Gesetzestext

 

(1) 1Ist ein Anspruch, der eine bewegliche körperliche Sache betrifft, für mehrere Gläubiger gepfändet, so ist der Drittschuldner berechtigt und auf Verlangen eines Gläubigers, dem der Anspruch überwiesen wurde, verpflichtet, die Sache unter Anzeige der Sachlage und unter Aushändigung der ihm zugestellten Beschlüsse dem Gerichtsvollzieher herauszugeben, der nach dem ihm zuerst zugestellten Beschluss zur Empfangnahme der Sache ermächtigt ist. 2Hat der Gläubiger einen solchen Gerichtsvollzieher nicht bezeichnet, so wird dieser auf Antrag des Drittschuldners von dem Amtsgericht des Ortes ernannt, wo die Sache herauszugeben ist.

(2) 1Ist der Erlös zur Deckung der Forderungen nicht ausreichend und verlangt der Gläubiger, für den die zweite oder eine spätere Pfändung erfolgt ist, ohne Zustimmung der übrigen beteiligten Gläubiger eine andere Verteilung als nach der Reihenfolge der Pfändungen, so hat der Gerichtsvollzieher die Sachlage unter Hinterlegung des Erlöses dem Amtsgericht anzuzeigen, dessen Beschluss dem Drittschuldner zuerst zugestellt ist. 2Dieser Anzeige sind die Dokumente beizufügen, die sich auf das Verfahren beziehen.

(3) In gleicher Weise ist zu verfahren, wenn die Pfändung für mehrere Gläubiger gleichzeitig bewirkt ist.

A. Normzweck.

 

Rn 1

§ 854 normiert, wie bei der mehrfachen Pfändung von Ansprüchen auf Herausgabe oder Leistung einer beweglichen körperlichen Sache zu verfahren ist und knüpft damit zunächst an § 847 an. Im Unterschied zur Pfändung beweglicher Sachen ist eine Anschlusspfändung ausgeschlossen. Für jeden Gläubiger wird durch einen nach den allgemeinen Regeln ergehenden Pfändungs- und Überweisungsbeschluss vollstreckt. Die Vorschrift schützt den Drittschuldner vor den Unsicherheiten mehrfacher Pfändungen durch eine Leistung an den falschen Gläubiger und schreibt damit die Konzeption des § 853 fort. Um diesen Risiken entgehen zu können, regelt § 854 auf welche Weise der Drittschuldner die bewegliche Sache an den Gerichtsvollzieher herausgeben kann. Wie § 853 sichert auch § 854 durch eine Herausgabepflicht die Rechte der Gläubiger bei einer verzögerlichen Handhabung durch den Drittschuldner. Außerdem regelt Abs 2 das Verteilungsverfahren.

B. Voraussetzungen.

 

Rn 2

Der Drittschuldner ist nach Abs 1 S 1 Alt 1 zur Herausgabe befugt, falls ein Anspruch auf Herausgabe oder Leistung einer beweglichen Sache nach § 847 mehrfach, also zumindest zweimal wirksam gepfändet ist. Aufgrund einer titulierten Geldforderung muss der Gläubiger den Herausgabeanspruch wegen einer beweglichen körperlichen Sache einschl der Wertpapiere nach § 808 II 1 gepfändet haben. Als weitere konstitutive Voraussetzungen hat der Drittschuldner die Sachlage dem Gerichtsvollzieher anzuzeigen und die zugestellten Beschlüsse herauszugeben, der nach dem zuerst zugestellten Beschl zum Empfang der Sache berechtigt ist. Zu den Einzelheiten der Anzeigepflicht vgl § 853 Rn 4. Der Gerichtsvollzieher ist selbst dann zu bezeichnen, wenn nur ein Gerichtsvollzieher zuständig ist (Musielak/Voit/Flockenhaus § 854 Rz 2).

 

Rn 3

Ist im ersten Beschl kein Gerichtsvollzieher bezeichnet, wird dieser auf Antrag des Drittschuldners vom Gericht des Leistungsorts ernannt, also nicht notwendig dem Gericht der belegenen Sache (St/J/Würdinger § 854 Rz 1). Die Bestimmung trifft der Rechtspfleger, § 20 Nr 17 RPflG. Der Drittschuldner darf die Sache also nicht an einen anderen, in einem späteren Beschl bezeichneten Gerichtsvollzieher herausgeben (Schuschke/Walker/Kessen/Thole/Kessal-Wulf/Lorenz § 854 Rz 2).

 

Rn 4

Eine Herausgabepflicht des Drittschuldners besteht, wenn ein Gläubiger, dem der Anspruch zur Einziehung überwiesen wurde, die Herausgabe verlangt. Es genügt ein formloses Verlangen. Der Drittschuldner muss sodann dem Gerichtsvollzieher die Sachlage anzeigen und die Beschlüsse aushändigen.

C. Herausgabe.

 

Rn 5

Unter den Voraussetzungen von Abs 1 (Rn 2 ff) wird der Drittschuldner von seinen Pflichten ggü dem Schuldner sowie dem Gläubiger frei. Mit der Inbesitznahme der Sache durch den Gerichtsvollzieher, der Anzeige und der Aushändigung der Beschlüsse entstehen die Pfandrechte an der Sache entspr ihrem gesetzlichen Rang (Schuschke/Walker/Kessen/Thole/Kessal-Wulf/Lorenz § 854 Rz 2). Der Gerichtsvollzieher hat die Gläubiger unverzüglich über die Inbesitznahme der Sache zu informieren (Zö/Herget § 854 Rz 2). Die mit einer ordnungsgemäßen Anzeige verbundene Herausgabe der Sache befreit den Schuldner von seinen Pflichten ggü dem Drittschuldner und den Gläubigern (vgl § 853 Rn 8).

D. Verwertung und Verteilung.

 

Rn 6

Ist der Anspruch mehreren Gläubigern zur Einziehung überwiesen, verwertet der Gerichtsvollzieher die Sache gem §§ 814 ff für die Gläubiger. Den Erlös verteilt der Gerichtsvollzieher nach der Rangfolge an die Gläubiger. Reicht der Erlös nicht aus, um alle Gläubiger zu befriedigen, und verlangt ein an zweiter oder späterer Stelle stehender Gläubiger ohne Zustimmung der Anderen eine von der Rangfolge abweichende Verteilung, muss der Gerichtsvollzieher den Erlös beim Amtsgericht hinterlegen, Abs 2 S 1. Diese Regelung ist an § 827 II an...

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