Gesetzestext

 

(1) Die Anfechtung der Kostenentscheidung ist unzulässig, wenn nicht gegen die Entscheidung in der Hauptsache ein Rechtsmittel eingelegt wird.

(2) Ist die Hauptsache durch eine auf Grund eines Anerkenntnisses ausgesprochene Verurteilung erledigt, so findet gegen die Kostenentscheidung die sofortige Beschwerde statt. Dies gilt nicht, wenn der Streitwert der Hauptsache den in § 511 genannten Betrag nicht übersteigt. Vor der Entscheidung über die Beschwerde ist der Gegner zu hören.

A. Überblick.

 

Rn 1

§ 99 I enthält den Grundsatz, dass eine Kostenentscheidung nicht isoliert anfechtbar ist, sondern nur zusammen mit der Hauptsache. Damit soll einerseits vermieden werden, dass sich ein Rechtsmittelgericht iRe isolierten Kostenbeschwerde inzidenter doch mit der Hauptsache befassen muss, obwohl diese nicht angegriffen wird. Darüber hinaus dient die Vorschrift der Prozessökonomie, indem sie die Gerichte von Rechtsmitteln freistellen will, die lediglich den Kostenpunkt betreffen.

Da § 99 I eine isolierte Anfechtung der Kostenentscheidung nicht erlaubt, ist der Rechtsweg iSd § 90 II BVerfGG erschöpft, so dass gegen eine in verfassungswidriger Weise ergangene Kostenentscheidung Verfassungsbeschwerde erhoben werden kann (BVerfG NJW 10, 1349 [BVerfG 17.11.2009 - 1 BvR 1964/09]).

Der Grundsatz des § 99 I gilt allerdings nicht uneingeschränkt. Das Gesetz kennt zahlreiche Ausnahmen. Eine erste Ausnahme regelt bereits § 99 II 1. Danach ist eine Kostenentscheidung, die aufgrund eines Anerkenntnisurteils erlassen worden ist, isoliert anfechtbar. Grund hierfür ist, dass in der Hauptsache aufgrund des Anerkenntnisurteils keine Schlüssigkeitsprüfung stattfindet und daher der Kostengerechtigkeit hier höheres Gewicht beigemessen wird als der Prozessökonomie (HK-ZPO/Gierl § 99 Rz 2).

Neben der in § 99 II 1 geregelten Ausnahme für Anerkenntnisurteile finden sich weitere Ausnahmen in:

  • § 91a II 1 Kostenentscheidung nach übereinstimmend erklärter Erledigung der Hauptsache.
  • § 269 V 1 Kostenentscheidung nach Klagerücknahme
  • § 390 III Kostenentscheidung nach Zeugnisverweigerung
  • § 494a II 2 Kostenentscheidung nach Ablauf der Frist zur Klageerhebung im selbstständigen Beweisverfahren.

B. Grundsätzliches Verbot der isolierten Anfechtung einer Kostenentscheidung (§ 99 I).

I. Überblick.

 

Rn 2

Nach § 99 I ist die isolierte Anfechtung einer Kostenentscheidung grds unzulässig. Die Kostenentscheidung kann daher regelmäßig nur zusammen mit der Hauptsache angefochten werden.

Wird die Hauptsache mit einem Rechtsmittel angefochten, dann gilt auch im Rechtsmittelverfahren § 308 II. Das Gericht muss vAw über die Kosten entscheiden. Unabhängig davon, ob die Kostenentscheidung ausdrücklich angegriffen wird oder nicht, muss das Gericht sich mit den Kosten des Verfahrens befassen und kann die Kostenentscheidung abändern.

Voraussetzung ist ein zulässiges Rechtsmittel. Ist das Rechtsmittel nicht zulässig oder nicht statthaft, kommt auch eine Abänderung der Kostenentscheidung nicht in Betracht (BGH MDR 12, 795 = FamRZ 12, 1213 – unzulässige Rechtsbeschwerde).

Dagegen ist es unerheblich, ob das Rechtsmittel begründet ist oder nicht. Das Gericht kann also ein Rechtsmittel in der Hauptsache zurückweisen, gleichzeitig aber im Kostenpunkt die Entscheidung der Vorinstanz abändern.

Die Partei kann daher durch Anfechtung der Hauptsache stets eine Überprüfung der Kostenentscheidung erreichen. Zum Teil wird vertreten, dass ein Rechtsmittel dann unzulässig sei, wenn der Rechtsmittelführer offensichtlich keine Entscheidung der Hauptsache erreichen wolle, sondern es ihm nur um eine Abänderung der Kostenentscheidung gehe. Es liege dann eine Umgehung des § 99 I vor (HK-ZPO/Gierl § 99 Rz 10).

Als unzulässige Umgehung des § 99 I sieht es das LG Hannover (LG Hannover 25.2.09 – 6 S 51/08) an, wenn durch die erstmaligen Abgabe einer einseitigen Teilerledigungserklärung in der Berufungsinstanz eine neue Prozesssituation mit dem Ziel geschaffen werden soll, dem Klagegegner die Kosten für das Verfahren in 1. Instanz aufzuerlegen, obwohl das erledigende Ereignis bereits während der 1. Instanz eingetreten ist.

II. Entscheidung in der Hauptsache.

 

Rn 3

Unter Entscheidung in der Hauptsache iSd § 99 I 1 ist jede Entscheidung über den Streitgegenstand zu verstehen. Auf die Form der Entscheidung (Beschl oder Urt) kommt es nicht an.

§ 99 I 1 gilt in allen Verfahren, auch in Verfahren auf Vollstreckbarerklärung ausländischer Urteile (Naumbg OLGR 05, 105). Die Vorschrift gilt auch für Nebenverfahren wie zB die Kostenfestsetzung (Kobl NJW-RR 00, 362). Möglich ist im Kostenfestsetzungsverfahren allerdings die Erinnerung gegen eine Kostenentscheidung des Rechtspflegers, die im Erinnerungsverfahren ergangen ist. Hierüber entscheidet dann der Richter.

III. Gleichzeitige Entscheidung über Hauptsache und Kosten.

 

Rn 4

Neben der Entscheidung der Hauptsache muss auch zugleich eine Kostenentscheidung ergangen sein. Die Entscheidung muss allerdings nicht zeitgleich ergangen sein und auch nicht in der Entscheidung selbst enthalten sein. Das betrifft zB die Fälle, in denen über die Hauptsache durch Teilurteil und über die Kosten durch Schlussurteil entschieden worden ist oder im Verfahren mehrere Teilentscheidungen ergangen sind u...

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