1 Der Fall

Anlässlich eines Fußballänderspiels wurde ein ausländischer Staatsbürger, der das Spiel besuchen wollte, vor dem Eingangsbereich des Stadions von gewaltbereiten Fans einer der Mannschaften umgerissen und niedergeschlagen und verletzte sich dabei am Kopf, seine neue Brille wurde zerstört. Der Geschädigte erhob Klage gegen den DFB, der das Länderspiel veranstaltete. Der Kläger verlangte Schadensersatz und Schmerzensgeld. Klage und Berufung hatten keinen Erfolg.

 
Anmerkung

Das Urteil des LG München I ist eines der ersten Urteile in der Bundesrepublik, das sich mit der Haftung eines Sportveranstalters für gewalttätige Übergriffe auf Besucher einer Sportveranstaltung beschäftigt. Der DFB als Veranstalter ist in diesem Verfahren von einer Haftung für spontane und unvorhersehbare Gewalttaten freigesprochen worden.

Das Urteil ist grundsätzlich für alle Vereine von Interesse, die Großveranstaltungen ausrichten und betrifft nicht nur den Fußball im internationalen Bereich. In der letzten Zeit ist festzustellen, dass sich vermehrt gewaltbereite Personen bewusst Spiele und Veranstaltungen im regionalen Bereich aussuchen, da dort erfahrungsgemäß die Sicherheitsvorkehrungen nicht so hoch sind wie im internationalen Bereich oder bei Beispielen z. B. der Bundesliga.

2 Das Urteil

  • Das Gericht kam zu dem Ergebnis, dass eine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht durch den DFB als Veranstalter nicht vorlag, bzw. nicht nachgewiesen werden konnte.
  • Entscheidend war für das Gericht, dass der Angriff auf den Kläger auch durch den Einsatz weiterer Ordnungskräfte nicht zu verhindern gewesen wäre, da der Kläger aus einer Gruppe von Fans spontan und unvorhersehbar plötzlich angegriffen und verletzt wurde. Eine Konfliktsituation, auf die Ordnungskräfte hätten reagieren müssen, lag nicht vor.
  • Das Gericht stellte aber klar, dass Veranstalter und Besucher von Großveranstaltungen mit Krawallen, Gewalttätigkeiten und Angriffen grundsätzlich rechnen müssen, dies gilt vor allem im Fußballsport.
  • Die Verkehrssicherungspflichten des Veranstalters bestehen jedoch nur unter dem Gesichtspunkt der Zumutbarkeit.
  • Nach § 823 Abs.1 BGB obliegt es einem Veranstalter im Rahmen seiner Verkehrssicherungspflichten, die ihm tatsächlich möglichen, rechtlich zulässigen und zumutbaren Sicherheitsvorkehrungen zu treffen.
  • Das bedeutet für die Praxis, dass der Veranstalter je nach Situation und Sicherheitslage eine ausreichende Zahl qualifizierter und für den Einsatz geschulter Ordner einsetzen muss, um vor allem die Eingangskontrolle und die Überwachung im Stadion während der Veranstaltung zu gewährleisten.
  • Ein Veranstalter ist nach der Rechtsprechung dazu verpflichtet, die ihm vorliegenden Informationen z. B. der Polizei und der Sicherheitsbehörden zu nutzen, um bereits im Vorfeld Vorkehrungen gegen Gewalttaten zu treffen. Welche Maßnahmen dies im zumutbaren Rahmen sind, ist anhand der Gefährdungslage und den personellen und organisatorischen Möglichkeiten im Einzelfall zu bestimmen.
 
Wichtig
  • Die Verpflichtungen eines Veranstalters erstrecken sich lediglich auf Sicherungsmaßnahmen, nicht aber auf eine Sicherheitsgarantie. Eine absolute Verkehrssicherheit ist nicht möglich und nicht gefordert. Kommt es also trotz aller zumutbarer Sicherungsvorkehrungen zu Gewalttaten z. B. gegen Besucher, so haftet der Veranstalter nicht.
  • Interessant ist noch die Frage, ob die Schutz- und Verkehrssicherheitspflichten des Veranstalters nur innerhalb oder auch außerhalb des Stadiongeländes etc. gelten.

    Dabei ist zu differenzieren:

    • Für die An- und Abreise und den "neutralen" Aufenthalt im Stadionumfeld ist der Veranstalter nicht verantwortlich.
    • Etwas anderes gilt aber, soweit es um unmittelbar mit der Veranstaltung zusammenhängende Gefahren geht, etwas um das Verhalten beim Anstehen zum Eintrittskartenkauf oder zur Einlasskontrolle.
    • Fazit: Da die Verkehrssicherungspflicht an die Veranstaltung als solche und nicht an das Grundstück anknüpft, erstreckt sie sich insoweit auch über das Stadiongelände hinaus.
 
Hinweis

Einschlägige Hinweise in Rechtsvorschriften

Fundstellen

LG München I, Urteil v. 4.11.2005, Az.: 34 S 1125/05

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Lexware der verein professional. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen