Gesetzestext

 

(1) Hängt die Vollstreckung von einer Zug um Zug zu bewirkenden Leistung des Gläubigers an den Schuldner ab, so darf der Gerichtsvollzieher die Zwangsvollstreckung nicht beginnen, bevor er dem Schuldner die diesem gebührende Leistung in einer den Verzug der Annahme begründenden Weise angeboten hat, sofern nicht der Beweis, dass der Schuldner befriedigt oder im Verzug der Annahme ist, durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden geführt wird und eine Abschrift dieser Urkunden bereits zugestellt ist oder gleichzeitig zugestellt wird.

(2) Der Gerichtsvollzieher darf mit der Zwangsvollstreckung beginnen, wenn der Schuldner auf das wörtliche Angebot des Gerichtsvollziehers erklärt, dass er die Leistung nicht annehmen werde.

A. Ratio und Anwendungsbereich.

 

Rn 1

Das Gesetz gibt dem Gläubiger in § 756 die Möglichkeit, die Gegenleistung durch den GV anbieten zu lassen und die Voraussetzungen für den Vollstreckungsbeginn aus der Zug um Zug Verurteilung zu schaffen. Das hat zur Folge, dass der Gläubiger die GV-Kosten grds als notwendige Kosten der ZV vom Schuldner erstattet verlangen kann (BGH NJW 14, 2508 mAnm Hansens ZfS, 14, 466 [BGH 05.06.2014 - VII ZB 21/12]). § 756 ist mit § 726 II zusammen zu lesen. Nach dieser Regelung muss zur Erteilung der Klausel grds nicht nachgewiesen werden, dass der Schuldner nur Zug um Zug gegen eine vom Gläubiger zu bewirkende Gegenleistung zur Leistung verpflichtet, bereits befriedigt ist oder sich im Verzug der Annahme befindet (s § 726 Rn 8). Ob die Gegenleistung bereits erbracht oder jedenfalls angeboten wurde, wird also grds erst im Vollstreckungsverfahren geprüft (Ausnahme: Verurteilung zur Abgabe einer Willenserklärung nach § 894). Die ZPO differenziert insoweit nach der Zuständigkeit des jeweiligen Vollstreckungsorgans. Nach § 765 benötigt das Vollstreckungsgericht stets den Nachweis der Befriedigung oder des Annahmeverzugs des Schuldners nach § 298 BGB. § 756 gilt dagegen ausschließlich für die Vollstreckung, für die der GV funktionell zuständig ist und trägt den Besonderheiten der GV-Vollstreckung Rechnung. Der GV, der idR ›vor Ort‹ vollstreckt, indem er den Schuldner aufsucht, muss diesem dagegen die Gegenleistung des Gläubigers tatsächlich oder, soweit das materielle Recht dies zulässt, wörtlich anbieten. Die Regelung in Abs 2 dient der Erleichterung der Zwangsvollstreckung bei fehlender Annahmebereitschaft des Schuldners. Sie modifiziert § 295 S 1 BGB insoweit, als das wörtliche Angebot hier nicht zwingend der Leistungsverweigerung nachfolgt und der Gläubiger daher uU den Annahmeverzug nicht bereits im Prozess feststellen lassen kann. Um Missbrauch zu verhindern, ist eine restriktive Auslegung von Abs 2 geboten (Musielak/Lackmann § 756 Rz 1).

B. Tatbestand.

I. Zug um Zug Titel.

 

Rn 2

§ 756 setzt die Vollstreckung aus einem Urt voraus, dessen Entscheidungsformel eine Verurteilung zur Leistung Zug um Zug gegen eine Gegenleistung explizit ausspricht. Nicht ausreichend ist, dass sich das Zurückbehaltungsrecht nur aus den Entscheidungsgründen oder gar aus weiteren Unterlagen entnehmen lässt (KG Rpfleger 00, 556 [KG Berlin 25.07.2000 - 1 W 2542/99]). Auch wenn der Ausspruch der Verurteilung Zug um Zug rechtsfehlerhaft unterblieben ist, ist der Anwendungsbereich des § 756 nicht eröffnet (Stuttg DGVZ 80, 60). Das gilt auch, wenn es nur um die Beitreibung eines Teilbetrags geht (LG Wuppertal DGVZ 86, 90). Die Verurteilung Zug um Zug muss allerdings den titulierten Hauptanspruch betreffen. Bei der Vollstreckung eines Kostenfestsetzungsbeschlusses bleibt § 756 dagegen außer Betracht (MüKoZPO/Heßler § 756 Rz 10). Der Mehraufwand, der durch die Einschaltung des GV entstanden ist, kann aber nach § 788 beigetrieben werden (Hambg MDR 71, 145). Die Vorschrift ist schließlich auch dann nicht einschlägig, wenn es um die Vollstreckung eines Titels auf Zahlung gegen Aushändigung eines Wechsels, Schecks oder einer anderen legitimierenden Urkunde geht (zB nach Art 39, 50, 77 WG; Art 34, 37 ScheckG; §§ 785, 797, 808 II BGB, § 364 III HGB). Denn hier liegt keine Gegenleistung vor, sondern nur ein besonders ausgestaltetes Quittungsrecht. Gleichwohl ist die Urkunde zusammen mit dem Titel dem GV vorzulegen (BGHZ 177, 178, für eine Inhaberschuldverschreibung; Fichtner DGVZ 04, 1).

II. Bestimmtheit der Gegenleistung des Gläubigers.

1. Anforderungen an die bestimmbare Gegenleistung.

 

Rn 3

Die Gegenleistung des Gläubigers muss dem Schuldner genauso offeriert werden, wie der Titel das vorgibt. Umstände, Listen, Verzeichnisse oder vergleichbare Unterlagen außerhalb des Vollstreckungstitels dürfen dagegen nicht berücksichtigt werden (KG NJW-RR 98, 424). Ist die Beschreibung der Gegenleistung im Titel zu unbestimmt (zB wenn sich die Höhe der Zahlungsverpflichtung im Titel nur aus einem noch einzuholenden Gutachten ergibt: Hamm MDR 10, 1086), besteht ein vAw zu beachtendes Vollstreckungsverbot (BVerfG NJW 97, 2167, 2168 [BVerfG 13.03.1997 - 1 BvR 116/97]; BGH NJW 93, 3206, 3207; s vor §§ 704 ff Rn 14), es sei denn der Schuldner hat die Leistung explizit als korrekt und komplett akzeptiert (Kobl OLGR 00, 520). Als Faustregel lässt sich sagen, dass die Gegenleistung so (id...

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