Zusammenfassung

 
Begriff

Die Unternehmereigenschaft setzt Selbstständigkeit voraus. Nach der nationalen gesetzlichen Regelung ist eine juristische Person (Kapitalgesellschaft) dann nicht selbstständig als Unternehmer tätig, wenn sie in ein anderes Unternehmen finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch eingegliedert ist. Sie ist dann als Organgesellschaft unselbstständiger Teil des Unternehmens des Organträgers. Zwischen den im Inland belegenen Teilen einer Organschaft können nach der bisherigen nationalen Auffassung keine steuerbaren Um­sätze, sondern nur Innenumsätze vorliegen. Nach der jüngeren Rechtsprechung von EuGH und BFH ist es möglich, dass eine Personengesellschaft als unselbstständiger Unternehmensteil in einen Organkreis eingegliedert ist. Nach der Rechtsprechung des EuGH ist es aber mit dem Unionsrecht nicht vereinbar, wenn eine Organgesellschaft typisierend als "nicht selbstständig" angesehen wird. Damit sind auch die nicht steuerbaren Innenumsätze fraglich geworden.

 
Gesetze, Vorschriften und Rechtsprechung

Die Organschaft ist in § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG bzw.  Abschn. 2.8 und 2.9 UStAE geregelt. Nachdem der EuGH sich kritisch zu der nationalen Umsetzung der Organschaft geäußert hatte, haben die beiden Senate des BFH sich unterschiedlich zu den Umsetzungsmöglichkeiten geäußert. Die Finanzverwaltung hat mit Schreiben vom 26.5.2017 dazu Stellung genommen und die Vorgaben im UStAE angepasst. Der EuGH hat sich in Urteilen am 1.12.2022 mit den Grundsätzen der Organschaft in Deutschland beschäftigt.

1 Voraussetzungen der Organschaft

1.1 Anforderungen an Organträger und Organgesellschaft

Eine Organschaft kann nur zwischen einem Unternehmer (natürliche Person, Personengesellschaft oder juristische Person) als Organträger und – nach der nationalen Regelung in § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 UStG – einer juristischen Person des Zivil- oder Handelsrechts (i. d. R. AG oder GmbH) als Organgesellschaft bestehen. Unter bestimmten Voraussetzungen kann auch eine Personengesellschaft in ein übergeordnetes Unternehmen eingegliedert sein.

 
Wichtig

BFH bestätigt Unternehmereigenschaft des Organträgers

Nur ein Unternehmer kann Organträger sein. Der BFH[1] hält an seiner Auffassung fest, dass der Organträger Unternehmer sein muss; dies gilt entsprechend auch für eine Organgesellschaft. Die Organschaft setzt danach als Vereinfachungsmaßnahme die eigene Unternehmerstellung des Organträgers zur Verhinderung missbräuchlicher Praktiken voraus. Ist der potenzielle Organträger mangels eigener Unternehmerstellung nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt, würde die Bildung einer Organschaft auch ohne eigene Unternehmerstellung eine Umgehung dieses Abzugsverbots bedeuten.

Insbesondere bei Holdinggesellschaften kann es an der Un­ternehmereigenschaft der Holdingmutter scheitern, wenn es sich um eine sog. Finanzholding handelt.[2] Bei einer sog. Führungsholding, die gegenüber den Beteiligungsgesellschaften Dienstleistungen gegen Entgelt erbringt, ist eine Unternehmereigenschaft der Holdinggesellschaft gegeben, sodass hier eine umsatzsteuerliche Organschaft vorliegen kann.

Abhängig von der jeweiligen Tätigkeit der Holding können sich die folgenden Holdingstrukturen ergeben:

 
Art der Holding Finanzholding Gemischte Holding Führungsholding
Voraussetzung Die Holding beteiligt sich an Gesellschaften, erbringt diesen gegenüber aber keine entgeltlichen Dienstleistungen. Die Holding beteiligt sich sowohl an Gesellschaften, an die sie keine entgeltlichen Dienstleistungen erbringt, als auch an Gesellschaften, an die sie gegen Entgelt Dienstleistungen erbringt. Die Holding beteiligt sich an Gesellschaften, an die sie gegen Sonderentgelt Dienstleistungen ausführt.
Unternehmereigenschaft Die Holding ist nicht unternehmerisch tätig. Die Holding ist unternehmerisch tätig, hat aber auch einen nichtunternehmerischen Bereich. Die Holding ist unternehmerisch tätig.
 
Achtung

Voller Vorsteuerabzug der Führungsholding

Die Führungsholding hat den vollständigen Vorsteuerabzug für alle mit ihrer normalen Geschäftstätigkeit als Führungsholding verbundenen Aufwendungen. Dies betrifft auch die Kosten aus dem Erwerb und dem Halten der jeweiligen Beteiligungen. Eingeschränkt ist das Recht auf den Vorsteuerabzug aber für Leistungen im Zusammenhang mit dem Einwerben von Kapital zur Anschaffung von Beteiligungen, wenn das eingeworbene Kapital in keinem Verhältnis zu der im unternehmerischen Bereich gehaltenen Beteiligung steht.[3]

Umstritten war, ob nur eine juristische Person oder nicht auch eine Personengesellschaft als unselbstständiger Unternehmensteil in einen Organkreis eingegliedert sein kann. Nachdem der EuGH[4] festgestellt hatte, dass nach dem Unionsrecht auch Personengesellschaften in einen Organkreis eingegliedert sein können und sie nur dann von der Eingliederung ausgeschlossen werden dürfen, wenn dies aus Gründen der Verhinderung der Steuerumgehung oder der Steuerhinterziehung notwendig ist, war klargestellt, dass die nationale Regelung in § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 UStG nicht mit dem Unionsrecht vereinbar ist.

 
Wichtig

Keine unmittelbare Berufungsmöglichkeit durch den Unternehme...

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