Das Vereinigte Königreich (VK) hatte das EU-Mehrwertsteuersystem, die Zollunion und den Binnenmarkt am 31.12.2020 verlassen. Dies war das Ende der Brexit-Übergangsfrist, nachdem das VK die EU am 31.1.2020 verlassen hatte. Nordirland behält jedoch eine besondere Doppelposition bei – eine Mehrwertsteuer- und Zollgrenze in der Irischen See. Im Rahmen des Brexit-Widerrufsabkommens hatten das VK und die EU im Oktober 2019 vereinbart, dass Nordirland (NI) einen doppelten Status innerhalb der EU-Mehrwertsteuer, der Zollunion und des Binnenmarkts einnehmen werde. Dies ist im überarbeiteten Protokoll über Irland und Nordirland enthalten. Ziel war es, physische Grenzkontrollen an der Grenze zwischen Nordirland und der Republik Irland (Irland) zu vermeiden und nach dem Karfreitagsabkommen von 1998 (Belfast) über 30 Jahre Frieden nicht zu gefährden. Aus Sicht der MwSt werden grenzüberschreitende Warenlieferungen zwischen der EU und dem VK im VK wie Importe behandelt. Das Protokoll über Irland und Nordirland schafft jedoch eine MwSt-Sonderregelung für Waren, die zwischen Irland, NI und dem Rest des VK ohne NI (GB) transportiert werden. Der Warenversand zwischen NI und GB erfolgt nun eher als Import und Export, denn als Waren, die sich innerhalb des VK frei bewegen. Für Waren, die auf dem Transitweg zwischen Irland und der EU über das VK – bekannt als UK Land Bridge – transportiert werden, wurden besondere Vorkehrungen getroffen, um die Störung des bestehenden Handels zu minimieren. Gem. Art. 8 des Protokolls zu Irland/Nordirland (Protokoll), das Bestandteil des Austrittsabkommens ist, gelten die in Anhang 3 des Protokolls aufgeführten MwSt-Bestimmungen des Unionsrechts, die Waren betreffen, nach der Übergangszeit in Nordirland weiterhin, um eine harte Grenze zwischen Irland und Nordirland zu vermeiden. Daher unterliegen Warenumsätze von Unternehmern und bestimmten nicht steuerpflichtigen juristischen Personen in Nordirland den MwSt-Bestimmungen des Unionsrechts, während für alle anderen Umsätze im VK und in Nordirland die MwSt-Bestimmungen des Rechts des VK gelten.

Grundsätzlich ist das VK für umsatzsteuerrechtliche Zwecke ab 1.1.2021 als Drittlandsgebiet i. S. d. § 1 Abs. 2a Satz 3 UStG anzusehen. Eine Ausnahme gilt für Nordirland, für das im "Protokoll zu Irland/Nordirland" zum Austrittsabkommen[1] ein besonderer Status vereinbart wurde. Nach Art. 8 Abs. 1 i. V. m. Anhang 3 dieses Protokolls gelten für Nordirland insbesondere die Bestimmungen der MwStSystRL und der RL 2008/9/EG über das Vorsteuer-Vergütungsverfahren fort, soweit sie die Umsatzbesteuerung des Warenverkehrs betreffen. Im Ergebnis ist bei der Umsatzbesteuerung des Warenverkehrs mit dem VK zwischen Großbritannien (d. h. England, Wales und Schottland) und Nordirland zu unterscheiden. Während Großbritannien auch insoweit als Drittlandsgebiet zu behandeln ist, wird Nordirland für die Umsatzbesteuerung des Warenverkehrs auch nach dem 31.12.2020 als zum Gemeinschaftsgebiet gehörig behandelt. Innerhalb des VK sind dessen Behörden für die Anwendung und Durchführung der für Nordirland weiter geltenden Vorschriften des EU-Mehrwertsteuerrechts zuständig. Für nordirische USt-IdNrn. findet das Präfix "XI" Anwendung. Entsprechende USt-IdNrn. gelten als von einem anderen Mitgliedstaat erteilt.

Nach dem Beschluss Nr. 1/2023 des mit dem Abkommen über den Austritt des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland aus der Europäischen Union und der Europäischen Atomgemeinschaft eingesetzten Gemeinsamen Ausschusses v. 24.3.2023 zur Festlegung der Modalitäten für den Windsor-Rahmen [2023/819][2] wurde u. a. hinsichtlich Mehrwertsteuer und Verbrauchsteuern Anhang 3 des Protokolls unter Berücksichtigung der besonderen Umstände in Nordirland, einschließlich der Tatsache, dass Nordirland integraler Bestandteil des Binnenmarkts des Vereinigten Königreichs ist, in mehreren Punkten geändert. So wurde in Anhang 3 des Protokolls unter "1. Mehrwertsteuer" nach dem Eintrag "Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem" folgende Anmerkung angefügt:

„Für Waren, die nach Nordirland geliefert und von Steuerpflichtigen in dort gelegene Immobilien eingebaut werden, kann das Vereinigte Königreich in Bezug auf Nordirland ermäßigte Steuersätze, Steuersätze unter 5 % oder eine Steuerbefreiung mit Recht auf Vorsteuerabzug anwenden.

Das Vereinigte Königreich ist in Bezug auf Nordirland nicht verpflichtet, Art. 98 Abs. 1 Unterabs. 3 und Art. 98 Abs. 2 Unterabs. 1 MwStSystRL anzuwenden; es kann daher ermäßigte Mehrwertsteuersätze auf Lieferungen anwenden, die von mehr als 24 Nummern des Anhangs III abgedeckt werden, und einen ermäßigten Satz unterhalb des Mindestsatzes von 5 % sowie eine Steuerbefreiung mit Recht auf Vorsteuerabzug auf Lieferungen anwenden, die von mehr als sieben Nummern des Anhangs III MwStSystRL abgedeckt werden.

Das Vereinigte Königreich ist in Bezug auf Nordirland nicht verpflichtet, die Sonderregelung für Kleinunternehmen g...

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