Kommentar

Der Bekämpfung der Steuerhinterziehung und des Steuermissbrauchs kommt in der Europäischen Union eine wesentliche Bedeutung zu. Nachdem die erst 2002 eingeführte Regelung des § 25d UStG zur Haftung für die schuldhaft nicht abgeführte Umsatzsteuer zum 1.1.2020 durch eine Regelung zur Versagung des Vorsteuerabzugs bzw. zur Versagung der Steuerbefreiung einer innergemeinschaftlichen Lieferung durch § 25f UStG ersetzt wurde, hat die Finanzverwaltung jetzt zu dieser Neuregelung Stellung genommen und den UStAE entsprechend ergänzt.

Die rechtliche Problematik

2002 wurde zur Bekämpfung des Steuerbetrugs und des Steuermissbrauchs eine Haftungsregelung in § 25d UStG eingeführt, nach der ein Unternehmer für eine entgangene Umsatzsteuer auf einer Vorstufe haftete, wenn er wusste oder hätte wissen müssen, dass der leistende Unternehmer die Steuer aufgrund einer vorgefassten Absicht nicht entrichtete oder sich vorsätzlich außer Stande gesetzt hatte, die Steuer zu entrichten. Durch die Ausgestaltung als Haftungsregelung war diese Regelung aber mit erheblichen verfahrensrechtlichen Hürden verbunden und konnte die in sie gesetzten Erwartungen nicht erfüllen.

Da der EuGH[1] wiederholt festgestellt hatte, dass der Vorsteuerabzug als auch die Steuerbefreiung einem Unternehmer versagt werden kann, wenn er wissentlich in einen Mehrwertsteuerbetrug involviert ist, wurde die Haftungsregelung durch die Regelung des § 25f UStG[2] ersetzt, der bei dem Unternehmer unmittelbar die Versagung des Vorsteuerabzugs oder die Versagung der Steuerbefreiung einer innergemeinschaftlichen Lieferung vorsieht.

Die Regelung des § 25f Abs. 1 UStG bezieht sich auf die Versagung des Vorsteuerabzugs nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 (Vorsteuer aus Leistungen anderer Unternehmer), Nr. 3 (Vorsteuerabzug aus innergemeinschaftlichen Erwerben) und Nr. 4 UStG (Vorsteuerabzug bei Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers) sowie die Versagung der Steuerbefreiung bei innergemeinschaftlichen Lieferungen nach § 6a i. V. m. § 4 Nr. 1 Buchst. b UStG.

Wichtig

Nicht Voraussetzung ist, dass der Unternehmer selbst in die Steuerhinterziehung oder den ungerechtfertigten Steuervorteil involviert ist. Es ist ausreichend, dass der Unternehmer wusste oder hätte wissen müssen, dass auf einer vorhergehenden oder nachfolgenden Umsatzstufe ein solches Steuervergehen begangen wurde.

In § 25f Abs. 2 UStG ist geregelt, dass in den Fällen eines solchen Steuervergehens die Regelungen des § 25b Abs. 3 und Abs. 5 UStG beim innergemeinschaftlichen Dreiecksgeschäft ebenfalls nicht gelten sollen. § 25b Abs. 3 UStG betrifft die Besteuerung des innergemeinschaftlichen Erwerbs des mittleren Unternehmers im Bestimmungsmitgliedstaat und bestimmt dessen fiktive Besteuerung. § 25b Abs. 5 UStG regelt den Vorsteuerabzug für die beim letzten Erwerber entstehende Umsatzsteuer.

Die Anweisung des Bundesministeriums der Finanzen

Wichtig

Das BMF-Schreiben führt Abschn. 25f.1 und 25f.2 UStAE neu ein.

Nach fast zweieinhalb Jahren hat die Finanzverwaltung jetzt zu der Regelung des § 25f Stellung genommen und den UStAE entsprechend ergänzt. Zuerst stellt die Finanzverwaltung fest, dass der Unternehmer grundsätzlich die Feststellungslast für das Vorliegen der für den Vorsteuerabzug als auch für die Steuerbefreiung der innergemeinschaftlichen Lieferung erforderlichen materiellen Voraussetzungen trägt.[3] Damit es zur Versagung des Vorsteuerabzugs oder der Steuerbefreiung kommt, muss das Finanzamt dem Unternehmer nachweisen, dass er wusste oder hätte wissen müssen, dass er sich mit seinem Eingangs- oder Ausgangsumsätzen an einem Umsatz beteiligt hat, bei dem der Leistende oder ein anderer Beteiligter auf einer vorhergehenden oder nachfolgenden Umsatzstufe in eine begangene Steuerhinterziehung von Umsatzsteuer einbezogen, an der Erlangung eines nicht gerechtfertigten Vorsteuerabzugs oder einer Schädigung des Umsatzsteueraufkommens beteiligt war.

Wichtig

Voraussetzung ist, dass der objektive und subjektive Tatbestand der Steuerhinterziehung[4] bzw. der Bußgeldvorschriften[5] oder der Strafvorschriften[6] des Umsatzsteuergesetzes erfüllt sind. Eine strafgerichtliche Verurteilung oder bußgeldrechtliche Ahndung ist nicht erforderlich.

Die Feststellung der Steuerhinterziehung kann sich auf den unmittelbaren Eingangs- oder Ausgangsumsatz des Unternehmers beziehen, aber auch einen Umsatz auf allen vor- und nachgelagerten Umsatzstufen innerhalb der Leistungskette umfassen.

Wichtig

Das Wissen oder Wissen müssen von Angestellten des Unternehmers sind ihm gemäß § 166 BGB zuzurechnen.[7]

Hat der Unternehmer alle Maßnahmen getroffen, die vernünftigerweise von ihm verlangt werden können, damit seine Umsätze nicht in eine Umsatzsteuerhinterziehung oder eine Schädigung des Umsatzsteueraufkommens einbezogen werden, kann er grundsätzlich auf die zutreffende steuerrechtliche Behandlung dieser Umsätze vertrauen. Sofern Anhaltspunkte für Unregelmäßigkeiten bei Aufnahme einer neuen oder auch bei bestehenden Geschäftsbeziehungen erkennbar sind...

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