Gesetzestext

 

(1) 1Auf den Gerichtsvollzieher, von dem die erste Pfändung bewirkt ist, geht der Auftrag des zweiten Gläubigers kraft Gesetzes über, sofern nicht das Vollstreckungsgericht auf Antrag eines beteiligten Gläubigers oder des Schuldners anordnet, dass die Verrichtungen jenes Gerichtsvollziehers von einem anderen zu übernehmen seien. 2Die Versteigerung erfolgt für alle beteiligten Gläubiger.

(2) 1Ist der Erlös zur Deckung der Forderungen nicht ausreichend und verlangt der Gläubiger, für den die zweite oder eine spätere Pfändung erfolgt ist, ohne Zustimmung der übrigen beteiligten Gläubiger eine andere Verteilung als nach der Reihenfolge der Pfändungen, so hat der Gerichtsvollzieher die Sachlage unter Hinterlegung des Erlöses dem Vollstreckungsgericht anzuzeigen. 2Dieser Anzeige sind die auf das Verfahren sich beziehenden Dokumente beizufügen.

(3) In gleicher Weise ist zu verfahren, wenn die Pfändung für mehrere Gläubiger gleichzeitig bewirkt ist.

A. Normzweck.

 

Rn 1

Die Vorschrift regelt nur Folgen einer bereits erfolgten mehrfachen Pfändung derselben Sache, nicht hingegen deren Voraussetzungen oder Vornahme. Abs 1 schafft aus Gründen der Effektivität die einheitliche Zuständigkeit eines GV für das weitere Vollstreckungsverfahren, wenn eine Sache von verschiedenen GV gepfändet worden ist. Abs 2 und 3 regeln die Erlösverteilung bei mehrfacher Pfändung, wenn der Erlös zur Deckung der Forderungen nicht ausreicht.

B. Zuständigkeit des GV (Abs 1).

I. Regelzuständigkeit.

 

Rn 2

Abs 1 legt fest, wer im Falle einer Mehrfachpfändung das weitere Verfahren für sämtliche Gläubiger betreibt. Die Regelung gilt unabhängig davon, ob die nachfolgende Pfändung selbstständig nach § 808 oder als Anschlusspfändung nach § 826 und ob sie ggü einem oder mehreren Schuldnern bewirkt wurde. Sobald die spätere Pfändung vollzogen ist, geht der Vollstreckungsauftrag kraft Gesetzes auf den GV über, der die erste Pfändung vorgenommen hat (MüKoZPO/Gruber Rz 4; Musielak/Voit/Flockenhaus Rz 2; aA St/J/Würdinger Rz 1 und Zö/Herget Rz 2: Übergang erst mit Kenntnis des GV von der nachfolgenden Pfändung). Nach § 116 V 2 GVGA sind dem nun zuständigen GV sämtliche für die Vollstreckung erforderlichen Urkunden auszuhändigen, insb der Schuldtitel. Gläubiger und Schuldner sind hierüber zu informieren (§ 116 V 3 GVGA). Die Versteigerung oder sonstige Verwertung nimmt der GV ohne besonderen Antrag für alle beteiligten Gläubiger vor, Abs 1 S 2 (Zö/Herget Rz 2; MüKoZPO/Gruber Rz 4; Musielak/Voit/Flockenhaus Rz 2). Die Vollstreckungsverfahren bleiben gleichwohl rechtlich selbstständig, sodass zB Stundung oder Einstellung in Bezug auf einen Gläubiger keine Wirkung auf die Verfahren anderer Gläubiger haben (Zö/Herget Rz 2; Musielak/Voit/Flockenhaus Rz 2).

II. Anderweitige Anordnung.

 

Rn 3

Auf Antrag eines beteiligten Gläubigers oder Schuldners kann das Vollstreckungsgericht (§ 764 II, § 20 I Nr 17 RPflG) eine abweichende Zuständigkeit bestimmen (Abs 1 S 1 Hs 2). Die Anordnung trifft das zur Zeit der Erstpfändung zuständige Vollstreckungsgericht (St/J/Würdinger Rz 2; Zö/Herget Rz 3). Die Übertragung kann auf den GV, der die nachfolgende Pfändung vorgenommen hat, oder auf einen bisher unbeteiligten GV erfolgen (St/J/Würdinger Rz 2; MüKoZPO/Gruber Rz 5). Das Vollstreckungsgericht entscheidet nach pflichtgemäßem Ermessen (vgl MüKoZPO/Gruber Rz 5; aA St/J/Würdinger Rz 2; Musielak/Voit/Flockenhaus Rz 3; Zö/Herget Rz 3: aus besonderen Gründen). In Betracht kommt die anderweitige Anordnung zB, wenn der GV bei der späteren Pfändung gleichzeitig andere Sachen erstmals pfändet, da für diese der Auftrag nicht nach Abs 1 auf den erstpfändenden GV übergeht. In diesem Fall hat der GV nach § 167 VIII GVGA bei seinem Auftraggeber nachzufragen, ob dieser mit der Erledigung des ganzen Vollstreckungsauftrags durch den erstpfändenden GV einverstanden ist.

C. Erlösverteilung bei nachrangiger Pfändung.

 

Rn 4

Zur Verteilung des Erlöses allgemein s § 819 Rn 4. Reicht der zur Auszahlung an die Gläubiger zur Verfügung stehende Erlös zur Deckung aller Forderungen nicht aus, ist bei nachrangiger Pfändung (§ 804 III) in der Reihenfolge der Pfändungen zu verteilen (§ 116 VI GVGA); diese ist auch bei mehreren vom selben Gläubiger erwirkten Pfändungen maßgebend (Schuschke/Walker/Walker/Loyal Rz 3; MüKoZPO/Gruber Rz 7; St/J/Würdinger Rz 4; Zö/Herget Rz 4; Musielak/Voit/Flockenhaus Rz 4; aA B/L/H/A/G/Weber Rz 6). Die Gläubiger können eine andere Verteilung vereinbaren; der GV hat dann entsprechend zu verfahren (arg Abs 2 S 1). Verlangt einer der nachrangigen Gläubiger aber ohne Zustimmung der anderen Gläubiger eine abweichende Verteilung, hinterlegt der GV vAw den Erlös, zeigt den Sachverhalt dem gem §§ 764 II, 827 I zuständigen Vollstreckungsgericht an (Abs 2 S 1) und übermittelt diesem gleichzeitig die sich auf das Verfahren beziehenden Dokumente (Abs 2 S 2). Der Erlös wird sodann nach dem Verteilungsverfahren der §§ 872 ff behandelt.

D. Erlösverteilung bei gleichzeitiger mehrfacher Pfändung.

 

Rn 5

Wurde gleichzeitig mehrfach gepfändet (s § 808 Rn 34), ist der Erlös bei nicht ausreichender Verteilungsmasse nach dem Verhältnis der beizutreibenden Forderungen zu verteilen (§ 117 IV 2 GVGA). Im Übrigen gilt ...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt HSO FV Sachsen online Kompaktversion. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen