Ermäßigter Steuersatz: In § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG werden in Satz 3 nach den Wörtern "im Rahmen eines" die Wörter "in den §§ 66 bis 68 der Abgabenordnung bezeichneten" eingefügt und nach dem Wort "verwirklicht" das Komma durch einen Punkt ersetzt.

Die Regelung soll klarstellen, dass die Steuersatzermäßigung nach § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a Satz 3 UStG nur auf Leistungen von Zweckbetrieben nach den §§ 6668 AO anzuwenden ist. Bei Leistungen von Zweckbetrieben nach § 65 AO findet hingegen keine umsatzsteuerrechtliche Prüfung der Wettbewerbsrelevanz dieser Leistungen statt. Denn bei Zweckbetrieben i. S. v. § 65 AO wird dem Wettbewerbsgedanken bereits durch die Definition des Zweckbetriebs in § 65 AO Rechnung getragen. Die Änderung erfolgt vor dem Hintergrund des BFH-Urteils vom 26.8.2021.[1] Der BFH hatte (in Bestätigung früherer Rechtsprechung) entschieden, dass der ermäßigte Steuersatz – entgegen der Verwaltungsauffassung in Abschn. 12.9 Abs. 9 UStAE – bei allgemeinen Zweckbetrieben (§ 65 AO) nur unter den Voraussetzungen des § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a Satz 3 Alt. 1 UStG anwendbar sei, dass also die Wettbewerbsklausel des § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a Satz 3 UStG nach dem derzeitigen Gesetzeswortlaut auch auf Zweckbetriebe i. S. d. § 65 AO anzuwenden sei. Ein gegenteiliger Wille des Gesetzgebers habe keinen Niederschlag im Gesetzeswortlaut gefunden. In der Praxis führt die BFH-Rechtsprechung dazu, dass Leistungen von Zweckbetrieben nach § 65 AO regelmäßig dem Normalsteuersatz unterliegen. Denn Sachverhalte, bei denen Zweckbetriebe nicht zu herkömmlichen Unternehmen in Wettbewerb treten, sind kaum denkbar. Die Finanzverwaltung wendet dieses BFH-Urteil bisher nicht an.

In § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG wird außerdem folgender Satz 4 angefügt:

"Körperschaften verwirklichen mit ihren in den §§ 66 bis 68 der Abgabenordnung bezeichneten Zweckbetrieben ihre steuerbegünstigten satzungsgemäßen Zwecke selbst, wenn die Leistungsempfänger oder an der Leistungserbringung beteiligte Personen vom steuerbegünstigten Zweck der Einrichtung erfasst werden".

Die Regelung soll klarstellen, dass nach § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG begünstigte Leistungen auch dann vorliegen, wenn die von dem jeweiligen gemeinnützigen Zweck erfassten Personen entweder Empfänger der Leistung sind oder, wie z. B. bei Inklusionsbetrieben, bei der Leistungserbringung mitwirken. Der BFH[2] hat entschieden, dass für nicht originär gemeinnützige Leistungen das EU-Recht keine Steuersatzermäßigung vorsehe und dass die Umsätze, die ein gemeinnütziger Verein zur Förderung des Wohlfahrtswesens aus Gastronomieleistungen und der Zurverfügungstellung einer öffentlichen Toilette erzielt, selbst dann nicht nach der Vorschrift ermäßigt zu besteuern sind, wenn diese Leistungen der Verwirklichung satzungsmäßiger Zwecke gedient haben. Der BFH begründet dies u. a. damit, dass die einzelnen Gastronomieleistungen des Bistros wie auch die Zurverfügungstellung der öffentlichen Toilette in erster Linie den Zwecken der Besucher (Verbraucher) und der Nutzer dienen, die nicht vom gemeinnützigen Zweck der Einrichtung des Klägers erfasst werden. Die Finanzverwaltung wendet dieses BFH-Urteil bisher nicht an. Denn es sei zum damaligen Zeitpunkt zumindest unklar gewesen, ob die Auffassung des BFH, es sei allein entscheidend, wem die Leistung zugutekomme, dem Unionsrecht entsprach. Mittlerweile ist unionsrechtlich klargestellt, dass zur Beantwortung der Frage, ob eine nach den §§ 6668 AO gemeinnützige Einrichtung mit ihren Leistungen ihre steuerbegünstigten satzungsgemäßen Zwecke selbst verwirklicht, nicht nur auf den Leistungsempfänger abzustellen ist. Aus den Erwägungsgründen der RL (EU) 2022/542 in Bezug auf die Mehrwertsteuersätze[3] ergibt sich, dass für die Anwendung der Steuerermäßigung nicht allein auf den Leistungsempfänger im umsatzsteuerrechtlichen Sinne abzustellen ist. Vielmehr ist eine Gesamtschau vorzunehmen, in die die allgemeine Tätigkeit und die Ziele der Einrichtung als Ganzes – unabhängig vom letztendlich Begünstigten der Lieferung von Gegenständen oder Dienstleistungen – einzubeziehen sind. Zudem gibt die RL (EU) 2022/542 den Mitgliedstaaten in der neugefassten Nr. 15 des Anhangs III Gestaltungsfreiheit bei der Definition des Umfangs der steuerbegünstigten Zwecke.

[3] Vgl. dazu Umsatzsteuer aktuell April 2022, Gesetzgebung, Tz. 3.5.

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