1 Allgemeines

 

Rz. 1

Die Vorschrift entspricht im Wesentlichen den Bestimmungen des § 3 VwGO und § 3 FGO; § 7 Abs. 3 ist durch Gesetz v. 25.6.1958 (BGBl. I S. 409) eingefügt worden. Inhaltlich geht sie auf § 1 der Verordnung zur einheitlichen Regelung der Gerichtsverfassung v. 20.3.1935 (RGBl. S. 403) zurück. Bereits darin war (für die ordentlichen Gerichte) bestimmt, dass Errichtung, Aufhebung und Verlegung des Gerichtssitzes nur durch Gesetz erfolgen kann. Ausgehend von der Regelung in § 2 werden die Sozialgerichte der Organisationsgewalt der Länder zugeordnet. Insgesamt bestimmt § 7 die Gerichtsorganisation der Sozialgerichte; die Organisation der Landessozialgerichte wird in § 28, die des Bundessozialgerichts in § 38 festgelegt.

2 Rechtspraxis

2.1 Sozialgerichte als Landgerichte

 

Rz. 2

Die erstinstanzlichen Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit – die Sozialgerichte – sind gemäß §§ 2 und 7 Landesgerichte. Das bedeutet, sie unterliegen der Organisationsgewalt des jeweiligen Bundeslandes, das jedoch an vorrangiges Bundesrecht gebunden ist. Hinsichtlich der Errichtung – der erstmaligen Einrichtung eines Sozialgerichts, der Aufhebung – also der Auflösung eines solchen Gerichts sowie der Verlegung des Gerichtssitzes – also der Änderung des Ortes, an dem das Sozialgericht räumlich angesiedelt ist (jedoch keine Verlegung des Sitzes innerhalb derselben politischen Gemeinde), hat der Gesetzgeber einen Gesetzesvorbehalt bestimmt. Für die Verlegung eines Gerichtssitzes ist dies aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht erforderlich; jedoch hat der Gesetzgeber sich insoweit gebunden. Demgegenüber ist die Regelung in § 7 Abs. 1 Satz 3, die nur im SGG und nicht in anderen Verfahrensordnungen enthalten ist, verfassungsrechtlich äußerst bedenklich. Denn durch eine Änderung von Gerichtsbezirken wird in die erstmalige Festlegung der Gerichtsbezirke eingegriffen. Wenn aber die erstmalige Festlegung nur durch ein Gesetz erfolgen kann, wird durch eine Rechtsverordnung nach § 7 Abs. 1 Satz 3 dieses Gesetz geändert, was nur durch ein Gesetz geschehen kann, da in das Postulat des gesetzlichen Richters (Art. 101 GG), der richterlichen Unabhängigkeit (Art. 101 GG) und der Unabhängigkeit der Rechtspflege (Art. 97 GG) eingegriffen wird (BVerfG, Beschluss v. 10.6.1953, 1 F 1/53). Denn es ist zu beachten, dass, soweit anhängige Verfahren betroffen sind, auch der gesetzliche Richter neu bestimmt wird. Deshalb ist entgegen des Wortlauts für die Änderung der Gerichtsbezirke ein Vorbehalt des Gesetzes anzunehmen. Die in § 7 Abs. 1 Satz 3 enthaltene Ermächtigung erfüllt darüber hinaus auch nicht die Voraussetzungen von Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG, denn Zweck und Ausmaß der Ermächtigung sind nicht bestimmt. Einschränkend Zeihe (SGG, § 7 Rz. 8), wonach eine Rechtsverordnung dann ausreicht, wenn sie auf hinreichender gesetzlicher Grundlage erfolgt, die die Vorgaben des Art. 80 GG beachtet. Da in der VwGO und der FGO für entsprechende Änderungen Gesetzesvorbehalt besteht, sollte insoweit eine verfassungsgemäße Anpassung von § 7 Abs. 1 Satz 3 erfolgen. Dies ist aber auch durch die zahlreichen Gesetze, die Änderungen des SGG vorgenommen haben, nicht erfolgt. Zu praktischen Schwierigkeiten wird dies nicht führen, da nach § 7 Abs. 3 der Übergang von Streitsachen durch Gesetz zu erfolgen hat und auch die Änderung der Gerichtsbezirke regelmäßig in diesem Gesetz bestimmt wird.

 

Rz. 3

Hinsichtlich der Größe und Abgrenzung der sozialgerichtlichen Gerichtsbezirke enthält das SGG keine Regelungen. Die Abgrenzung der Gerichtsbezirke ist in der Praxis anhand der Stadt- oder Kreisgrenzen erfolgt, wobei in ländlichen Gebieten auch mehrere Kreise – ausnahmsweise ganze Regierungsbezirke – den Gerichtssprengel bestimmen. Die Größe eines Gerichtsbezirks sollte im Wesentlichen so beschaffen sein, dass einerseits kein zu kleines Sozialgericht entsteht, andererseits jedoch die Entfernungen zwischen Wohnort und Gerichtssitz auch nicht zu groß werden.

2.2 Zweigstellen

 

Rz. 4

Die Landesregierungen oder die von ihr beauftragte Stelle (das zuständige Ministerium – Justiz- oder Arbeitsministerium) sind nach § 7 Abs. 1 Satz 4 ermächtigt, durch Rechtsverordnung Zweigstellen außerhalb des Sitzes eines Sozialgerichts (aber innerhalb des Gerichtsbezirks) zu errichten. Die Errichtung einer Zweigstelle, deren Umfang staatlicherseits bestimmt wird, beinhaltet allein die Einrichtung eines oder mehrerer Spruchkörper (Kammern) an einem anderen als dem Ort des Gerichtssitzes mit einer eingeschränkten organisatorischen Selbständigkeit. Erforderlich ist aber, dass die Zweigstelle über weniger Spruchkörper als die Hauptstelle verfügt (Bay VGH, Beschluss v. 21.4.1995, 20 N 94/2808). Dabei ist von Bedeutung, dass die Verwaltung von der Hauptstelle erfolgt und die Zweigstelle kein eigenes Präsidium hat, die richterliche Geschäftsverteilung erfolgt durch das für das gesamte Sozialgericht zuständige (gewählte) Präsidium. Auch diese Ermächtigung zum Erlass einer Rechtsverordnung ist verfassungsrechtlich aus dem gleichen Grunde wie bei der Ermächtigung in Abs. 1 Satz 3 bedenklich. Über...

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