Rn 35

Die materielle Rechtskraft wirkt nur zwischen den Prozessparteien. Sie erstreckt sich weder auf die festgestellten noch auf die versagten Einwendungen gegen die titulierte Forderung, da nicht die vorgetragene Einwendung Streitgegenstand ist. Mit einer der Vollstreckungsabwehrklage stattgebenden Entscheidung wird die Vollstreckbarkeit des titulierten Anspruchs beseitigt; durch die Klageabweisung wird festgestellt, dass der Anspruch weiterhin vollstreckbar ist. Der Rechtskraft des klagabweisenden Urt kommt somit lediglich die Bedeutung zu, dass dem Titel die Vollstreckbarkeit nicht mehr mit dem der Vollstreckungsabwehrklage zugrunde liegenden Sachverhalt genommen werden darf (BGH FamRZ 84, 878, 880 [BGH 19.06.1984 - IX ZR 89/83]; WM 85, 703, 704; aA MüKoZPO/K. Schmidt/Brinkmann Rz 96). Eine Ausn wird im Hinblick auf die Aufrechnung anerkannt; hier wird § 322 II entspr angewendet (BGHZ 48, 356, 358; 89, 349, 352 f; NJW 15, 955 Rz 48). Die entspr Anwendung des § 322 II setzt allerdings voraus, dass sachlich über die zur Aufrechnung gestellte Gegenforderung entschieden wird; dies kommt auch dann in Betracht, wenn die Aufrechnung aus prozessualen Gründen, insbes wegen Verspätung tatsächlichen Vorbringens oder wegen fehlender Substantiierung, nicht durchgreift. Anders ist es, wenn der Aufrechnungseinwand als solcher überhaupt nicht zugelassen wird oder die Aufrechnung für unzulässig gehalten wird (BGH NJW 15, 955 [BGH 04.12.2014 - VII ZR 4/13] Rz 48).

 

Rn 36

Da es mit der Abweisung der Vollstreckungsgegenklage lediglich abgelehnt wird, einem titulierten Anspruch durch rechtsgestaltendes Urt die Vollstreckbarkeit zu nehmen, und nicht bindend darüber entschieden wird, dass der titulierte Anspruch materiell-rechtlich tatsächlich besteht, ist auch nach rechtskräftiger Abweisung der Klage nach § 767 eine auf denselben materiellen Einwand gegen die titulierte Forderung gestützte negative Feststellungsklage zulässig (BGH WM 85, 703, 704; 09, 918, 920 [BGH 05.03.2009 - IX ZR 141/07]; vgl auch Rn 10). Die Rechtskraftwirkung eines klageabweisenden Urt hat dagegen zur Folge, dass der Kl aufgrund des Sachverhaltes, der bereits Gegenstand der Vollstreckungsabwehrklage war, nicht wegen unzulässiger Zwangsvollstreckung Schadensersatz verlangen oder Bereicherungsansprüche geltend machen kann (BGH NJW 60, 1460, 1461; WM 16, 2384, 2389 [BGH 18.10.2016 - XI ZR 145/14]).

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