Gesetzestext

 

(1) 1Der Zuschlag darf nur auf ein Gebot erteilt werden, das mindestens die Hälfte des gewöhnlichen Verkaufswertes der Sache erreicht (Mindestgebot).

2Der gewöhnliche Verkaufswert und das Mindestgebot sollen bei dem Ausbieten bekannt gegeben werden.

(2) 1Wird der Zuschlag nicht erteilt, weil ein das Mindestgebot erreichendes Gebot nicht abgegeben ist, so bleibt das Pfandrecht des Gläubigers bestehen. 2Er kann jederzeit die Anberaumung eines neuen Versteigerungstermins oder die Anordnung anderweitiger Verwertung der gepfändeten Sache nach § 825 beantragen. 3Wird die anderweitige Verwertung angeordnet, so gilt Absatz 1 entsprechend.

(3) 1Gold- und Silbersachen dürfen auch nicht unter ihrem Gold- oder Silberwert zugeschlagen werden. 2Wird ein den Zuschlag gestattendes Gebot nicht abgegeben, so kann der Gerichtsvollzieher den Verkauf aus freier Hand zu dem Preise bewirken, der den Gold- oder Silberwert erreicht, jedoch nicht unter der Hälfte des gewöhnlichen Verkaufswertes.

A. Normzweck.

 

Rn 1

Die Vorschrift soll im Interesse der Beteiligten (Gläubiger und Schuldner) und der Allgemeinheit verhindern, dass Pfandsachen verschleudert werden (Ddorf NJW-RR 92, 1245, 1246 [OLG Düsseldorf 21.05.1992 - 18 U 248/91]).

B. Mindestgebot.

I. Höhe.

 

Rn 2

Die Höhe des Mindestgebots wird durch Abs 1 S 1 geregelt, für Gold- und Silbersachen in Abs 3 S 1. Die Schätzung des Wertes erfolgt nach § 813 (s dort).

II. Bekanntgabe.

 

Rn 3

Verkaufswert und Mindestgebot sollen beim Ausbieten bekannt gegeben werden (Abs 1 S 2). Geschieht dies nicht, ist die Versteigerung dennoch wirksam; es können jedoch Amtshaftungsansprüche entstehen (MüKoZPO/Gruber Rz 4). Soll das Mindestgebot im Versteigerungstermin verringert werden, etwa weil sich die Verhältnisse wesentlich geändert haben, ist den Beteiligten idR rechtliches Gehör zu gewähren; sind nicht alle Beteiligten anwesend, muss ggf ein neuer Versteigerungstermin anberaumt werden (§ 95 VII GVGA).

III. Folgen des Nichterreichens.

 

Rn 4

Wird das Mindestgebot nicht erreicht, ist der Zuschlag zu versagen. Wird er dennoch erteilt, ist die Versteigerung nicht unwirksam (MüKoZPO/Gruber Rz 2; Musielak/Voit/Flockenhaus Rz 2; aA bei bekannt gegebenem Mindestgebot St/J/Würdinger § 817 Rz 23 mwN); es können jedoch Amtshaftungsansprüche geltend gemacht werden (MüKoZPO/Gruber Rz 2; Musielak/Voit/Flockenhaus Rz 2). Das Mindestgebot darf ausnahmsweise außer Acht gelassen werden, wenn alle beteiligten Gläubiger und der Schuldner einverstanden sind oder die sofortige Versteigerung erforderlich ist, um die Gefahr einer beträchtlichen Wertverringerung der zu versteigernden Sache abzuwenden oder um unverhältnismäßige Kosten einer längeren Aufbewahrung zu vermeiden (§ 95 IV 5 GVGA).

IV. Weiteres Verfahren (Abs 2).

 

Rn 5

Die Pfändung bleibt nach der Versagung des Zuschlags aufrechterhalten. Ein neuer Versteigerungstermin wird nur auf Antrag des Gläubigers anberaumt. Auch in diesem Termin ist das Mindestgebot nach Abs 1 zu beachten. Der Gläubiger kann stattdessen die Anordnung anderweitiger Verwertung nach § 825 beantragen, bei der ebenfalls das Mindestgebot zu berücksichtigen ist (Abs 2 S 3). Bleiben weitere Verwertungsversuche erfolglos und ist ein Erfolg auch nicht mehr zu erwarten, kann der GV nach Anhörung des Gläubigers entsprechend § 803 II die Pfändung aufheben (§ 95 IV 3 und 4 GVGA). Widerspricht der Gläubiger, hebt der GV die Pfändung nicht auf; der Schuldner kann mit der Erinnerung nach § 766 die Entscheidung des Vollstreckungsgerichts herbeiführen (MüKoZPO/Gruber Rz 5; Musielak/Voit/Flockenhaus Rz 4; St/J/Würdinger Rz 10 mit Fn 17).

C. Gold- und Silbersachen.

 

Rn 6

Bei Gold- oder Silbersachen darf nur zugeschlagen werden, wenn sowohl das Mindestgebot nach Abs 1 S 1 als auch der Materialwert mindestens erreicht sind. Kann kein Zuschlag erfolgen, darf der GV die Sachen auch ohne Anordnung nach § 825 freihändig verkaufen, muss aber mindestens den Materialwert und die Hälfte des gewöhnlichen Verkaufswerts erlösen (Abs 3 S 2). Die Vorschrift gilt für andere Edelmetalle (zB Platin) entsprechend, nicht aber für sonstige Kostbarkeiten (MüKoZPO/Gruber Rz 7; Musielak/Voit/Flockenhaus Rz 5).

D. Rechtsbehelfe.

 

Rn 7

Verstöße können bis zur Beendigung der Zwangsvollstreckung durch Ablieferung mit der Erinnerung nach § 766 geltend gemacht werden. Fördert der GV durch die Missachtung des § 817a den unlauteren Wettbewerb eines anderen, kann er auf Unterlassung nach dem UWG in Anspruch genommen werden (KG NJW-RR 86, 201, 203 [KG Berlin 07.09.1985 - 5 U 2894/85]).

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