Während der Corona-Pandemie mussten u. a. Fitnessstudios zeitweise schließen und sich danach mit der Frage beschäftigen, ob abgebuchte und nicht zurückgeforderte Mitgliedsbeiträge während der Dauer der Schließung mangels erbrachter Leistung als echte, nicht steuerbare Zuschüsse anzusehen sind. In diesem Zusammenhang hatte das FG Schleswig-Holstein mit Urteil vom 16.11.2022[1] über folgenden Fall zu entscheiden: Die Klägerin betrieb ein Fitnessstudio und schloss mit ihren Kunden Verträge über Mitgliedschaften ab, die auf ein oder zwei Jahre befristet und beiderseits kündbar waren. Die zu zahlenden Beiträge umfassten die Mitbenutzung der Trainingsanlage und, wenn vorgesehen, die Teilnahme an Gymnastikstunden, die Mitbenutzung der Erholungs- und Clubräume und die Teilnahme an sportlichen und geselligen Aktivitäten. Gemäß landesrechtlichen Vorschriften musste die Klägerin vom 17.3.2020 bis zum 17.5.2020 schließen. Gleichwohl nahm das von ihr beauftragte Dienstleistungsunternehmen den monatlichen Einzug der Beiträge auch Anfang April und Anfang Mai 2020 vor. Über die sozialen Medien bot die Klägerin ihren Mitgliedern Zugang zu Onlinekursen, zu bestimmten Zeiten live gesendete Onlinekurse aus dem Fitnessstudio, Trainingspläne für zu Hause und eine Trainingshotline. Außerdem sollten die Mitglieder Gratis-Monate am Ende der Mitgliedschaft erhalten. Auch auf den Abbuchungstexten der Beitragseinzüge hieß es: "Plus 1 Bonusmonat für Dich" oder "Plus 3 Bonusmonate für Dich". Die Klägerin erklärte die auf die Schließungszeit entfallenden Beiträge nicht in ihren Umsatzsteuer-Voranmeldungen, da diese Beiträge aufgrund der Schließung ohne Rechtsgrund gezahlt worden seien. Die Mitglieder könnten diese Beiträge jederzeit bis zum Ablauf der Verjährungsfrist zurückfordern. Das Finanzamt vertrat nach einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung hingegen die Ansicht, dass es sich bei den weitergezahlten Beiträgen um umsatzsteuerpflichtige Entgelte handele und erhöhte die Umsatzsteuer entsprechend. Die Klage vor dem FG hatte keinen Erfolg. Nach Ansicht des FG standen die Zahlungen der Kunden in einem umsatzsteuerlich relevanten Zusammenhang mit einem von der Klägerin tatsächlich erbrachten Leistungsbündel, welches zunächst die im Schließungszeitraum erbrachten Ersatzleistungen umfasse. Dies solle selbst dann gelten, wenn die Leistungen tatsächlich von den Mitgliedern gar nicht abgerufen oder verwendet wurden bzw. zivilrechtlich womöglich gar keine Verpflichtung zur Zahlung bestanden hat. Das im Zusammenhang mit den Mitgliedsbeiträgen stehende Leistungsbündel habe zudem auch die im Rahmen des laufenden Vertragsverhältnisses zuvor erbrachten Leistungen umfasst. Danach stünde eine freiwillige Fortzahlung von Beiträgen, die von Mitgliedern im Rahmen eines in der Vergangenheit gelebten – und fortbestehenden – Dauerschuldverhältnisses an ein Fitnessstudio erbracht werden, welches vorübergehend pandemiebedingt auf die Erbringung von Ersatzleistungen angewiesen ist, in einem inneren Zusammenhang mit eben diesen, im Rahmen des Dauerschuldverhältnisses erbrachten Leistungen; dies umfasse auch die bereits bezogenen Leistungen.

Dagegen entschied das FG Hamburg mit Urteil vom 16.2.2023[2], dass die Mitgliedsbeiträge aus anderen Gründen als der Erbringung der Leistung gezahlt worden seien, nämlich – vor allem in der Anfangszeit der Schließung – aus Solidarität (Mitleid), aber auch die Bequemlichkeit des Einzelnen, von der Rückforderung abzusehen, oder ein Rechtsirrtum stellten solche anderen Gründe dar. Da die Leistung rechtlich unmöglich gewesen sei[3], liege keine Leistung vor, mit der die Zahlung der Mitgliedsbeiträge im Zusammenhang stehen könnte. Allerdings beurteilte das FG die Zahlung der Mitgliedsbeiträge im Monat März als umsatzsteuerbare Anzahlung, da zu diesem Zeitpunkt noch nicht festgestanden habe, dass die vertraglich geschuldete Leistung nicht mehr erbracht werden würde.

Im Streitfall, der dem Urteil des Niedersächsischen FG vom 23.5.2023[4] zugrunde lag, hatte der Kläger während der pandemiebedingten Schließung seinen Kunden per E-Mail mitgeteilt, dass – sofern die Kunden ihre Zahlung nicht zurückfordern – sich die Vertragslaufzeit bei Dauerverträgen um die Dauer der Schließung taggenau verlängert. Das Mitglied müsse hierzu nach Wiedereröffnung der Studios ein Formular ausfüllen, das die Trainingsgutschrift regele. Das FG sah hier einen leistungsbegründenden inneren Zusammenhang zwischen Zahlung und Gutschrift, da der Kläger bereits zu Beginn der Schließzeit mitgeteilt habe, dass die Kunden eine Zeitgutschrift erhalten, sofern sie ihre Beiträge fortzahlen. Selbst wenn hierbei ein Interpretationsspielraum dahingehend bleibe, dass der Kunde das Fitnessstudio auch finanziell unterstützen wollte, werde dies durch die angekündigte Leistung hierfür – nämlich die Vertragsverlängerung – überlagert.

Die zu dieser Problematik veröffentlichte Verwaltungsauffassung lautet wie folgt[5]:

Sagt ein Fitnessstudiobetreiber seinen Kunden zu Beginn der coronabedin...

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