Überblick

Führt ein Unternehmer für unternehmensfremde Zwecke oder für den Bedarf seines Personals eine unentgeltliche sonstige Leistung aus, so wird diese nach § 3 Abs. 9a UStG einer entgeltlichen Leistung gleichgestellt. Die Bemessungsgrundlage dieser Leistung bestimmt sich dabei nach den Kosten, die bei der Ausführung dieses Umsatzes entstanden sind. Bisher wurden diese Kosten ertragsteuerlich interpretiert, sodass insbesondere bei der Berücksichtigung der Anschaffungs- oder Herstellungskosten (z.B. des auch privat genutzten Unternehmensgebäudes oder PKW) auf die ertragsteuerlichen Abschreibungsbeträge zurückgegriffen wurde. Im Zusammenhang mit der Umsetzung des "Seeling"-Urteils des EuGH[1] interpretiert die Finanzverwaltung die Kosten jetzt unabhängig von ertragsteuerlichen Wertansätzen und verteilt die Anschaffungs- oder Herstellungskosten auf den maßgeblichen Vorsteuerberichtigungszeitraum.

 

Die Anweisung des Bundesministers der Finanzen

Ein Unternehmer kann Leistungen aus seinem Unternehmen für unternehmensfremde Zwecke oder unentgeltlich für den Bedarf seines Personals ausführen. Nach der Reform der Eigenverbrauchsbesteuerung zum 1.4.1999 wird eine solche unentgeltliche sonstige Leistung (unentgeltliche Wertabgabe) einer sonstigen Leistung gegen Entgelt gleichgestellt. Soweit diese sonstige Leistung im Inland ausgeführt ist (Ort nach § 3f UStG) und auch keiner Steuerbefreiung unterliegt, bestimmt sich die Bemessungsgrundlage nach § 10 Abs. 4 Nr. 2 oder Nr. 3 UStG nach den bei der Ausführung dieser Umsätze entstandenen Kosten. Im Gegensatz zu der bisherigen Interpretation dieses Kostenbegriffs sind jetzt nach Auffassung der Finanzverwaltung die folgenden Besonderheiten zu beachten:

  • Zu den Kosten gehören auch Ausgaben, die aus Zuschüssen finanziert werden.
  • Zu den Kosten gehören auch Aufwendungen für den laufenden Betrieb oder Unterhalt des dem Unternehmen zugeordneten Gegenstand.
  • Die Anschaffungs- oder Herstellungskosten des Gegenstands sind auf den maßgeblichen Berichtigungszeitraum nach § 15a UStG zu verteilen ("Neutralitätsgrundsatz").
  • Bei Anschaffungs- oder Herstellungskosten von weniger als 500 EUR[2] sind diese sofort in der Bemessungsgrundlage des laufenden Jahres zu berücksichtigen.
  • Nach Ablauf des maßgeblichen Berichtigungszeitraums sind keine anteiligen Anschaffungs- oder Herstellungskosten in die Bemessungsgrundlage nach § 10 Abs. 4 UStG einzubeziehen.

Grundsätzlich sind bei der Ermittlung der Kosten die Fälle des § 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG (Verwendung eines Gegenstands) und des § 3 Abs. 9a Nr. 2 UStG (Ausführung von anderen sonstigen Leistungen) zu unterscheiden, da die Einbeziehung der nicht vorsteuerabzugsberechtigten Kosten unterschiedlich geregelt ist. Es ergeben sich dabei die folgenden Möglichkeiten:

Unentgeltliche Wertabgaben (unentgeltliche sonstige Leistungen)
Vorgang Nutzung eines Gegenstands für unternehmensfremde Zwecke oder für den privaten Bedarf des Personals. Ausführung einer anderen sonstigen Leistung für unternehmensfremde Zwecke oder den privaten Bedarf des Personals.
Gesetzliche Regelung § 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG. § 3 Abs. 9a Nr. 2 UStG.
Regelung der Bemessungsgrundlage § 10 Abs. 4 Nr. 2 UStG. § 10 Abs. 4 Nr. 3 UStG.
Inhalt der Regelung In die Bemessungsgrundlage sind alle bei der Ausführung dieses Umsatzes entstandenen Kosten einzubeziehen, die ganz oder teilweise den Vorsteuerabzug zugelassen hatten. In die Bemessungsgrundlage sind alle bei der Ausführung dieses Umsatzes entstandenen Kosten einzubeziehen. Ob sie zum Vorsteuerabzug berechtigten oder nicht, ist ohne Bedeutung.
Berücksichtigung der Anschaffungs- oder Herstellungskosten Soweit die Anschaffungs- oder Herstellungskosten den Vorsteuerabzug zugelassen hatten, werden sie linear auf den Berichtigungszeitraum nach § 15a UStG verteilt. Die Anschaffungs- oder Herstellungskosten werden linear auf den Berichtigungszeitraum nach § 15a UStG verteilt.

Die Regelungen sind grundsätzlich ab dem 1.7.2004 anzuwenden. Dies gilt auch für die Wirtschaftsgüter, die vor diesem Zeitpunkt angeschafft wurden. Dies bedeutet, dass auch bei diesen Gegenständen die historischen Anschaffungs- oder Herstellungskosten auf den maßgeblichen Berichtigungszeitraum nach § 15a UStG zu verteilen sind (bei Grundstücken und Gebäuden 10 Jahre, bei anderen Gegenständen 5 Jahre, vgl. Vorsteuerberichtigung). Allerdings ist nicht das noch nicht verbrauchte Abschreibungsvolumen auf den restlichen Berichtigungszeitraum zu verteilen, sondern ab dem 1.7.2004 von jeweils 1/5[3] bzw. 1/10[4] der historischen Anschaffungs- oder Herstellungskosten bei der Ermittlung der Kosten auszugehen.

Die Regelungen sind analog auch auf die Fälle der sog. Mindestbemessungsgrundlage nach § 10 Abs. 5 UStG anzuwenden, bei denen der Unternehmer verbilligt Leistungen an nahestehende Personen oder an sein Personal erbringt.

Soweit sich Unternehmer bezüglich der nichtunternehmerischen Nutzung eines Gegenstands auf das "Seeling"- Urteil des EuGH[5] berufen, sind die Grundsätze über die Ermittlu...

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