Gesetzestext

 

(1) Der Gerichtsvollzieher hat nach Empfang der Leistungen dem Schuldner die vollstreckbare Ausfertigung nebst einer Quittung auszuliefern, bei teilweiser Leistung diese auf der vollstreckbaren Ausfertigung zu vermerken und dem Schuldner Quittung zu erteilen.

(2) Das Recht des Schuldners, nachträglich eine Quittung des Gläubigers selbst zu fordern, wird durch diese Vorschriften nicht berührt.

A. Ratio und Anwendungsbereich.

 

Rn 1

§ 757 soll den Schuldner vor erneuten Vollstreckungsmaßnahmen schützen, nachdem die Vollstreckungsforderung durch den Gerichtsvollzieher im Wege der Zwangsvollstreckung oder durch Entgegennahme freiwilliger Leistungen bereits beigetrieben worden ist (Celle FGPrax 09, 278 [OLG Celle 28.05.2009 - 2 W 131/09]; St/J/Münzberg § 757 Rz 2). Die Vorschrift ist nur auf die Vollstreckung durch den GV anwendbar und gilt sowohl für Zahlungstitel als auch für solche auf Herausgabe von Sachen (ThoPu/Seiler § 757 Rz 1). Sie knüpft, was die Auslieferung der vollstreckbaren Ausfertigung anbelangt, an § 754 an (s § 754 Rn 5) und an § 775 Nr 4, soweit es um die Quittierung von beigetriebenen Leistungen geht (Schuschke/Walker/Walker § 757 Rz 1). § 757 ist auf die insolvenzrechtlichen Vollstreckungstitel nach §§ 201 II, 257 InsO entsprechend anwendbar (MüKoZPO/Heßler § 757 Rz 42f).

B. Tatbestand.

I. Empfang der vollständigen Leistung.

1. Begriff und Prüfung der Vollständigkeit der Leistung.

 

Rn 2

VAw darf der GV die vollstreckbare Ausfertigung dem Schuldner, ohne dass dazu die Zustimmung des Gläubigers erforderlich ist (MüKoZPO/Heßler § 757 Rz 4), nur dann aushändigen, wenn dieser vollständig geleistet hat. Eine vollständige Leistung liegt vor, wenn der Gläubiger wegen des gesamten Vollstreckungsanspruchs, so wie er sich aus Titel und Klausel ergibt, Befriedigung erlangt hat (Musielak/Lackmann § 757 Rz 2), wobei diese namentlich bei Leistung unter dem Druck der Vollstreckung und Rückforderungsvorbehalt nicht notwendig identisch ist mit dem materiell-rechtlichen Erfüllungseintritt (Schuschke/Walker/Walker § 757 Rz 2). Leistet der Schuldner freiwillig (s Rn 1), muss das ohne Bedingung und Vorbehalt geschehen. Ob eine vollständige Leistung idS vorliegt, muss der GV vor Herausgabe der vollstreckbaren Ausfertigung selbstständig prüfen. Händigt der GV dem Schuldner die vollstreckbare Ausfertigung aus, obwohl noch eine Restforderung offen steht, kann dieser eine Zweitausfertigung nach § 733 verlangen (Hamm Rpfleger 79, 431).

2. Vollständige Leistung bei Zahlungs- und Herausgabetiteln.

 

Rn 3

Bei Herausgabetiteln muss der GV an der nach dem Titel geschuldeten Sache Besitz begründen. Richtet sich der Vollstreckungsanspruch auf Zahlung eines Geldbetrags, ist die Begleichung der Hauptforderung sowie aller titulierten Nebenforderungen erforderlich. Dazu zählen auch die Kosten der Vollstreckung nach § 788, nicht aber diejenigen Prozesskosten, die aus einem eigenständigen Kostenfestsetzungsbeschluss beigetrieben werden. Hier muss die vollständige Erbringung der Leistung jeweils getrennt ermittelt werden (anders bei Vollstreckungsbescheiden nach § 699 III und Kostenfestsetzungsbeschlüssen nach §§ 105, 795a; AG Limburg DGVZ 84, 93; Musielak/Lackmann § 757 Rz 4). Ist die vollständige Leistung zweifelhaft, was insb bei der Beitreibung einer Restschuld oder bei vollständiger Erfüllung trotz Antrags auf Teilvollstreckung der Fall ist, ist der GV gehalten, vor der Aushändigung der vollstreckbaren Ausfertigung mit dem Gläubiger Rücksprache zu nehmen (MüKoZPO/Heßler § 757 Rz 8). Nur wenn der Gläubiger in seinem Vollstreckungsauftrag die beizutreibende Summe ausschließlich als Restforderung ausgewiesen hat, muss der GV den Vollstreckungstitel dem Schuldner nach der Beitreibung des Betrags aushändigen (Musielak/Lackmann § 757 Rz 3). Bei erzwungener oder freiwilliger Leistung auf ein vorläufig vollstreckbares Urteil besteht die Herausgabepflicht auch dann, wenn die materiell-rechtliche Tilgungswirkung der Leistung bis zur Rechtskraft hinausgeschoben ist (s Rn 2, § 708 Rn 3). Erfolgt die Leistung durch Übergabe eines Schecks, darf die vollstreckbare Ausfertigung dem Schuldner erst dann ausgehändigt werden, wenn der Scheckbetrag auf dem Dienstkonto des GV (§ 73 GVO) eingegangen, bei Einlösung eine Barschecks an den GV ausgezahlt oder wenn der Gläubiger der Aushändigung des Titels zugestimmt hat (§ 60 III GVGA). Bei unmittelbarer Leistung des Gläubigers an den Schuldner oder dessen Prozessbevollmächtigten ist § 757 I nur dann einschlägig, wenn die Aushändigung des Titels mit ausdrücklicher Zustimmung des Gläubigers erfolgt (vgl § 60 III 3 GVGA). Erfolgt die Leistung dagegen in Anwesenheit des GV, ist sie eine iSd Vorschrift (St/J/Münzberg § 757 Rz 2; aA Zö/Seibel § 757 Rz 5).

3. Vollständige Leistung eines Dritten.

 

Rn 4

Die Aushändigung des Titels hat auch dann zu erfolgen, wenn nicht der Schuldner, sondern eine dritte Person vollständig an den GV geleistet hat, es sei denn, diese widerspricht dem (MüKoZPO/Heßler § 757 Rz 14f), etwa weil die Forderung nach §§ 268 III, 412, 402, 774 BGB durch die Leistung auf ihn übergegangen ist. Der Titel muss in diesem Fall nach § 727 auf den Dritten umgeschrieben werden, verbraucht ist er also nicht. Die Voraussetzungen der Titelumschreibung ...

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