Gesetzestext

 

(1) 1Die Zwangsvollstreckung darf nur beginnen, wenn die Personen, für und gegen die sie stattfinden soll, in dem Urteil oder in der ihm beigefügten Vollstreckungsklausel namentlich bezeichnet sind und das Urteil bereits zugestellt ist oder gleichzeitig zugestellt wird. 2Eine Zustellung durch den Gläubiger genügt; in diesem Fall braucht die Ausfertigung des Urteils Tatbestand und Entscheidungsgründe nicht zu enthalten.

(2) Handelt es sich um die Vollstreckung eines Urteils, dessen vollstreckbare Ausfertigung nach § 726 Abs. 1 erteilt worden ist, oder soll ein Urteil, das nach den §§ 727 bis 729, 738, 742, 744, dem § 745 Abs. 2 und dem § 749 für oder gegen eine der dort bezeichneten Personen wirksam ist, für oder gegen eine dieser Personen vollstreckt werden, so muss außer dem zu vollstreckenden Urteil auch die ihm beigefügte Vollstreckungsklausel und, sofern die Vollstreckungsklausel auf Grund öffentlicher oder öffentlich beglaubigter Urkunden erteilt ist, auch eine Abschrift dieser Urkunden vor Beginn der Zwangsvollstreckung zugestellt sein oder gleichzeitig mit ihrem Beginn zugestellt werden.

(3) Eine Zwangsvollstreckung nach § 720a darf nur beginnen, wenn das Urteil und die Vollstreckungsklausel mindestens zwei Wochen vorher zugestellt sind.

A. Ratio.

 

Rn 1

§ 750 formuliert mit der namentlichen Bezeichnung der Parteien im Titel, der Zustellung des Schuldtitels und bestimmter Urkunden sowie der Wartefrist bei der Sicherungsvollstreckung nach § 720a Vollstreckungsvoraussetzungen. Die Vorschrift sichert nicht nur die Einhaltung einer Formalität, sondern gewährleistet, dass staatlicher Zwang nur zur Durchsetzung eines urkundlich bereits ausgewiesenen Anspruchs gegen die in dem Titel oder der Klausel genannten Personen ausgeübt wird (BGH MDR 18, 1275 [BGH 12.04.2018 - V ZB 212/17]). Das bedeutet, dass die Vollstreckungsorgane nicht eher mit der Zwangsvollstreckung beginnen dürfen, als den Anforderungen der Vorschrift entsprochen wurde. Deren Einhaltung haben sie selbstständig und eigenverantwortlich vAw zu beachten (Frankf Rpfleger 77, 416; MüKoZPO/Heßler § 750 Rz 1). Die Voraussetzungen des § 750 I brauchen bei einer im Urt enthaltenen Ordnungsmittelandrohung noch nicht vorzuliegen (§ 890 II; BGH MDR 09, 1072 [BGH 22.01.2009 - I ZB 115/07]). Funktionell sichert die Bezeichnung der Vollstreckungsparteien (s vor §§ 704 ff Rn 7) im Schuldtitel insofern die Aufgabenteilung zwischen Prozessgericht und Vollstreckungsorgan ab, als es Sache des Prozessgerichts ist, Schuldner und Gläubiger der Zwangsvollstreckung genau zu identifizieren, während für das Vollstreckungsorgan die Angaben im Titel maßgeblich sind. Die Aufgabenteilung formalisiert das Vollstreckungsverfahren und sorgt dafür, dass nur die jeweiligen Vollstreckungsparteien in die Zwangsvollstreckung involviert werden (Musielak/Lackmann § 750 Rz 1). Gewährleistet wird damit, dass staatlicher Zwang nur zur Durchsetzung eines urkundlich bereits ausgewiesenen Anspruchs erfolgt. Diese allgemeine Voraussetzung jeder Zwangsvollstreckung kann nicht durch materiell-rechtliche Erwägungen oder Gesichtspunkte der Billigkeit außer Kraft gesetzt werden (BGH MDR 04, 53f). Die in § 750 I vorgeschriebene Zustellung des Titels macht dem Schuldner nicht nur klar, dass der Gläubiger die titulierte Forderung zwangsweise durchsetzen wird. Sie unterrichtet ihn auch über die förmlichen Grundlagen der Zwangsvollstreckung und gibt ihm Gelegenheit, deren Zulässigkeit zu prüfen und Einwendungen geltend zu machen. Insoweit sichert sie seinen Anspruch auf rechtliches Gehör (BGH NJW 07, 3357, 3358; NJW-RR 07, 358 [BGH 21.09.2006 - V ZB 76/06]). Warnfunktion hat auch die Zustellung von Titel und Klausel nach Abs 3. Zwischen ihr und dem Beginn der Sicherungsvollstreckung nach § 720a muss eine Frist von mindestens zwei Wochen liegen. In der Zwischenzeit kann der Schuldner die Vollstreckung durch Leistung einer Sicherheit nach § 720a III abwenden.

B. Anwendungsbereich.

 

Rn 2

Die Vorschrift bindet jedes Vollstreckungsorgan, gilt für Urteile nach § 704 I wie für Titel nach §§ 795, 794 I gleichermaßen. Sie kommt in allen Vollstreckungsverfahren zur Anwendung einschließlich der Sicherungsvollstreckung nach § 720a und grds auch der Vollziehung von Arresten und einstweiligen Verfügungen nach §§ 928, 936 (Modifikation: Die Vollziehung ist nach §§ 929 III, 936 bereits vor der Zustellung möglich). Über den unmittelbaren Anwendungsbereich hinaus gilt § 750 auch, wenn es nicht um die Einleitung, sondern um die Fortsetzung der Zwangsvollstreckung geht, so wenn ein Gläubiger- (BGH NJW 07, 3357, 3358) oder Schuldnerwechsel (St/J/Münzberg § 750 Rz 1; Sonderfall: § 800) stattgefunden hat.

C. Namentliche Bezeichnung der Vollstreckungsparteien.

I. Grundsätze.

1. Begriff.

 

Rn 3

Bei den Personen, die im Titel namentlich zu bezeichnen sind, handelt es sich um den Gläubiger und den Schuldner (ThoPu/Seiler § 750 Rz 2). Eine namentliche Bezeichnung liegt vor, wenn diejenigen Personen, gegen die das Vollstreckungsorgan aufgrund des Vollstreckungsantrags Zwangsmaßnahmen durchführen soll, in Titel oder Klausel aufgeführt sind (Zö/Seibel ...

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