Gesetzestext

 

(1) 1Die Pfändung von Miete und Pacht ist auf Antrag des Schuldners vom Vollstreckungsgericht insoweit aufzuheben, als diese Einkünfte für den Schuldner zur laufenden Unterhaltung des Grundstücks, zur Vornahme notwendiger Instandsetzungsarbeiten und zur Befriedigung von Ansprüchen unentbehrlich sind, die bei einer Zwangsvollstreckung in das Grundstück dem Anspruch des Gläubigers nach § 10 des Gesetzes über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung vorgehen würden. 2Das Gleiche gilt von der Pfändung von Barmitteln und Guthaben, die aus Miet- oder Pachtzahlungen herrühren und zu den in Satz 1 bezeichneten Zwecken unentbehrlich sind.

(2) 1Wird der Antrag nicht binnen einer Frist von zwei Wochen gestellt, so ist er ohne sachliche Prüfung zurückzuweisen, wenn das Vollstreckungsgericht der Überzeugung ist, dass der Schuldner den Antrag in der Absicht der Verschleppung oder aus grober Nachlässigkeit nicht früher gestellt hat. 2Die Frist beginnt mit der Pfändung.

(3) 1Anordnungen nach Absatz 1 können mehrmals ergehen und, soweit es nach Lage der Verhältnisse geboten ist, auf Antrag aufgehoben oder abgeändert werden.

(4) 1Vor den in den Absätzen 1 und 3 bezeichneten Entscheidungen ist, soweit dies ohne erhebliche Verzögerung möglich ist, der Gläubiger zu hören. 2Die für die Entscheidung wesentlichen tatsächlichen Verhältnisse sind glaubhaft zu machen. 3Die Pfändung soll unterbleiben, wenn offenkundig ist, dass die Voraussetzungen für die Aufhebung der Zwangsvollstreckung nach Absatz 1 vorliegen.

A. Normzweck.

 

Rn 1

Für Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung begründet § 851b einen speziellen antragsabhängigen Pfändungsschutz, soweit der Schuldner diese Einnahmen zur Erhaltung der Miet- und Pachtsache benötigt. Damit verfolgt die Regelung einen doppelten Zweck. Sie schützt die wirtschaftliche Grundlage, auf der vom Schuldner Einnahmen erzielt werden können (MüKoZPO/Smid § 851b Rz 1). Sie dient aber auch dem öffentlichen Interesse an einer Erhaltung des Grundstücks- und Gebäudebestands. Die Existenzsicherung des Schuldners bildet dagegen kein Ziel von § 851b. Deswegen tritt die Vollstreckungsschranke aus § 850i I 1 Alt 2 neben den Pfändungsschutz des § 851b. Da § 851b die Unterhaltung des Grundstücks, nicht aber den Unterhalt des Schuldners sichert, liegen zwei unterschiedliche Zielsetzungen vor. § 850i wird nicht verdrängt.

B. Voraussetzungen und Wirkung.

I. Anwendungsbereich.

 

Rn 2

Geschützt sind nur Miete und Pacht von Immobilien. Erfasst werden also Vergütungen für die Gebrauchsüberlassung von Grundstücken, Gebäuden und Eigentumswohnungen. Der Schutz erstreckt sich auf Nießbraucher sowie Inhaber eines dinglichen Wohnrechts, das weiter überlassen werden darf, und eines Erbbaurechts. Nach Veräußerung der Immobilie entfällt auch für rückständige Miet- und Pachtforderungen die schützende Wirkung. Diese Anknüpfung an ein Immobiliarsachenrecht folgt aus dem gesetzlichen Hinweis auf die Unterhaltung eines Grundstücks und der Zwangsvollstreckung in ein Grundstück. Im Rahmen der §§ 1123, 1124 BGB werden Miet- und Pachtforderungen von der Hypothekenhaftung und damit der Beschlagnahme in der Immobiliarvollstreckung erfasst (HK-ZV/Meller-Hannich § 851b Rz 3). Nicht eingeschlossen sind daher Ansprüche aus der Vermietung oder Verpachtung beweglicher Sachen (Schuschke/Walker/Kessen/Thole/Kessal-Wulf/Lorenz § 851b Rz 1) bzw des Hauptmieters gegen den Untermieter.

 

Rn 3

Der Pfändungsschutz besteht nach Abs 1 S 1 für Ansprüche auf Miete und Pacht. Abs 1 S 2 erstreckt ihn auf Barmittel und Guthaben aus Miete und Pacht. Ansprüche auf Mietnebenkosten werden nicht erfasst. Sie sind aber zweckgebunden und nur für Anlassgläubiger pfändbar (Celle NJW-RR 00, 460, 461). Nach aA sollen sie (nur) auf Antrag pfändungsgeschützt sein (AG Lörrach JurBüro 19, 270).

II. Geschützte Ausgaben.

 

Rn 4

Abs 1 S 1 schützt die für drei Arten von Aufwendungen unentbehrlichen Mittel. Erfasst werden zunächst die zur laufenden Unterhaltung des Grundstücks erforderlichen Kosten. Hierzu gehören die Kosten für Wasser- und Energieversorgung, Müll- und Abwasserentsorgung, Straßenreinigung und Winterdienst, öffentlichen Abgaben, wie Steuern und Anliegerbeiträge, Pflichtversicherungen sowie Gemeinschaftseinrichtungen (Aufzug, Antennenanlage) und Hausmeister (Zö/Herget § 851b Rz 3). Nicht zu berücksichtigen sind Kosten der kaufmännisch tätigen Hausverwaltung (AG Berlin Schöneberg JurBüro 01, 326, 327). Geschützt sind auch die Kosten für notwendige Instandhaltungen. Sie betreffen die erforderlichen Ausgaben, um die Immobilie nutzen bzw ihren Wert erhalten zu können. Unschädlich ist regelmäßig, wenn die Arbeiten bereits ausgeführt wurden (Stöber/Rellermeyer Rz A.359). Auch die Aufwendungen für bevorstehende Ausgaben sind geschützt (Musielak/Voit/Flockenhaus § 851b Rz 3). Unbeachtlich sind wertsteigernde Maßnahmen. Die Aufwendungen für Verbesserungen und Wertsteigerungen sind daher nicht abzugsfähig. Schließlich sind auch Aufwendungen zur Befriedigung von Ansprüchen privilegiert, die in der Zwangsvollstreckung und Zwangsverwaltung nach § 10 ZVG ggü dem Anspruch des...

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