Überblick

Durch das Jahressteuergesetz 2009 sind nicht nur die ärztlichen Leistungen in § 4 Nr. 14 UStG neu gefasst worden; es erfolgte auch eine Neufassung der Vorschriften zu den sozialen Betreuungsleistungen nach § 4 Nr. 16 UStG. Nach der Umgliederung der Krankenhäuser und Kliniken in die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 14 UStG sind seit dem 1.1.2009 in § 4 Nr. 16 UStG die eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbundenen Umsätze unter bestimmten allgemeinen Voraussetzungen befreit. Die Finanzverwaltung nimmt in ihrem Schreiben zu den allgemeinen Voraussetzungen Stellung.

 

Kommentar

Die rechtliche Problematik

Nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. g der MwStSystRL befreien die Mitgliedstaaten eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbundene Dienstleistungen und Lieferungen von Gegenständen, einschließlich derjenigen, die durch Altenheime, Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder andere von dem betreffenden Mitgliedstaat als Einrichtungen mit sozialem Charakter anerkannte Einrichtungen bewirkt werden.

Mit Wirkung zum 1.1.2009 hat der Gesetzgeber im Jahressteuergesetz 2009 eine Anpassung der nationalen Vorschriften an das Gemeinschaftsrecht vorgenommen und damit auch gleichzeitig eine Umgliederung zwischen den bisher unterschiedlich in § 4 Nr. 14 und Nr. 16 UStG a. F. enthaltenen Vorschriften vorgenommen. So waren bis zum 31.12.2008 die Leistungen der Krankenhäuser, Diagnosekliniken und anderer Einrichtungen zur ärztlichen Heilbehandlung in § 4 Nr. 16 UStG erfasst. Diese Leistungen sind – da es sich hier um Heilbehandlungen handelt – zum 1.1.2009 in die Regelung des § 4 Nr. 14 UStG überführt worden.

Die bisher in der Altfassung des § 4 Nr. 16 UStG auch schon enthaltenen Einrichtungen mit sozialem Charakter sind in die Neuregelungen des § 4 Nr. 16 UStG übernommen worden. Darüber hinaus sind Kriterien aufgenommen worden, nach denen eine Anerkennung als Einrichtung mit sozialem Charakter infrage kommen kann.

Die Anweisung des Bundesministeriums der Finanzen

Das Bundesministerium der Finanzen nimmt in dem 13 Seiten umfassenden Schreiben zu den Anwendungsgrundsätzen für die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 16 UStG Stellung. Grundsätzlich gelten diese Feststellungen für alle nach dem 31.12.2008 ausgeführten Leistungen. In bestimmten Fällen (§ 4 Nr. 16 Buchst. d und Buchst. e UStG a. F.) kann sich der Steuerpflichtige aber für alle bis zum 31.12.2009 ausgeführten Umsätze auf die Altfassung des Gesetzes berufen.

Praxis-Tipp

Die Inhalte der Abschnitte 99, 99a und 100 UStR 2008 sind auf die nach dem 31.12.2008 ausgeführten Umsätze nicht mehr anzuwenden.

Voraussetzung für die Steuerbefreiung ist die Ausführung von Betreuungs- und Pflegeleistungen gegenüber hilfsbedürftigen Personen.

  • Hilfsbedürftige Personen sind Personen, die aufgrund ihres körperlichen, geistigen oder seelischen Zustands der Betreuung oder der Pflege bedürfen. Dies sind insbesondere Personen, die krank, behindert oder von einer Behinderung bedroht sind. Darunter fallen auch Personen, bei denen ein Grundpflegebedarf oder eine erhebliche Einschränkung der Alltagskompetenz besteht[1]. Hilfsbedürftig sind Personen, denen Haushaltshilfen – z. B. im Fall der Arbeitsunfähigkeit – gestellt werden[2].
  • Betreuungs- und Pflegeleistungen sind alle Leistungen, die mit dem Betrieb von Einrichtungen zur Betreuung oder Pflege hilfsbedürftiger Personen eng verbunden sind. Nicht entscheidend ist, ob die Leistungen stationär oder ambulant erbracht werden. Bei stationärer Aufnahme, kommt es auch nicht darauf an, ob die Personen dauerhaft oder vorübergehend aufgenommen werden. Unter die steuerfreien Leistungen fallen auch die Leistungen der hauswirtschaftlichen Versorgung gegenüber hilfsbedürftigen Personen.

Grundsätzlich sind die Leistungen steuerfrei, wenn sie von Einrichtungen des öffentlichen Rechts erbracht werden. Dies gilt aber auch für alle anerkannten Einrichtungen mit sozialem Charakter.

Wichtig

Eine Einrichtung liegt unabhängig von der Rechts- oder Organisationsform des leistenden Unternehmers vor und erfasst sowohl natürliche als auch juristische Personen.

In dem BMF-Schreiben werden ausführliche Hinweise zu den durch § 4 Nr. 16 UStG steuerfreien Tätigkeiten aufgenommen. Zu diesen steuerbegünstigten Tätigkeiten gehören insbesondere:

  • Haushaltshilfeleistungen[3],
  • Leistungen der häuslichen Pflege[4],
  • Leistungen der Altenheime, Pflegeheime und Altenwohnheime[5],
  • Leistungen der Integrationsfachdienste[6] (Maßnahmen zur Teilhabe schwer behinderter Menschen am Arbeitsleben),
  • Leistungen der Werkstätten für behinderte Menschen[7],
  • niedrigschwellige Betreuungsangebote[8] (z. B. Betreuungsgruppen für Pflegebedürftige mit demenzbedingten Fähigkeitsstörungen, mit geistigen Behinderungen oder mit physischen Erkrankungen; Helferinnen- und Helferkreise),
  • Sozialhilfeleistungen[9],
  • interdisziplinäre Frühförderstellen[10] (familien- und wohnortnahe Dienste zur Früherkennung, Behandlung und Förderung von Kindern) und
  • sonstige Betreuungs- und Pflegeleistungen[11] (z. B. Leistunge...

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