Überblick

Die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 14 UStG für ärztliche Leistungen ist in der letzten Zeit vermehrt Gegenstand der Rechtsprechung gewesen. Auch Schönheitsoperationen, denen keine medizinische Indikation zugrunde liegt, unterliegen nicht der Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 14 UStG. Nach der OFD Nürnberg kann aus Billigkeitsgründen die Leistung bis zur Veröffentlichung dieser Verfügung als steuerfrei behandelt werden.

 

Problematik

Die Anwendbarkeit der Steuerbefreiung für ärztliche Leistungen nach § 4 Nr. 14 UStG war in den letzten Jahren mehrfach Gegenstand der Rechtsprechung des EuGH sowie des BFH. Grundsätzlich wurde dabei auf den Normzweck der Regelung, nämlich die Entlastung der Sozialversicherungsträger, abgestellt. Zuletzt stand auch explizit die Frage der steuerlichen Behandlung der Schönheitsoperationen auf dem Prüfstand der Rechtsprechung[1].

 

Anweisung der OFD Nürnberg

In der Verfügung der OFD Nürnberg werden die Schönheitsoperationen grundsätzlich als nicht steuerbefreite sonstige Leistungen angesehen. Lediglich in den Fällen, in denen eine medizinische Indikation vorliegt, kann sich eine Steuerfreiheit nach § 4 Nr. 14 UStG ergeben. Maßstab für eine medizinische Indikation wird die potenzielle Übernahme der Heilbehandlung durch einen Sozialversicherungsträger sein.

Obwohl die Problematik der Anwendung der Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 14 UStG auf Leistungen von Ärzten, die nicht direkt der Heilbehandlung dienen, nicht neu ist[2], will die OFD Nürnberg die Steuerpflicht der Umsätze eines Schönheitschirurgen erst ab dem 1.1.2003 anwenden. Aus Billigkeitsgründen können allerdings vor dem 7.4.2003 (Tag der Veröffentlichung der Verfügung) ausgeführte Leistungen als steuerfreie Leistungen angesehen werden. Soweit die Erfassung als steuerpflichtige Leistung für den Arzt vorteilhafter ist, können diese Umsätze auch schon vor diesem Stichtag als steuerpflichtig behandelt werden, was mit einem Vorsteuerabzugsanspruch für Vorleistungen verbunden ist.

 

Konsequenzen für die Praxis

Die Verfügung der OFD Nürnberg wird nicht der letzte Puzzlestein im Gesamtbild der Steuerbefreiung von ärztlichen Leistungen sein. In der Vergangenheit wurde zu wenig Augenmerk auf den Hintergrund der Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 14 UStG gelenkt. Eine von einem Arzt ausgeführte Leistung wurde grundsätzlich als steuerfrei nach § 4 Nr. 14 UStG angesehen.

Nicht nur bei der Frage der Schönheitsoperationen und bei der Frage der Gutachtentätigkeit von Ärzten wird in der Zukunft eine strenge Trennung in eine heilbehandliche Tätigkeit und eine andere Tätigkeit vorzunehmen sein. Um in der Praxis eine treffsichere Abgrenzung vornehmen zu können, muss der Arzt über steuerliche und sein Berater über ärztliche Grundkenntnisse verfügen. Es kann auch nicht grundsätzlich in "Schönheitschirurgen" und "Chirurgen" getrennt werden. Ein Schönheitschirurg kann sehr wohl auch steuerfreie Umsätze nach § 4 Nr. 14 UStG tätigen, und auch ein ansonsten nicht im Bereich der Schönheitschirurgie tätiger Arzt kann im Einzelfall eine steuerpflichtige Leistung ausführen.

 

Kommentar

Wichtig

Bei jeder ärztlichen Leistung ist zu prüfen, ob sie unter die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 14 UStG fallen kann. Abgrenzungskriterium ist dabei, ob es sich um eine originäre Heilbehandlung bzw. eine Vorsorgemaßnahme handelt, die von einem Träger der gesetzlichen Sozialversicherung erstattet werden würde.

Für Ärzte, die nur gelegentlich in geringem Umfang Leistungen erbringen, die nicht unter die Steuerbefreiung des § 4 Nr. 14 UStG fallen, muss die Prüfung der Kleinunternehmergrenze (Kleinunternehmer) nach § 19 UStG erfolgen. Da die steuerfreien Umsätze nach § 4 Nr. 14 UStG nicht mit in die Berechnung des Gesamtumsatzes nach § 19 Abs. 3 UStG eingehen, kann bei einem Umsatz bis zu 16.620 EUR (vor dem 1.1.2003) bzw. bis zu 17.500 EUR (ab dem 1.1.2003)[3] im vorangegangenen Kalenderjahr und voraussichtlich nicht mehr als 50.000 EUR im laufenden Kalenderjahr von einer Erhebung der Umsatzsteuer abgesehen werden.

Praxis-Tipp

Bei der Prüfung des Gesamtumsatzes ist aber darauf zu achten, dass es sich um den Umsatz des gesamten Unternehmens handelt und nicht nur um den Umsatz als Arzt. Ist der Arzt neben seiner ärztlichen Tätigkeit z.B. auch noch Vermieter, der zulässigerweise bei der Vermietung auf die Steuerfreiheit nach § 9 UStG verzichtet hat, sind diese Umsätze in die Berechnung des Gesamtumsatzes mit einzubeziehen.

Wurden bei einem Schönheitschirurgen bisher die Umsätze steuerfrei behandelt, ist jetzt bei steuerpflichtiger Erfassung der Umsätze darauf zu achten, dass sich auch eine Anspruchsgrundlage für die Vorsteuerberichtigung nach § 15a UStG ergeben wird. Investitionen in den letzten 5 Jahren (bzw. in den letzten 10 Jahren, soweit Grundstücke für diese Zwecke angeschafft oder Gebäude errichtet wurden) haben nicht zu einem Vorsteuerabzugsanspruch geführt, da die steuerfreien Umsätze Ausschlussumsätze i.S.d. § 15 Abs. 2 Nr. 1 UStG darstellten. Werden die Umsätze jetzt als steuerpflichtige Umsätze...

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