1 Der Fall

Das BAG hatte zu entscheiden, ob der beklagte Arbeitgeber berechtigt ist, von dem hier klagenden Arbeitnehmer wegen eines von diesem verursachten Unfallschadens am Dienstfahrzeug einen Teil eines Monatslohnes einzubehalten.

Der Arbeitnehmer war als Außendienstmitarbeiter beschäftigt und erhielt von der Firma ein Dienstfahrzeug, welches er pfleglich zu behandeln hatte und das im Eigentum der Firma verblieb. Im Rahmen eines Nachtrages zum Arbeitsvertrag wurde die Selbstbeteiligung zur Vollkaskoversicherung auf 2.000 DM vereinbart. Auf einer Dienstfahrt verursachte der Arbeitnehmer beim Rückwärtsausparken aus einer Parklücke einen Unfall, wobei die beteiligten Versicherungen von einem hälftigen Verschulden des Arbeitnehmers und des Unfallgegners ausgingen und entsprechend die Reparaturkosten ersetzten. Die Restkosten verlangt nun der Arbeitgeber vom Arbeitnehmer und behält in gleicher Höhe den Lohn ein. Dagegen wehrte sich der Arbeitnehmer und bekam vom BAG Recht.

Vorbemerkung

Unabhängig vom allgemeinen Interesse, ist das vorliegende Urteil des BAG auch für die Vereinsarbeit von zentraler Bedeutung, da es auch hier zu Ansprüchen des Vereins als Arbeitgeber gegen einen Mitarbeiter des Vereins kommen kann. Ferner ist zu beachten, dass die Grundsätze des BAG von der Rechtsprechung auch im Bereich des Ehrenamtes angewendet werden, wenn es z. B. um einen Freistellungsanspruch des Ehrenamtlichen nach § 670 BGB geht. Also Gründe genug, die Grundsätze des BAG zu kennen.

2 Das Urteil

Ein Schadensersatzanspruch des Arbeitgebers könnte wegen der Verletzung des Arbeitsvertrages – das Dienstfahrzeug ist pfleglich zu behandeln und die im Verkehr erforderliche Sorgfalt ist zu beachten – gegeben sein, wozu aber weitere tatsächliche Feststellungen und der Grad der Fahrlässigkeit (einfache, mittlere, grobe) zu ermitteln sind.

Allerdings könnte ein solcher Anspruch nach den Grundsätzen der Beschränkung der Haftung des Arbeitnehmers auch gänzlich ausgeschlossen sein.

Diese vom Großen Senat des BAG in seiner Entscheidung vom 27.09.1994 aufgestellten Grundsätze finden auf alle Arbeiten Anwendung, die durch den Betrieb veranlasst sind und aufgrund eines Arbeitsverhältnisses geleistet werden. Keine Rolle spielt, ob die den Schaden verursachenden Arbeiten gefahrgeneigt sind, d. h., typischerweise bei diesen Arbeiten Schäden auftreten können.

Zusammenfassung der Grundsätze zur Haftungsbeschränkung des Arbeitnehmers:

 
  • Bei grober Fahrlässigkeit hat der Arbeitnehmer in aller Regel den gesamten Schaden zu tragen.
  • Bei leichtester Fahrlässigkeit haftet er dagegen gar nicht.
  • Bei normaler Fahrlässigkeit wird der Schaden in aller Regel quotal zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer geteilt.

Ob und in welchem Umfang der Arbeitnehmer an den Schadenfolgen zu beteiligen ist, richtete sich nach den Gesamtumständen des Falles, wobei eine Abwägung der einzelnen Aspekte stattfinden soll

Folgende Punkte finden bei der Abwägung u. a. Berücksichtigung:

  • Grad des Verschuldens des Arbeitnehmers,
  • Höhe des Schadens,
  • Vom Arbeitgeber einkalkuliertes oder durch Versicherung deckbares Risiko,
  • Stellung des Arbeitnehmers im Betrieb,
  • Höhe des Arbeitsentgelts,
  • Dauer der Betriebszugehörigkeit und bisheriges Verhalten des Arbeitnehmers.

Ergebnis des Falles: Aufgrund des Nachtrages zum Arbeitsvertrag kann der Arbeitgeber keinen Schadensersatzanspruch geltend machen, weil diese Vereinbarung – soweit sie eine Haftung des Klägers bei leichtester Fahrlässigkeit begründen soll – die beschränkte Haftung des Arbeitnehmers in unzulässiger Weise verschärft und deshalb unwirksam ist.

Das Gericht hat ausgeführt, dass die Regeln über die Haftung im Arbeitsverhältnis zwingendes Arbeitnehmerschutzrecht sind und daher von ihnen weder durch einen Einzelarbeitsvertrag, noch durch eine kollektivvertragliche Vereinbarung abgewichen werden darf.

3 Hinweise für den Vorstand

Zum einen bringt dieser Fall die Grundsätze über die Beschränkung der Haftung im Arbeitsverhältnis in Erinnerung, die ja nicht nur wie hier bei der Benutzung eines Dienstwagens Anwendung finden, sondern im Rahmen aller betrieblich veranlasster Arbeiten – soweit es hierbei zu einem Schaden kommt – zu berücksichtigen sind.

Diese Grundsätze sind zwingendes Recht, das heißt, der Verein als Arbeitgeber hat nicht das Recht, durch individuelle Vereinbarungen eine für den Arbeitnehmer ungünstigere Situation zu schaffen.

Zum anderen erinnert dieser Fall an die Gefahren und möglichen Schäden, die in Zusammenhang mit der Benutzung eines Fahrzeuges entstehen können. Sei es bei Fahrten zu Turnieren oder Spielen, bei Fahrten ins Trainingslager oder sonstige Fahrten im Auftrag des Vereins.

Empfehlenswert ist, das Risiko durch den Abschluss von Versicherungsverträgen insoweit in finanzieller Hinsicht zu minimieren.

 
Hinweis

Einschlägige Gesetzesstellen:

§ 611 BGB

Fundstellen

BAG, Urteil v. 05.02.2004, Az.: 8 AZR 91/03

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