Gesetzestext

 

(1) 1Das Kreditinstitut kann aus Guthaben, soweit es als Erhöhungsbetrag unpfändbar ist, mit befreiender Wirkung gegenüber dem Schuldner an den Gläubiger leisten, bis der Schuldner dem Kreditinstitut nachweist, dass es sich um Guthaben handelt, das nach § 902 nicht von der Pfändung erfasst wird. 2Der Nachweis ist zu führen durch Vorlage einer Bescheinigung

1. der Familienkasse, des Sozialleistungsträgers oder einer mit der Gewährung von Geldleistungen im Sinne des § 902 Satz 1 befassten Einrichtung,
2. des Arbeitgebers oder
3. einer geeigneten Person oder Stelle im Sinne des § 305 Absatz 1 Nummer 1 der Insolvenzordnung.

(2) 1Das Kreditinstitut hat Bescheinigungen nach Absatz 1 Satz 2 für die Dauer zu beachten, für die sie ausgestellt sind. 2Unbefristete Bescheinigungen hat das Kreditinstitut für die Dauer von zwei Jahren zu beachten. 3Nach Ablauf des in Satz 2 genannten Zeitraums kann das Kreditinstitut von dem Kontoinhaber, der eine Bescheinigung nach Absatz 1 Satz 2 vorgelegt hat, die Vorlage einer neuen Bescheinigung verlangen. 4Vor Ablauf des in Satz 2 genannten Zeitraums kann das Kreditinstitut eine neue Bescheinigung verlangen, wenn tatsächliche Anhaltspunkte bestehen, die die Annahme rechtfertigen, dass die Angaben in der Bescheinigung unrichtig sind oder nicht mehr zutreffen.

(3) 1Jede der in Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 genannten Stellen, die Leistungen im Sinne des § 902 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b und c sowie Nummer 2 bis 6 durch Überweisung auf ein Zahlungskonto des Schuldners erbringt, ist verpflichtet, auf Antrag des Schuldners eine Bescheinigung nach Absatz 1 Satz 2 über ihre Leistungen auszustellen. 2Die Bescheinigung muss folgende Angaben enthalten:

1. die Höhe der Leistung,
2. in welcher Höhe die Leistung zu welcher der in § 902 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b und c sowie Nummer 2 bis 6 genannten Leistungsarten gehört,
3. für welchen Zeitraum die Leistung gewährt wird.

3Darüber hinaus ist die in Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 genannte Stelle verpflichtet, soweit sie Kenntnis hiervon hat, Folgendes zu bescheinigen:

1. die Anzahl der Personen, denen der Schuldner auf Grund gesetzlicher Verpflichtung Unterhalt gewährt,
2. das Geburtsdatum der minderjährigen unterhaltsberechtigten Personen.

(4) Das Kreditinstitut hat die Angaben in der Bescheinigung nach Absatz 1 Satz 2 ab dem zweiten auf die Vorlage der Bescheinigung folgenden Geschäftstag zu beachten.

A. Normzweck und Systematik.

 

Rn 1

§ 903 regelt neben der befreienden Leistung von Erhöhungsbeträgen an den Gläubiger va das Nachweisverfahren zur pfändungsgeschützten Berücksichtigung von Erhöhungsbeträgen. Für diese Vorschrift existiert im bisherigen Recht kein Vorbild. Da der Schuldner früher nicht selten mehrere Stellen aufsuchen musste, um eine Bescheinigung zu erlangen, und die Kreditinstitute den Bescheinigungen – vorsichtig formuliert – häufig sehr zurückhaltend gegenüberstanden, sind nunmehr durchaus kleinteilige Bestimmungen geschaffen worden. Zielsetzung der Regelung ist vorrangig, eine effektive Umsetzung der Erhöhungsbeträge zu ermöglichen. Dadurch soll der Vollstreckungsschutz zugunsten des Schuldners gewährleistet und die Vollstreckungsgerichte entlastet werden. Zugleich wird damit eine für alle Beteiligten rechtssichere Grundlage geschaffen.

 

Rn 2

Die Vorschrift bestimmt die Anforderungen an den Schuldner, das Kreditinstitut und die leistenden Stellen. Schwerpunktmäßig wird das Nachweisverfahren durch die vorzulegenden Bescheinigungen, deren Gültigkeitsdauer, die Bescheinigungspflicht und die zu bescheinigenden Angaben bestimmt. Dabei kombiniert die Bestimmung verfahrensrechtliche Lasten und materiell-rechtliche Pflichten. Abs 1 regelt, inwieweit das Kreditinstitut trotz eines Erhöhungsbetrags an den pfändenden Gläubiger leisten darf. Abs 2 fixiert die Geltungsdauer der auszustellenden Bescheinigungen. Abs 3 ordnet an, welche Stellen welche Angaben bescheinigen müssen. Abs 4 normiert, ab wann das Kreditinstitut den Nachweis zu beachten hat.

B. Leistung an den Gläubiger, Abs 1 S 1.

 

Rn 3

§ 903 I 1 gestattet dem Kreditinstitut, Erhöhungsbeträge an den Gläubiger zu leisten. Die Erhöhungsbeträge aus § 902 S 1 sind pfändungsgeschützt und werden durch eine Kontopfändung nicht verstrickt. Sie unterliegen deswegen ebenso wenig dem Arrestatorium wie dem Inhibitorium aus § 829 I 1 und 2. Dennoch lässt § 903 eine Leistung an den Gläubiger mit befreiender Wirkung gegenüber dem Schuldner zu. Dadurch ist das Kreditinstitut vor Schadensersatzansprüchen des Schuldners wegen einer Verletzung der bankvertraglichen und vollstreckungsrechtlichen, § 908 I, Verpflichtungen geschützt. Erst wenn der Schuldner dem Kreditinstitut nachweist, dass es sich um Guthaben handelt, welches nach § 902 nicht von der Pfändung erfasst wird, endet diese Auszahlungsbefugnis.

C. Nachweisverfahren.

I. Grundlagen.

 

Rn 4

Geregelt ist ein formalisiertes Nachweisverfahren, nicht Beweisverfahren. Bereits begrifflich weist die Terminologie des Nachweises diesen Unterschied aus. Unter den gesetzlich bestimmten Voraussetzungen muss das Kreditinstitut den Pfändungsschutz für den Schuldner ›beachten‹. Dies...

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