Gesetzestext

 

Kann der nach dem § 726 Abs. 1 und den §§ 727 bis 729 erforderliche Nachweis durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden nicht geführt werden, so hat der Gläubiger bei dem Prozessgericht des ersten Rechtszuges aus dem Urteil auf Erteilung der Vollstreckungsklausel Klage zu erheben.

A. Ratio und Anwendungsbereich.

 

Rn 1

Die Klage auf Erteilung der Vollstreckungsklausel nach § 731 ist ein Rechtsbehelf, dessen Rechtsschutzbereich für den Fall eröffnet ist, dass der in den Fällen der §§ 726 I, 727 bis 729 (und analog auch der §§ 738, 742, 744, 745 II, 749; ThoPu/Seiler § 731 Rz 1) erforderliche urkundliche Nachweis nicht oder nicht in der notwendigen Form geführt werden kann und der einfachere Weg eines Antrags auf Klauselerteilung somit nicht erfolgreich ist. § 731 gibt in Fällen eine Klagemöglichkeit, in denen wegen der Rechtskraftwirkung des Urteils eigentlich nicht auf Leistung geklagt werden kann. Gleichwohl hält die hM die Klage auf Erteilung der Klausel nach § 731 auch bei Urteilen ggü einer Leistungsklage nicht für vorrangig (BGH NJW 87, 2863 [BGH 09.04.1987 - IX ZR 138/86], Köln BeckRS 13, 16599; aA St/J/Münzberg § 731 Rz 7; Schuschke/Walker/Schuschke § 731 Rz 1: § 731 als besondere Art der Rechtsschutzgewährung, die der allgemeinen grds vorgeht; Schuschke NZM 04, 206, 208, für das Verhältnis von § 731 und zusätzlicher Räumungsklage gegen neuen Bewohner). Das erscheint aus Gründen der Verfahrensökonomie als gerechtfertigt. Es trägt außerdem dem Umstand Rechnung, dass nicht alle Titel der Rechtskraft fähig sind.

B. Zulässigkeit der Klauselerteilungsklage.

I. Zuständigkeit.

 

Rn 2

Nach § 802 ausschließlich örtlich und (ohne Rücksicht auf den Streitwert, aA ThoPu/Seiler § 731 Rz 4) auch sachlich zuständig ist das Prozessgericht des ersten Rechtszugs des früheren Verfahrens, unabhängig davon, welche Instanz das zu vollstreckende Urt gesprochen hat (§§ 731, 795, 802). Entscheidend ist stets, welcher Spruchkörper den Titel geschaffen hat. War es die Kammer für Handelssachen, ist diese zuständig (St/J/Münzberg § 731 Rz 11). Die Zuständigkeit des Familiengerichts ist begründet, wenn der titulierte Anspruch eine Familiensache ist. Wurde der Anspruch in einem Rechtsstreit, der keine Familiensache zum Gegenstand hatte, tituliert (zB bei einem vor dem LG geschlossenen Unterhaltsvergleich), ist aber das Erkenntnisverfahren nunmehr eine Familiensache, ist das Prozessgericht zuständig (Stuttg Rpfleger 79, 145; Köln Rpfleger 79, 28). Soweit eine Klausel für einen Vollstreckungsbescheid begehrt wird, gilt § 797 III, bei gerichtlichen und notariellen Urkunden § 797 V. Für andere vollstreckbare Urkunden sind §§ 800 III, 800a II, §§ 109 III, 114 III GenG; § 202 InsO und § 1062 I Nr 4 (Schiedssprüche) anzuwenden.

II. Statthafte Klageart.

 

Rn 3

Die Klage nach § 731 ist ihrer Rechtsnatur nach eine prozessuale Feststellungsklage, die sich ihrem Begehren nach auf die Erteilung der Klausel richtet (BGHZ 72, 23, 28 f = NJW 78, 1975). Sie hat keinen Leistungscharakter, weil der beklagte Schuldner die Klausel nicht selbst erteilen kann. Auch fehlt ihr der Gestaltungscharakter, weil die Klauselerteilung nicht durch das Prozessgericht erfolgt (MüKoZPO/Wolfsteiner § 731 Rz 5 mwN). Die Klage nach § 731 ist statthaft, soweit es um die Klauselerteilung für Urteile nach § 704 I geht, wegen § 795 aber auch bei allen anderen Titeln, die die ZPO kennt. Die Erhebung der Klage nach § 731 hemmt die Verjährung nach § 204 I Nr 1 BGB. Die Klage muss dem Prozessbevollmächtigten des Gegners im ursprünglichen Prozess zugestellt werden, §§ 172 I 2, 81. Wegen § 261 III Nr 1 ist die Klage nach § 731 unzulässig, solange der Rechtsstreit zwischen dem (Alt-)Gläubiger und dem Schuldner noch rechtshängig schwebt. Die Klage auf Klauselerteilung kann, soweit der Gerichtsstand das zulässt, auch im Wege der Widerklage erhoben werden, insb gegen eine Vollstreckungsabwehrklage (MüKoZPO/Wolfsteiner § 731 Rz 9).

III. Klauseltyp und besonderes Feststellungsinteresse.

 

Rn 4

Bei der Klausel, die mit der Erteilungsklage nach § 731 begehrt wird, muss es sich um eine sog qualifizierte iSd §§ 726, 727–729 handeln. Auf eine sog einfache Klausel nach § 725 kann sich die Klauselerteilungsklage nicht richten. Denn um sie zu erhalten, müssen keine öffentlichen oder öffentlich beglaubigten Urkunden vorgelegt werden. Der Titel muss seiner Art nach ›klauselfähig‹ sein, also grds geeignet sein, mit einer Klausel versehen zu werden. Das ist der Fall, wenn er wirksam ist (Musielak/Lackmann § 731 Rz 4). Die Klage nach § 731 ist mangels eines besonderen Feststellungsinteresses dann nicht zulässig, wenn für die Klauselerteilung ein Nachweis durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden nicht geführt werden muss, weil die Tatsachen, um die es geht, offenkundig oder formgültig zugestanden worden sind (§ 726 Rn 7). Besondere Zulässigkeitsvoraussetzung ist schließlich, dass der erforderliche Urkundennachweis nicht oder nicht in der notwendigen Form geführt werden kann (s Rn 1). Ist das aber möglich, ist die Klage ebenso unzulässig wie im Fall des nicht erforderlichen Urkundennachweises. Das Merkmal ist lex specialis zum allgemeinen Feststellungsinte...

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