Rz. 33

Auch bei Verwaltungsakten mit Drittwirkung haben Widerspruch und Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung, z. B. Zulassungen im Vertragsarztrecht. Das stellt Abs. 1 Satz 2 klar. Dabei sind indes die Interessen des begünstigten Dritten zu berücksichtigen. Die Vollzugshemmung führt dazu, dass der Dritte von dem durch den Verwaltungsakt begründeten rechtlichen Vorteil einstweilen keinen Gebrauch machen darf. Diese den Dritten benachteiligende Wirkung kann und darf nur eintreten, wenn zumindest die Widerspruchs- bzw. die Klagebefugnis gegeben ist (vgl. Rz. 24, 25).

 

Rz. 34

Bezogen auf das Vertragsarztrecht folgt aus der Eigenart statusbegründender Verwaltungsakte, dass ein Leistungserbringer bis zur rechtskräftigen Abweisung der Rechtsbehelfe Drittbetroffener von seiner Teilnahmeberechtigung keinen Gebrauch machen darf, soweit eine sofortige Vollziehung nicht angeordnet ist. Demgemäß darf er während des schwebenden Verfahrens keine Leistungen erbringen und kann für dennoch durchgeführte Behandlungen auch keine Vergütung beanspruchen (BSG, Urteil v. 28.1.1998, B 6 KA 41/96 R, SozR 3-1500 § 97 Nr. 3; Urteil v. 5.11.2003, B 6 KA 11/03 R, SozR 4-2500 § 103 Nr. 1; Urteil v. 25.11.1998, B 6 KA 75/97 R, BSGE 83 S. 128, 132). Wird ein Arzt zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen und legt ein Konkurrent einen zulässigen (vgl. Rz. 24, 25) Widerspruch ein, steht der Wirksamkeit der Zulassung die aufschiebende Wirkung des Drittwiderspruchs entgegen. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob durch die aufschiebende Wirkung lediglich die Vollziehbarkeit des Verwaltungsaktes (Vollziehbarkeitstheorie; vgl. Rz. 18 ff.; ferner: Keller, SGG, § 86a Rn. 5; Adolf, in: Hennig, SGG, 2/2009, § 86a Rn. 8; Zeihe, SGG, § 86a Rn. 4a), oder ob dessen Wirksamkeit bis zum Wegfall der aufschiebenden Wirkung gehemmt wird (Schmidt, in: Eyermann, VwGO, 12. Aufl. 2006, § 80 Rn. 6; offen gelassen von BSG, Urteil v. 23.9.1997, 2 RU 44/96, SozR 3-1300 § 50 Nr. 20). Der Begriff "Vollziehung" wird auch von den Anhängern der Vollziehbarkeitstheorie in einem weiteren Sinne verstanden. Er hat insoweit die Bedeutung, dass während des durch die aufschiebende Wirkung bedingten Schwebezustandes keine Folgerungen aus dem angefochtenen Verwaltungsakt gezogen werden dürfen (vgl. BSG, Urteil v. 11.3.2009, B 6 KA 15/08 R, SozR 4-2500 § 96 Nr. 1; Urteil v. 23.9.1997, 2 RU 44/96, SozR 3-1300 § 50 Nr. 20; Urteil v. 5.11.2003, B 6 KA 11/03 R, SozR 4-2500 § 103 Nr. 1).

 

Rz. 35

Die Frage, ob im Falle der Zurückweisung der Drittanfechtung eines begünstigenden Verwaltungsaktes die aufschiebende Wirkung ex tunc oder ex nunc entfällt, ist mit Blick auf die konkrete Rechtsfolge und deren Ordnungsfunktion zu beantworten (BSG, Urteil v. 11.3.2009, B 6 KA 15/08 R, SozR 4-2500 § 96 Nr. 1; Urteil v. 28.1.1998, B 6 KA 41/96 R, SozR 3-1500 § 97 Nr. 3). So ist es mit der sich aus der Eigenart statusbegründender Verwaltungsakte im Vertragsrecht ergebenden Ordnungsfunktion unvereinbar, wenn das Verbot, eine Ermächtigung oder Zulassung während des Schwebezustandes der Drittanfechtung zu nutzen, dadurch unterlaufen würde, dass trotzdem erbrachte Leistungen im Falle der späteren Zurückweisung der Drittanfechtung nachträglich vergütet würden (so BSG, Urteil v. 11.3.2009, B 6 KA 15/08 R, SozR 4-2500 § 96 Nr. 1; vgl. auch Pawlita, in: Schlegel/Voelzke/Engelmann, jurisPK-SGB V, 2008, § 97 Rn. 40; Keller, SGG, § 86a Rn. 23; Spellbrink, MedR 1999 S. 304, 306; Zeihe, § 86a Rn. 4l; vgl. Rz. 10 ff.).

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