Überblick

Durch das Steuervereinfachungsgesetz 2011 wurden die Anforderungen an die Übermittlung elektronischer Rechnungen deutlich reduziert. Nunmehr können auch Rechnungen, die per E-Mail übermittelt werden, zum Vorsteuerabzug berechtigen. Eine zusätzliche Dokumentation der Rechnungskontrolle ist nicht erforderlich.

 

Kommentar

Die rechtliche Problematik

In der Vergangenheit wurden auf elektronischem Weg übermittelte Rechnungen umsatzsteuerlich nur anerkannt, wenn sie mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen waren oder ein EDI-Verfahren verwendet wurde. Im Rahmen des Steuervereinfachungsgesetzes 2011 vom 1.11.2011[1] hat der Gesetzgeber von der Option nach Art. 233 MwStSystRL Gebrauch gemacht, die es den Mitgliedstaaten freistellt, auch Rechnungen anzuerkennen, die auf andere Weise elektronisch übermittelt oder bereitgestellt werden. Die Gesetzesänderung gilt bereits (rückwirkend) seit dem 1.7.2011, allerdings fehlten bislang verbindliche Verwaltungsregelungen. Umstritten bzw. nicht geklärt waren insbesondere die Anforderungen an das im Gesetz genannte innerbetriebliche Kontrollverfahren. Es stellten sich insbesondere die Fragen, ob bzw. wie es dokumentiert werden muss und ob sich zugleich die Anforderungen an den Vorsteuerabzug aus herkömmlichen Papierrechnungen dadurch zusätzlich erhöhen.

Die Anweisung des Bundesministeriums der Finanzen

Wichtig

Das BMF-Schreiben ändert insbesondere Abschn. 14.4 UStAE, aber auch zahlreiche weitere Abschnitte des konsolidierten Anwendungserlasses.

Papier- und elektronische Rechnungen sind ab dem 1.7.2011 umsatzsteuerrechtlich gleich zu behandeln (§ 14 Abs. 1 UStG). Die Echtheit der Herkunft der Rechnung, die Unversehrtheit ihres Inhalts und ihrer Lesbarkeit müssen – wie vom Gesetz gefordert – gewährleistet sein. Dies kann durch jegliche innerbetriebliche Kontrollverfahren erreicht werden, die einen verlässlichen Prüfpfad zwischen Rechnung und Leistung schaffen.

Die Finanzverwaltung weist klar darauf hin, dass das innerbetriebliche Kontrollverfahren i. S. d. § 14 Abs. 1 UStG nicht dazu dient, die materiell-rechtlichen Voraussetzungen des Vorsteuerabzugs nach § 15 UStG zu überprüfen. Ebenso wenig soll die inhaltliche Ordnungsmäßigkeit der Rechnung hinsichtlich der in §§ 14 Abs. 4, 14a UStG erforderlichen Abgaben gewährleistet werden. Das Kontrollverfahren soll lediglich die korrekte Übermittlung der Rechnungen sicherstellen.

Ist eine Rechnung inhaltlich richtig, d. h., sie enthält Angaben zur richtigen Leistung, zum richtigen Leistenden, zum richtigen Entgelt und den richtigen Zahlungsempfänger, rechtfertigt dies die Annahme, dass die Rechnung bei der Übertragung weder ge- noch verfälscht oder auf andere Weise verändert worden ist und sie deshalb der erbrachten Leistung entspricht. An dieser Zielsetzung müssen sich die Anforderungen an ein innerbetriebliches Kontrollverfahren orientieren.

Wichtig

Gelingt es dem Unternehmer nachzuweisen, dass die Voraussetzungen des Vorsteuerabzugs nach § 15 UStG gegeben sind, kommt der Frage der Durchführung eines innerbetrieblichen Kontrollverfahrens in dem konkreten Einzelfall laut BMF keine eigenständige Bedeutung mehr zu. Soll wohl heißen: Auch wenn die Durchführung "des Kontrollverfahrens" nicht dokumentiert wurde bzw. nicht belegbar ist (…oder eine Kontrolle im Einzelfall tatsächlich gar nicht erfolgte), kann der Vorsteuerabzug von der Finanzverwaltung nicht mehr versagt werden. Faktisch wird die schon bisher übliche Prüfung der Eingangsrechnungen mit den Handlungen im Rahmen des "neuen" Kontrollverfahrens mehrheitlich übereinstimmen, sodass für die Inanspruchnahme des Vorsteuerabzugs insoweit keine neuen Pflichten entstehen.

Klarstellend weist das BMF darauf hin, dass die innerbetriebliche Kontrolle z. B. durch einen entsprechend eingerichtetes Rechnungswesen, aber auch durch einen manuellen Abgleich der Rechnung mit vorhandenen geschäftlichen Unterlagen (z. B. Kopie der Bestellung, Auftrag, Kaufvertrag, Lieferschein, Überweisungs- oder Zahlungsbeleg) erfolgen kann. Hierzu werden keine technischen Verfahren vorgegeben, die die Unternehmen verwenden müssen. Ebenso besteht keine gesonderte Dokumentationspflicht für das innerbetriebliche Kontrollverfahren – der Unternehmer ist allerdings (natürlich!) nach wie vor verpflichtet, die Voraussetzungen des geltend gemachten Vorsteuerabzugs nachzuweisen.

Konsequenzen für die Praxis

Dass die Finanzverwaltung keine überzogenen Anforderungen an das innerbetriebliche Kontrollverfahren stellt, ist natürlich zu begrüßen. Ohnehin wird jeder Unternehmer bereits im eigenen Interesse – so übrigens auch die Auffassung des BMF – insbesondere überprüfen, ob

  • die Rechnung in der Substanz korrekt ist, d. h. ob die in Rechnung gestellte Leistung tatsächlich in dargestellter Qualität und Quantität erbracht wurde,
  • der Rechnungsaussteller also tatsächlich den behaupteten Zahlungsanspruch hat und
  • die vom Rechnungsaussteller angegebene Kontoverbindung korrekt ist und ähnliches,

um zu gewährleisten, dass er tatsäch...

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