Gem. Art. 395 Abs. 1 MwStSystRL kann der Rat auf Vorschlag der Kommission einstimmig jeden Mitgliedstaat ermächtigen, von der MwStSystRL abweichende Sondermaßnahmen anzuwenden, um die Steuererhebung zu vereinfachen oder Steuerhinterziehungen oder -umgehungen zu verhindern.

Mit Durchführungsbeschluss (EU) 2023/1551[1] wurde Deutschland abweichend von Art.  218 MwStSystRL ermächtigt, Rechnungen, die von im deutschen Hoheitsgebiet ansässigen Steuerpflichtigen in Form von Dokumenten oder Mitteilungen ausgestellt wurden, nur dann zu akzeptieren, wenn diese elektronisch übermittelt werden. Abweichend von Art.  232 MwStSystRL wurde Deutschland ermächtigt, eine Bestimmung zu erlassen, wonach die Verwendung elektronischer Rechnungen, die von im Hoheitsgebiet Deutschlands ansässigen Steuerpflichtigen ausgestellt wurden, nicht der Zustimmung des im deutschen Hoheitsgebiet ansässigen Rechnungsempfängers bedarf. Deutschland muss der EU-Kommission die nationalen Maßnahmen zur Durchführung der Sondermaßnahme mitteilen. Die Ratsermächtigung gilt ab dem 1.1.2025 und bis zum früheren der beiden folgenden Zeitpunkte: 31.12.2027 oder der Zeitpunkt, ab dem die Mitgliedstaaten nationale Vorschriften anwenden müssen, zu deren Erlass sie verpflichtet sind, wenn eine Richtlinie zur Änderung der MwStSystRL in Bezug auf die Mehrwertsteuervorschriften für das digitale Zeitalter, insbesondere der Art.  218 und 232 MwStSystRL angenommen wird. Der Antrag Deutschlands auf Erteilung dieser Ratsermächtigung steht im Zusammenhang mit dem im April 2023 den Wirtschaftsverbänden zugeleiteten Diskussionsvorschlag für eine Änderung des § 14 Abs. 13 UStG zur Einführung einer obligatorischen elektronischen Rechnungserteilung[2] bzw. mit den in dem Referentenentwurf für ein Wachstumschancengesetz enthaltenen Plänen zur Einführung der eRechnung zum 1.1.2025.[3] Nach den Erwägungsgründen der Ratsermächtigung soll die deutsche Sondermaßnahme das Recht der Erwerber bzw. Dienstleistungsempfänger auf Erhalt von Papierrechnungen im Fall innergemeinschaftlicher Umsätze nicht beeinträchtigen.

Mit dem Durchführungsbeschluss (EU) 2015/1401[4] war Italien bis zum 31.12.2017 ermächtigt worden, vorzusehen, dass die auf Lieferungen von Gegenständen und Dienstleistungen an Behörden als Leistungsempfänger fällige MwSt von diesen Behörden auf ein separates, gesperrtes Bankkonto der Steuerbehörden eingezahlt wird. Dabei handelt es sich um eine von den Art. 206 und 226 MwStSystRL abweichende Sondermaßnahme in Bezug auf die Entrichtung der MwSt und die Rechnungsstellung. Mit dem Durchführungsbeschluss (EU) 2017/784[5] war Italien dann ermächtigt worden, diese Sondermaßnahme bis zum 30.6.2020 anzuwenden, und der Anwendungsbereich der Sondermaßnahme wurde auf Lieferungen und Dienstleistungen an bestimmte, von öffentlichen Behörden kontrollierte Unternehmen und an börsennotierte Unternehmen, die im Index Financial Times Stock Exchange Milano Indice di Borsa ("FTSE MIB") gelistet sind, ausgedehnt. Die Sondermaßnahme wurde später dann mit dem Durchführungsbeschluss (EU) 2020/1105[6] bis zum 30.6.2023 verlängert. Mit dem Durchführungsbeschluss (EU) 2023/1552[7] hat der Rat Italien ermächtigt, die Sondermaßnahme nunmehr bis 30.6.2026 weiterhin anzuwenden. Allerdings ist in Art. 1 des Durchführungsbeschlusses (EU) 2017/784 der 3. Gedankenstrich entfallen. Der Grund hierfür ist, dass Italien seinen Antrag auf Verlängerung der Ratsermächtigung dahingehend geändert hatte, Lieferungen von Gegenständen und Dienstleistungen für börsennotierte Unternehmen, die im FTSE MIB Index gelistet sind, ab dem 1.7.2025 vom Anwendungsbereich der Sondermaßnahme auszunehmen. Die nunmehr erneut unionsrechtlich abgesicherte Sondermaßnahme ist Teil eines von Italien zur Bekämpfung von Steuerbetrug und Steuerhinterziehung erlassenen Maßnahmenpakets. Dieses Maßnahmenpaket, einschließlich der durch den Durchführungsbeschluss (EU) 2018/593[8] genehmigten obligatorischen elektronischen Rechnungsstellung, ist an die Stelle anderer Kontrollmaßnahmen getreten und ermöglicht Italien, die von den Steuerpflichtigen gemeldeten Vorgänge gegeneinander abzugleichen und deren Mehrwertsteuerzahlungen zu überwachen.

Mit Durchführungsbeschluss (EU) 2023/1553[9] ist Rumänien (wie Deutschland, s. o.) ermächtigt worden, abweichend von Art. 218 MwStSystRL Rechnungen, die von im rumänischen Hoheitsgebiet ansässigen Steuerpflichtigen in Form von Dokumenten oder Mitteilungen ausgestellt wurden, nur dann zu akzeptieren, wenn diese elektronisch übermittelt werden. Abweichend von Art. 232 MwStSystRL wurde Rumänien ermächtigt, eine Bestimmung zu erlassen, wonach die Verwendung elektronischer Rechnungen, die von im rumänischen Hoheitsgebiet ansässigen Steuerpflichtigen ausgestellt wurden, nicht der Zustimmung des im rumänischen Hoheitsgebiet ansässigen Rechnungsempfängers bedarf. Die Ratsermächtigung gilt (anders als die für Deutschland) ab dem 1.1.2024 und bis zum früheren der beiden folgenden Zeitpunkte: 31.12.2026 oder der Zeitpunkt, ...

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