Gesetzestext

 

(1) Die Landesjustizverwaltung Hessen führt für die Länder ein zentrales, länderübergreifendes elektronisches Register für Schutzschriften (Schutzschriftenregister). Schutzschriften sind vorbeugende Verteidigungsschriftsätze gegen erwartete Anträge auf Arrest oder einstweilige Verfügung.

(2) Eine Schutzschrift gilt als bei allen ordentlichen Gerichten der Länder eingereicht, sobald sie in das Schutzschriftenregister eingestellt ist. Schutzschriften sind sechs Monate nach ihrer Einstellung zu löschen.

(3) Die Gerichte erhalten Zugriff auf das Register über ein automatisiertes Abrufverfahren. Die Verwendung der Daten ist auf das für die Erfüllung der gesetzlichen Aufgaben Erforderliche zu beschränken. 3Abrufvorgänge sind zu protokollieren.

A. Normzweck.

 

Rn 1

Diese Bestimmung ist zum 1.1.16 in Kraft getreten. Sie soll die Rechtsstellung des Schuldners im Fliegenden Gerichtstand verbessern (Hambg GRUR-RR 16, 431). Sie enthält in Abs 1 die Rechtsgrundlage für die Einrichtung eines bundesweiten elektronischen Schutzschriftenregisters, das von den Ländern gemeinsam geführt wird. Abs 2 erläutert den Begriff der Schutzschrift im Rahmen einer Legaldefinition, der dem bisherigen Verständnis in Rspr und Schrifttum entspricht. Abs 2 begründet die Fiktion, dass das Einstellen einer Schutzschrift in das Register eine Einreichung bei jedem einzelnen ordentlichen Gericht der Länder bedeutet. Zu den weiteren Einzelheiten vgl Schlinghoff WRP 16, 301; Bacher MDR 15, 1329; Schwippert MarkenR 14, 6; Wehlau/Kalbfus ZRP 13, 101.

B. Begriff der Schutzschrift.

 

Rn 2

Sie ist ein vorbeugendes Verteidigungsmittel gegen einen erwarteten Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung (Legaldefinition in § 945a II). Das in die ZPO nunmehr aufgenommene Rechtsinstitut der Schutzschrift hat die Rechtspraxis im Wettbewerbsrecht entwickelt, um dem potentiellen Antragsgegner die Gewährung rechtlichen Gehörs zu ermöglichen; sie wurde aber auch in anderen Rechtsgebieten, wie etwa dem Gesellschafts-, Presse- oder Baurecht, üblich. Das einstweilige Rechtsschutzgericht muss die Schutzschrift berücksichtigen (Art 103 I GG: BGH NJW 03, 1257, 1258 [BGH 13.02.2003 - I ZB 23/02] – Kosten einer Schutzschrift I; BGH NJW-RR 08, 1093 [BGH 13.03.2008 - I ZB 20/07] Rz 14 – Kosten einer Schutzschrift III; Teplitzky/Feddersen Kap 55 Rz 53; Zö/Vollkommer Rz 4). Es hat dem Gläubiger vor einer Zurückweisung des Verfügungsantrags Gelegenheit zur Stellungnahme hinsichtlich der Schutzschrift zu geben (Teplitzky/Feddersen Kap 55 Rz 52). Durch organisatorische Maßnahmen der Gerichtsverwaltung muss sichergestellt werden, dass herkömmliche Schutzschriften rechtzeitig den einschlägigen Verfügungsakten beigegeben werden. Der Inhalt der Schutzschrift ist nicht auf die Frage einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung (§ 937 Abs 2) beschränkt, sondern sie kann auch zu Verfügungsanspruch und Verfügungsgrund Stellung beziehen (Teplitzky/Feddersen Kap 55 Rz 52; Zö/Vollkommer Rz 4). Es besteht kein Anwaltszwang (Musielak/Voit/Huber § 937 Rz 7; Zö/Vollkommer Rz 2; Bacher MDR 15, 1329, 1330). Für Rechtsanwälte besteht ab dem 1.1.17 die berufsrechtliche Pflicht zur Nutzung des Schutzschriftenregisters (§ 49c BRAO). Da es sich nicht um eine prozessuale Pflicht handelt, ist eine Schutzschrift, die entgegen § 49c BRAO bei einzelnen Gerichten eingereicht wird, von diesen gleichwohl zu beachten (Bacher MDR 15, 1329, 1330; Schlinghoff WRP 16, 301).

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