Rn 13

Dem privilegierten Zugriff des Gläubigers nach Abs 1 unterliegen das Arbeitseinkommen des Schuldners gem § 850 sowie bis zur Hälfte der nach § 850a Nr 1, 2 und 4 pfändungsfreien Bezüge. Ein erhöhter Pfändungsfreibetrag ist ausgeschlossen, wenn feststeht, dass der Schuldner keinen Unterhalt an den bevorrechtigten Unterhaltsgläubiger leistet (vgl BGH NJW 15, 157 [BGH 17.09.2014 - VII ZB 21/13] Rz 17). Da dem Schuldner mindestens die Hälfte der genannten Bezüge verbleiben muss, kann das Gericht auch einen geringeren Betrag für pfändbar erklären (Stöber/Rellermeyer Rz C.307). Die Abwägung ist eine Frage des Einzelfalls, weswegen nicht von der grundsätzlichen Pfändbarkeit der hälftigen nach § 850a Nr 1, 2, 4 pfandfreien Beträge ausgegangen werden darf. Mit diesem erweiterten Zugriffsrecht wird der Unterhaltsgläubiger ggü einem einfachen Vollstreckungsgläubiger deutlich bessergestellt. Hierbei handelt es sich um ein exzeptionelles Pfändungsrecht des Unterhaltsgläubigers. Privilegiert pfändbar sind also bis zu einem Viertel des Mehrarbeitsverdiensts, bis zur Hälfte des Urlaubsgelds etc sowie die Weihnachtsvergütungen bis zu einem Betrag von EUR 250,–. Vergütungsbestandteile nach § 850a Nr 3, 5–8 gehören nicht zum Vorrechtsbereich. Auf Antrag kann außerdem in die nach § 850b bedingt pfändbaren Bezüge vollstreckt werden (St/J/Würdinger § 850d Rz 18).

 

Rn 14

Verschleiertes Arbeitseinkommen iSv § 850h ist ebenfalls erweitert pfändbar, wenn es als geschuldet festgestellt ist. Zuvor ist eine Anrechnung ausgeschlossen (LG Frankenthal MDR 84, 856). Das Pfändungsprivileg gilt grds auch für die Vollstreckung in laufende Ansprüche auf Sozialleistungen, die gem § 54 IV SGB I nach den Vorschriften über die Pfändung des Arbeitseinkommens und deswegen auch gem § 850d erfolgt. Kindergeld kann allein wegen der Unterhaltsansprüche des durch das Kindergeld begünstigten Kindes gepfändet werden, §§ 54 V SGB I, 76 S 1 EStG (Stöber/Rellermeyer Rz C.318).

 

Rn 15

Auszugehen ist vom Nettoeinkommen des Schuldners (§ 850e Rn 5 ff). Eine dem Gläubiger ungünstige Wahl der Steuerklasse kann unter den Voraussetzungen von § 850h korrigiert werden (§ 850h Rn 21; Zweibr NJW-RR 89, 517). Für den nach den allgemeinen Regeln pfändbaren Betrag gilt zwischen Unterhalts- und anderen Gläubigern das Prioritätsprinzip. Auf den Vorrechtsbereich können nur die nach den §§ 850d, 850f II privilegierten Gläubiger zugreifen. Zwischen diesen Gläubigergruppen gilt wieder das Prioritätsprinzip. Zwischen den Unterhaltsgläubigern gilt die Rangfolge aus Abs 2.

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