Überblick

Nach der Rechtsprechung des EuGH stand dem Unternehmer ein komfortables Gestaltungsmodell bei der Errichtung auch privat genutzter Gebäude zur Verfügung: Dem sofortigen und vollständigen Vorsteuerabzug stand eine über den Berichtigungszeitraum verteilte Besteuerung der privaten Nutzung gegenüber. Nach den gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben ist zum 1.1.2011 durch § 15 Abs. 1b UStG der Vorsteuerabzug auf den Teil des Gebäudes beschränkt worden, der für unternehmerische Zwecke verwendet wird. Die Finanzverwaltung nimmt grundsätzlich zu der Neuregelung Stellung und erläutert an verschiedenen Beispielen insbesondere die Vorgehensweise bei einer später erfolgenden Nutzungsänderung.

 

Kommentar

Die rechtliche Problematik

Der EuGH[1] hatte 2003 dem Unternehmer eine interessante Gestaltungsmöglichkeit eröffnet. Wurde ein dem Unternehmen in vollem Umfang zugeordnetes Gebäude für unternehmerische als auch nichtunternehmerische Zwecke (private Nutzung, unentgeltliche Überlassung an das Personal für dessen private Zwecke) verwendet, war der Unternehmer in vollem Umfang zum Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 1 UStG berechtigt. Ein Vorsteuerausschluss nach § 15 Abs. 2 UStG wegen einer steuerbefreiten Ausgangsleistung ergab sich nicht, da der EuGH festgestellt hatte, dass eine analoge Anwendung der Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 12 Buchst. a UStG (steuerfreie Vermietung) für eine unentgeltliche Wertabgabe nicht infrage kommen kann. Die private Verwendung des Gegenstands führte zu einem steuerbaren Ausgangsumsatz nach § 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG, bei dem in die Bemessungsgrundlagen nach § 10 Abs. 4 Nr. 2 UStG neben den laufenden, zum Vorsteuerabzug berechtigenden Bewirtschaftungskosten auch die über den maßgeblichen (10-jährigen) Vorsteuerberichtigungszeitraum verteilten Anschaffungs- oder Herstellungskosten mit einzubeziehen waren[2].

Wichtig

Das Urteil des EuGH betraf nicht die Möglichkeiten der Zuordnung eines gemischt genutzten Gebäudes zum Unternehmen. Der Unternehmer kann das Gebäude – soweit es mindestens zu 10 % für unternehmerische Zwecke verwendet wird – dem Unternehmen vollständig, gar nicht oder nur insoweit, wie es für unternehmerische Zwecke verwendet wird, zuordnen.

Da diese Gestaltung dem Unternehmer gegenüber dem nichtunternehmerisch tätigen Bauherrn einen nicht systematisch zu rechtfertigenden Vorteil brachte, wurde gemeinschaftsrechtlich über Art. 168a MwStSystRL vorgeschrieben, dass der Vorsteuerabzug bei solch gemischt genutzten Gebäuden nur noch insoweit zulässig ist, wie das Gebäude auch tatsächlich für unternehmerische Zwecke verwendet wird. Diese Vorgabe wurde in Deutschland fristgerecht zum 1.1.2011 in § 15 Abs. 1b UStG umgesetzt. Der Unternehmer kann den Vorsteuerabzug nur in dem Umfang vornehmen, in dem er das Gebäude für unternehmerische, den Vorsteuerabzug nicht ausschließende Zwecke verwendet. Klarstellend ist in § 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG mit aufgenommen worden, dass in diesen Fällen keine Besteuerung der nichtunternehmerischen Nutzung erfolgt.

Wichtig

Die Beschränkung gilt aber nicht für Bestandsobjekte, sondern nur für Objekte, die aufgrund eines nach dem 31.12.2010 abgeschlossenen Kaufvertrags oder eines nach dem 31.12.2010 gestellten Bauantrags errichtet worden sind (§ 27 Abs. 16 UStG). Auf die Fertigstellung kommt es dann nicht an.

Ändert sich bei einem unter die Vorsteuerabzugsbeschränkung des § 15 Abs. 1b UStG fallenden Gebäude der Umfang der unternehmerischen Nutzung (zugunsten wie zuungunsten des Unternehmers), ist eine Vorsteuerberichtigung nach § 15a Abs. 6a UStG durchzuführen. Voraussetzung dafür ist aber, dass der Unternehmer den Gegenstand in vollem Umfang dem Unternehmen zugeordnet hatte.

Die Anweisung des Bundesministeriums der Finanzen

Wichtig

Das BMF-Schreiben ergänzt insbesondere durch den neuen Abschn. 15.6a UStAE den konsolidierten Anwendungserlass. Darüber hinaus werden an diversen Stellen Hinweise auf die Beschränkung des Vorsteuerabzugs nach § 15 Abs. 1b UStG sowie auf den neu eingeführten Abschn. 15.6a UStAE aufgenommen.

Die Finanzverwaltung nimmt ausführlich zu der seit dem 1.1.2011 geltenden Rechtslage Stellung. Sie stellt klar, dass durch die Neuregelungen nicht die Zuordnungswahlrechte des Unternehmers berührt werden. Er kann weiterhin entscheiden, ob er ein Gebäude ganz, gar nicht oder nur teilweise seinem Unternehmen zuordnet. Voraussetzung ist nach § 15 Abs. 1 Satz 2 UStG lediglich, dass das Gebäude zu mindestens 10 % für unternehmerische Zwecke verwendet wird.

Wichtig

Für den Fall einer später ggf. vorzunehmenden Vorsteuerberichtigung ist es wichtig, dem Finanzamt die Zuordnungsentscheidung mitzuteilen. Da sich die Zuordnungsentscheidung nicht aus der Höhe des vorgenommenen Vorsteuerabzugs ergeben kann, muss der Unternehmer dies dem Finanzamt schriftlich – spätestens bis zur Übermittlung der Jahressteuer­erklärung des Jahres, in dem die jeweilige Leistung bezogen wurde[3] – mitteilen, wenn er das Gebäude in vollem Umfang seinem Unternehmen zugeordnet hat. Wurde dies unterlassen, kan...

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