Gesetzestext

 

Gepfändete Wertpapiere sind, wenn sie einen Börsen- oder Marktpreis haben, von dem Gerichtsvollzieher aus freier Hand zum Tageskurs zu verkaufen und, wenn sie einen solchen Preis nicht haben, nach den allgemeinen Bestimmungen zu versteigern.

A. Normzweck.

 

Rn 1

Die Vorschrift regelt die Verwertung gepfändeter Wertpapiere und vereinfacht diese für solche Papiere, die einen Börsen- oder Marktpreis haben.

B. Voraussetzungen.

I. Wertpapiere.

 

Rn 2

Wertpapiere sind Urkunden, die ein privates Recht in der Weise verbriefen, dass zu dessen Geltendmachung das Innehaben der Urkunde erforderlich ist (MüKoZPO/Gruber Rz 2; PWW/Buck-Heeb § 793 Rz 1). § 821 erfasst Inhaber- und Namenspapiere.

1. Inhaberpapiere.

 

Rn 3

Bei Inhaberpapieren steht das verbriefte Recht dem jeweiligen Inhaber der Urkunde zu, ohne dass der Name des Berechtigten in der Urkunde genannt wird (PWW/Buck-Heeb § 793 Rz 2). Zu ihnen gehören zB Inhaberschuldverschreibungen (§ 793 BGB), Inhaberaktien (§ 10 I 2 AktG), Inhaberschecks (Art 5 ScheckG; vgl LG Göttingen NJW 83, 635 [LG Göttingen 28.09.1982 - 5 T 150/82]; aA ThoPu/Seiler Rz 2), Inhabergrund- und -rentenschuldbriefe (§§ 1195, 1199 BGB) und Investment- und Immobilienzertifikate auf den Inhaber (Berner Rpfleger 60, 33, 35; Viertelhausen DGVZ 00, 129, 130; LG Berlin Rpfleger 70, 361). Auch ausländische Banknoten fallen unter § 821 (für inländische Banknoten gilt § 815), ebenso sog kleine Inhaberpapiere nach § 807 BGB wie Lotterielose, Eintrittskarten, Fahrscheine, Versicherungsmarken, Briefmarken (BGHZ 164, 286, 289 ff; s aber für inländische Briefmarken § 815 Rn 2), Essensmarken und Telefonkarten (zu den kleinen Inhaberpapieren s PWW/Buck-Heeb § 807 Rz 2 ff).

2. Namenspapiere.

 

Rn 4

Teilweise wird auch der Begriff Rektapapiere synonym verwandt (vgl dazu Hezel Rpfleger 06, 105, 107). In ihnen ist der Berechtigte namentlich benannt. Hierunter fallen zB bürgerlich-rechtliche Anweisungen (§ 783 BGB), umgeschriebene Schuldverschreibungen (§ 806 BGB), handelsrechtliche Papiere nach § 363 HGB, die nicht an Order lauten, Kuxen, Namensaktien (§ 10 I 1 AktG), Zwischenscheine, Investmentzertifikate auf den Namen, Rektaschecks und -wechsel mit dem Vermerk ›nicht an Order‹ (Art 14 II ScheckG, Art 11 II WG).

3. Unanwendbarkeit.

 

Rn 5

Keine Wertpapiere iSv § 821 sind Orderpapiere, zB Wechsel, Schecks und handelsrechtliche Papiere nach § 363 HGB, die an Order lauten; für sie gelten §§ 831, 835 ff. Auch Legitimationspapiere (s dazu § 808 Rn 2) sind keine Wertpapiere, ebenso wenig die Bahncard (Frankf NJW-RR 95, 1204, 1205).

II. Pfändung.

 

Rn 6

Die Pfändung erfolgt nach §§ 808 f durch den GV. Dies setzt voraus, dass die Wertpapiere sich in Papierform in Besitz des Schuldners befinden. Wertpapiere werden jedoch häufig in Depots in Sammelverwahrung genommen. Die Zwangsvollstreckung hat dann nach §§ 857 I, 828 ff ZPO durch Pfändung und Verwertung der Miteigentumsanteile an den zum Sammelbestand des Verwahrers gehörenden Wertpapieren (§ 6 I DepotG) zu erfolgen (BGH NJW-RR 08, 494, 495 [BGH 12.12.2007 - VII ZB 21/07]).

C. Verwertung.

I. Wertpapiere mit Börsen- oder Marktpreis.

1. Börsen- oder Marktpreis.

 

Rn 7

Börsenpreis ist der amtliche Kurs eines an der Börse zum Handel zugelassenen Papiers, Marktpreis der am inländischen Handelsplatz festgelegte Ankaufspreis (Zö/Herget Rz 7). Der Ort, an dem der Börsen- oder Marktpreis besteht, muss nicht der Ort der Zwangsvollstreckung sein (MüKoZPO/Gruber Rz 5; Musielak/Voit/Flockenhaus Rz 6; St/J/Würdinger Rz 7; aA B/L/H/A/G/Weber Rz 9). Ob ein Börsen- oder Marktpreis besteht, muss der GV ermitteln, zB durch Erkundigungen an der Börse, bei Banken oder Maklern oder anhand von Veröffentlichungen in den Medien.

2. Verkauf.

 

Rn 8

Der Verkauf hat unverzüglich zu erfolgen. Die Frist des § 816 gilt nicht. Wenn die Beteiligten zustimmen, darf durch Zuwarten auf einen günstigeren Kurs spekuliert werden (MüKoZPO/Gruber Rz 6; Musielak/Voit/Flockenhaus Rz 6; abw lässt Schuschke/Walker/Walker/Loyal Rz 3a schon die Zustimmung des Gläubigers ausreichen). Der Verkauf erfolgt aus freier Hand zum Tageskurs gegen Barzahlung (§ 817 II). Nimmt der GV dies, wie in § 821 vorgesehen, selbst vor, erfolgt dies öffentlich-rechtlich; der Erwerber erlangt durch Hoheitsakt unbelastetes Eigentum unter Ausschluss der Gewährleistung (vgl § 817 Rn 10; aA Zö/Herget Rz 10: Übereignung von Inhaberpapieren nach sachenrechtlichen Grundsätzen). Bei Inhaberpapieren geht das Recht mit der Übergabe über, Namenspapiere sind auf den Erwerber umzuschreiben; es gilt § 822 (s zur Rechtsübertragung § 105 II GVGA). Will der GV eine Bank oder einen Makler mit dem Verkauf beauftragen, ist ein Beschl nach § 825 II erforderlich, da Veräußerung und Rechtsübertragung dann nicht hoheitlich, sondern privatrechtlich erfolgen (MüKoZPO/Gruber Rz 6; Musielak/Voit/Flockenhaus Rz 6; Schuschke/Walker/Walker/Loyal Rz 6; aA St/J/Würdinger Rz 7; Wieczorek/Lüke Rz 10; Viertelhausen DGVZ 00, 129, 133).

II. Wertpapiere ohne Börsen- oder Marktpreis.

 

Rn 9

Sie werden nach § 813 geschätzt und nach §§ 814 ff versteigert. Namenspapiere sind auf den Erwerber umzuschreiben; es gilt § 822.

III. Inhaberschecks und kleine Inhaberpapiere mit festem Rücknahmepreis.

 

Rn 10

Ein Inhaberscheck wird verwertet, indem der GV ihn der bezogenen Bank vorlegt und den so erlangten Betrag dem Gläubiger abliefert (LG Göttingen ...

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