Gesetzestext

 

(1) Die den Gerichten zugewiesene Anordnung von Vollstreckungshandlungen und Mitwirkung bei solchen gehört zur Zuständigkeit der Amtsgerichte als Vollstreckungsgerichte.

(2) Als Vollstreckungsgericht ist, sofern nicht das Gesetz ein anderes Amtsgericht bezeichnet, das Amtsgericht anzusehen, in dessen Bezirk das Vollstreckungsverfahren stattfinden soll oder stattgefunden hat.

(3) Die Entscheidungen des Vollstreckungsgerichts ergehen durch Beschluss.

A. Ratio und Anwendungsbereich.

 

Rn 1

Die Vorschrift begründet, indem sie die Anordnung von und die Mitwirkung bei allen Vollstreckungshandlungen, die den Gerichten zugewiesen sind, den Amtsgerichten zuweist, hierfür eine einheitliche Zuständigkeit des Amtsgerichts als Vollstreckungsgericht. § 764 installiert damit ein ebenso leicht zugängliches wie ortsnahes Vollstreckungsorgan (MüKoZPO/Heßler § 764 Rz 1: zur Vereinheitlichung der ZPO-Vollstreckungsorgane de lege ferenda Stamm JZ 11, 67, 69), das für alle Vollstreckungshandlungen nach der ZPO einschlägig ist, soweit für sie nicht das Prozessgericht des ersten Rechtszuges selbst für die Vollstreckung zuständig ist, wie zB nach den §§ 887 ff (Hamm NJW-RR 86, 421 [OLG Hamm 17.12.1985 - 23 W 559/85] zur ausnahmsweisen Tätigkeit des Prozess- als Vollstreckungsgerichts). So ist etwa für die vom Gläubiger anstelle der Kostenbeitreibung gem § 788 gewählte Festsetzung von Zwangsvollstreckungskosten nicht das Vollstreckungsgericht, sondern das Prozessgericht zuständig (BGH NJW 82, 2070). Dagegen ist die Zuständigkeit des Vollstreckungsgerichts begründet für die Vollstreckung wegen Geldforderungen in Forderungen und andere Vermögensrechte nach §§ 828 f, das Verteilungsverfahren nach §§ 872 ff, die Abnahme der eidesstattlichen Versicherung nach bürgerlichem Recht nach §§ 889, 890 inkl der Haftanordnung sowie die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung nach §§ 869 ZVG. Die Pflicht zur Mitwirkung hat das Vollstreckungsgericht ua nach §§ 779 II, 787, 813 I 3, 817a II 2, 822 f, 825 II, 827, 844, 882a I 2. S.a. §§ 765a, 811a, 813b und §§ 769 II, 771, 785, 805 für einstweilige Anordnungen.

B. Tatbestand.

I. Begründung der Zuständigkeit.

1. Sachlich (Abs 1) und funktionell.

 

Rn 2

Die sachliche Zuständigkeit des Amtsgerichts als Vollstreckungsgericht ist nach § 802 eine ausschließliche. Sie bestimmt sich unabhängig davon, von welchem Prozessgericht der Titel stammt (MüKoZPO/Heßler § 764 Rz 2). Erklären andere Gesetze als die ZPO die Vorschriften des achten Buchs für anwendbar, bezieht sich das auch auf die sachliche Zuständigkeit des Vollstreckungsgerichts nach § 764 (Schuschke/Walker/Walker § 764 Rz 2). Die Vollstreckung in Familiensachen erfolgt, soweit ein Gericht dafür zuständig ist, zB nach §§ 88 ff FamFG, auch nach dem FamFG nicht durch das Familiengericht, sondern durch das Vollstreckungsgericht gem § 764 (Frankf NJW-RR 13, 776). § 95 I FamFG erklärt insoweit die ZPO für anwendbar (Giers FamRB 09, 87). Nicht etwa wird das Familiengericht dadurch aber zum Vollstreckungsgericht iSv § 764 (BGH NJW 79, 1048). Das trifft grds auch für die Vollstreckung arbeits- und sozialrechtlicher Titel zu, §§ 62 II, 64 VII, 85, 87 II, 92 II ArbGG; § 198 I SGG mit Ausnahme der Vollstreckung nach §§ 200, 201 SGG. Anderes gilt für die Vollstreckung verwaltungsgerichtlicher Entscheidungen. Hier ist das Verwaltungsgericht des ersten Rechtszuges nach § 167 I 2 VwGO zugleich auch das Vollstreckungsgericht, ebenso das Arrestgericht, wenn es in den Fällen der §§ 919, 930 I 3, 931 III einen Arrest vollzieht. In den Fällen von §§ 36 IV, 89 III, 148 II InsO tritt das Insolvenzgericht wegen der größeren Sachnähe funktional an die Stelle des Vollstreckungsgerichts (LG Hamburg ZInsO 09, 1707; Büttner ZVI 07, 597; Althammer/Löhnig KTS 04, 525). Der Rechtsmittelzug richtet sich aber grds nach den allgemeinen vollstreckungsrechtlichen Vorschriften (BGH Rpfleger 04, 436). Für die Entscheidung über eine auf Massearmut gestützte Erinnerung des Insolvenzverwalters gegen den Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses ist die sachliche Zuständigkeit des Insolvenzgerichts begründet (BGH NJW-RR 07, 119 [BGH 21.09.2006 - IX ZB 11/04]). Für Entscheidungen nach §§ 850 ff ist nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens ebenfalls das Insolvenzgericht zuständig (Köln JurBüro 01, 217f). Die Aufgaben, die nach dem achten Buch dem Vollstreckungsgericht zugewiesen sind, nimmt der funktionell zuständige Rechtspfleger nach § 20 Nr 17 RPflG wahr. Der Richter entscheidet allerdings über die Erinnerung gegen dessen Entscheidungen nach § 766.

2. Örtlich (Abs 2).

 

Rn 3

Auch die örtliche Zuständigkeit des Amtsgerichts als Vollstreckungsgericht ist nach § 802 eine ausschließliche. Sie richtet sich nach dem Ort der Vollstreckungshandlung und muss für jede Vollstreckungshandlung getrennt ermittelt werden (MüKoZPO/Heßler § 764 Rz 26), so zB wenn der Schuldner nach der Vornahme einer Vollstreckungshandlung, aber vor einer weiteren den Wohnsitz wechselt. In diesem Fall ist für die neue Vollstreckungshandlung auch der neue Wohnsitz entscheidend (Schuschke/Walker/Walker § 764 Rz 5). Denn neue Vollstreckungsmaßnahmen begründen...

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