Überblick

Nutzt der Unternehmer in einem dem Unternehmen zugeordneten Gebäude Räume für nichtunternehmerische Zwecke, so liegt eine steuerbare und steuerpflichtige Leistung nach § 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG vor. In die Bemessungsgrundlage sind nach § 10 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 UStG alle Ausgaben einzubeziehen, die zu einem Vorsteuerabzug berechtigt hatten. Die Anschaffungs- oder Herstellungskosten sind dabei seit dem 1.7.2004 auf den für das Wirtschaftsgut maßgeblichen Vorsteuerberichtigungszeitraum zu verteilen. Die Finanzverwaltung hatte 2004 dazu geregelt[1], dass die Verteilung der Anschaffungs- oder Herstellungskosten auch schon in Zeiträumen vor dem 1.7.2004 über den maßgeblichen Vorsteuerberichtigungszeitraum zu erfolgen hat, wenn der Unternehmer aus dem selbstgenutzten Teil des Gebäudes den Vorsteuerabzug vorgenommen hat. Nachdem der BFH[2] für diese Anweisung keine Rechtsgrundlage gesehen hatte, hat die Finanzverwaltung nunmehr ihre Auffassung revidiert und setzt in den Zeiträumen vor dem 1.7.2004 nur die nach ertragsteuerrechtlichen Gesichtspunkten ermittelten Kosten bei der Besteuerung der Eigennutzung an.

 

Kommentar

Die rechtliche Problematik

Der EuGH[3] hatte in einem viel beachteten Urteil 2003 festgestellt, dass die Eigennutzung von Gebäudeteilen, die dem Unternehmen zugeordnet sind, steuerbar und – entgegen der früheren nationalen Auffassung – auch nicht steuerfrei analog § 4 Nr. 12 UStG ist. Die Finanzverwaltung hatte daraufhin mit mehreren Schreiben reagiert, wobei insbesondere die Verteilung der Anschaffungs- oder Herstellungskosten über den maßgeblichen – bei Gebäuden zehnjährigen – Vorsteuerberichtigungszeitraum angeordnet wurde[4]. Bis dahin wurde die Bemessungsgrundlage für die nichtunternehmerische Nutzung von Gegenständen anhand der ertragsteuerrechtlich ermittelten Kosten festgestellt[5]. Obwohl die Regelung erst ab dem 1.7.2004 so gelten sollte, schrieb die Finanzverwaltung vor, dass der Steuerpflichtige die Anschaffungs- oder Herstellungskosten auch dann schon über den maßgeblichen Vorsteuerberichtigungszeitraum zu verteilen habe, wenn er für Zeiträume vor dem 1.7.2004 den Vorsteuerabzug für die nichtunternehmerisch genutzten Gebäudeteile begehrt. Der Gesetzgeber hatte dann im EURLUmsG[6] (rückwirkend) die Verteilung der Anschaffungs- oder Herstellungskosten mit Wirkung vom 1.7.2004 gesetzlich in § 10 Abs. 4 Nr. 2 Satz 2 und Satz 3 UStG normiert.

Grundsätzlich war strittig, ob die Verteilung über den Vorsteuerberichtigungszeitraum überhaupt mit dem Gemeinschaftsrecht in Einklang zu bringen ist. Nachdem der EuGH[7] festgestellt hatte, dass die Verteilung der Anschaffungs- oder Herstellungskosten über den maßgeblichen Vorsteuerberichtigungszeitraum bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage für die unentgeltliche Nutzung eines dem Unternehmen zugeordneten Gebäudes nicht gegen die Vorgaben des Gemeinschaftsrechts verstößt, war vom BFH "nur" noch zu entscheiden, ob diese Verteilung der Anschaffungs- und Herstellungskosten auch schon für Zeiträume vor dem 1.7.2004 anzuwenden sein kann.

Der BFH hatte in seiner Entscheidung[8] v. 19.4.2007 der Verteilung der Anschaffungs- oder Herstellungskosten über den maßgeblichen Vorsteuerberichtigungszeitraum nach § 15a UStG für Zeiträume vor dem 1.7.2004 eine eindeutige Absage erteilt. Nach Auffassung des BFH besteht für eine Anwendung der Gesetzesänderung für Zeiten vor dem 1.7.2004 weder eine nationale Rechtsgrundlage, noch lässt sich diese Verteilung zwingend aus dem Gemeinschaftsrecht ableiten. Wie der EuGH in seiner grundlegenden Entscheidung festgestellt hatte, haben die Mitgliedstaaten bei der Bestimmung der Grundsätze der Besteuerung der unentgeltlichen Wertabgaben einen gewissen Ermessensspielraum, der in Deutschland mit der gemeinschaftsrechtlich zulässigen Anknüpfung an die ertragsteuerrechtlichen Kosten bis zum 30.6.2004 anders ausgenutzt wurde als nach der Gesetzesänderung. Gestützt wird dies auch dadurch, dass dem Gesetzgeber durch seine ausführliche Gesetzesbegründung zum EURLUmsG bewusst war, dass es sich bei dieser Gesetzesänderung nicht nur um eine klarstellende Anpassung, sondern um eine materielle Änderung handelte, die erst zu diesem gesetzlich geregelten Zeitpunkt in Kraft treten könne.

Damit ist in allen Fällen, in denen ein Unternehmer auch schon in den Zeiträumen vor dem 1.7.2004 den vollen Vorsteuerabzug aus den dem Unternehmen zugeordneten, aber auch nichtunternehmerisch genutzten Gebäudeteilen, vorgenommen hat, bis zum 30.6.2004 die Bemessungsgrundlage nach der bis dahin geltenden Gesetzesfassung des § 10 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 UStG zu ermitteln.

Die Anweisung des Bundesministeriums der Finanzen

Das Bundesministerium der Finanzen hat jetzt mit Schreiben vom 10.8.2007 die in 2004 vertretene Auffassung zurückgenommen. Macht der Steuerpflichtige auch schon in Zeiträumen vor dem 1.7.2004 den Vorsteuerabzug aus selbstgenutzten Gebäudeteilen geltend, so ist die Bemessungsgrundlage bis zu diesem Zeitpunkt anhand der ertragsteuerrechtlich ermittelten...

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