Rn 3

Die Befugnis des GV zur Annahme freiwilliger Leistungen entsteht kraft Gesetzes mit der Erteilung des Vollstreckungsauftrags. Sie besteht unabhängig vom Willen des Gläubigers (MüKoZPO/Heßler § 754 Rz 26) und hat aufgrund ihres hoheitlichen Charakters nicht die Rechtswirkung der §§ 362 ff BGB (BGH NJW 09, 1085 [BGH 29.01.2009 - III ZR 115/08]). Wollte der Gläubiger die Ermächtigung des GV ausschließen, wäre sein Vollstreckungsauftrag unwirksam. Zur Erbringung freiwilliger Zahlungen, nämlich zur Begleichung der Hauptschuld mit Zinsen, Kosten und Vollstreckungskosten, hat der GV den Schuldner einer titulierten Geldschuld ohnehin vor Einleitung der Zwangsvollstreckung nach § 59 II 1 GVGA aufzufordern (Schuschke/Walker/Walker § 754 Rz 4). Nach § 60 I 1 GVGA ist der GV nicht nur gehalten, die vollständige geschuldete Leistung anzunehmen, sondern auch Teilleistungen des Schuldners oder eines Dritten auf die fremde Schuld zu akzeptieren (s aber § 267 II BGB; BGH NJW 81, 2244 [BGH 24.06.1981 - IVa ZR 104/80]), wobei der Schuldner kein Recht zur Tilgungsbestimmung nach § 366 I BGB hat (BGH NJW 99, 1704 [BGH 23.02.1999 - XI ZR 49/98]). Umgekehrt muss er die gesamte Leistung auch dann annehmen, wenn der Gläubiger nur eine Teilvollstreckung beantragt hat (s § 753 Rn 8). Bei der Vollstreckung für eine Mehrzahl von Gläubigern ist der GV nur dann zur Annahme einer Teilleistung des Schuldners berechtigt, wenn dieser mit deren verhältnismäßiger Teilung unter allen Gläubigern einverstanden ist, s § 117 II GVGA.

 

Rn 4

Grds darf der GV aber keine andere als die geschuldete Leistung an Erfüllungs statt annehmen, wenn dem Schuldner das im Titel nicht bereits zur Abwendung der Vollstreckung nachgelassen ist, § 60 II 1 GVGA (Ausnahme: Bar- und Verrechnungsschecks des Schuldners). Wohl aber muss er die freiwillige Leistung des Schuldners auch dann entgegennehmen, wenn der Titel sich auf die Leistung an einen Dritten richtet (MüKoZPO/Heßler § 754 Rz 35). Freiwillig ist die Zahlung oder sonstige Leistung nur dann, wenn sie ohne Vorbehalt und Bedingung erfolgt. Sonst muss der GV sie zurückweisen. Bei der Leistung des Schuldners zur Abwendung der Vollstreckung aus einem vorläufig vollstreckbaren Urt (s § 717 II) handelt es sich nach hM um eine freiwillige nach § 754 (Musielak/Lackmann § 754 Rz 3; aA St/J/Münzberg § 708 Rz 7). Allerdings hat sie als reine ›Abwehrleistung‹ nach hM keine materiell-rechtliche Erfüllungswirkung (s § 708 Rn 3). Die Aufrechnung des Schuldners gegen den Vollstreckungsanspruch stellt keine freiwillige Leistung dar. Denn der GV darf den Bestand der vom Schuldner zur Aufrechnung gestellten Forderung nicht überprüfen (MüKoZPO/Heßler § 754 Rz 31).

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