem die USt-IdNr. stammt (§ 3d Satz 2 UStG). Um eine Doppelbesteuerung zu vermeiden, ist dieser innergemeinschaftliche Erwerb dann rückgängig zu machen, wenn der Unternehmer nach § 17 Abs. 2 Nr. 4 UStG nachweisen kann, dass der Erwerb in dem "richtigen" Land (dem Land, in dem sich der Gegenstand am Ende der Beförderung oder Versendung befindet) besteuert worden ist.

Praxis-Tipp

Die Finanzverwaltung hat nicht geregelt, wie dieser Nachweis zu führen ist. Grundsätzlich kann sich hier der Nachweis nur aus einer Kombination zwischen der im Bestimmungsmitgliedstaat abgegebenen Voranmeldung (bzw. Jahreserklärung) und der Buchhaltung ergeben.

Der EuGH[1] und nachfolgend der BFH[2] hatten entschieden, dass sich ein Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG nur für den innergemeinschaftlichen Erwerb ergeben kann, der in dem Bestimmungsmitgliedstaat nach § 3d Satz 1 UStG ausgeführt wird. Ein Vorsteuerabzug kann sich nicht im Registrierungsstaat nach § 3d Satz 2 UStG ergeben, in diesem Staat kann der innergemeinschaftliche Erwerb nur unter den Bedingungen des § 17 Abs. 2 Nr. 4 UStG rückgängig gemacht werden.

Die Anweisung des Bundesministeriums der Finanzen

Wichtig

Das BMF-Schreiben ändert Abschn. 15.10 Abs. 2 UStAE des konsolidierten Anwendungserlasses.

Die Finanzverwaltung setzt die Vorgaben aus der Rechtsprechung um und ergänzt Abschn. 15.10 Abs. 2 UStAE dahingehend, dass ein Vorsteuerabzug aus einem innergemeinschaftlichen Erwerb nach § 3d Satz 2 UStG nicht möglich ist.

Die Verschärfung ist in allen noch offenen Fällen anzuwenden, der Unternehmer hat somit grundsätzlich keinen Vorsteuerabzug mehr, wenn er einen innergemeinschaftlichen Erwerb nach § 3d Satz 2 UStG realisiert.

Praxis-Beispiel

Unternehmer U aus Deutschland bestellt bei einem polnischen Unternehmer Baustoffe, die vereinbarungsgemäß von dem polnischen Unternehmer direkt zu einer Baustelle des U in Tschechien transportiert werden. Bei der Auftragserteilung verwendet U seine deutsche USt-IdNr.

U realisiert in Tschechien einen innergemeinschaftlichen Erwerb nach § 1a Abs. 1 UStG, da sich der Gegenstand am Ende der Beförderung tatsächlich dort befindet (§ 3d Satz 1 UStG). Unter den nationalen Bedingungen ist U dort zum Vorsteuerabzug berechtigt. U verwirklicht zusätzlich einen innergemeinschaftlichen Erwerb in Deutschland, da er mit seiner deutschen USt-IdNr. aufgetreten ist (§ 3d Satz 2 UStG). Dieser nach § 1 Abs. 1 Nr. 5 UStG steuerbare und auch nach § 4b UStG nicht steuerbefreite Erwerb führt zu einer Zahllast für U. Erst wenn er in Deutschland nachweisen kann, dass der innergemeinschaftliche Erwerb tatsächlich in Tschechien besteuert worden ist, kann der innergemeinschaftliche Erwerb nach § 17 Abs. 2 Nr. 4 UStG rückgängig gemacht werden.

Konsequenzen für die Praxis

Der Vorsteuerabzug kann für einen innergemeinschaftlichen Erwerb nach § 3d Satz 2 UStG in allen noch offenen Fällen von dem Leistungsempfänger nicht mehr vorgenommen werden. Unerheblich ist dabei, aus welchem Grund der Leistungsempfänger eine USt-IdNr. aus einem anderen Mitgliedstaat, als dem Bestimmungsstaat verwendet. Denkbar sind insbesondere die folgenden Fälle:

  • Der Unternehmer hat Betriebsstätten in verschiedenen Mitgliedstaaten. Bei der Bestellung einer Ware verwendet er versehentlich eine USt-IdNr. aus einem anderen Staat, als dem Bestimmungsland.
  • Der Leistungsempfänger ist in dem Be...

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