Gesetzestext

 

Die Restitutionsklage findet statt:

1. wenn der Gegner durch Beeidigung einer Aussage, auf die das Urteil gegründet ist, sich einer vorsätzlichen oder fahrlässigen Verletzung der Eidespflicht schuldig gemacht hat;
2. wenn eine Urkunde, auf die das Urteil gegründet ist, fälschlich angefertigt oder verfälscht war;
3. wenn bei einem Zeugnis oder Gutachten, auf welches das Urteil gegründet ist, der Zeuge oder Sachverständige sich einer strafbaren Verletzung der Wahrheitspflicht schuldig gemacht hat;
4. wenn das Urteil von dem Vertreter der Partei oder von dem Gegner oder dessen Vertreter durch eine in Beziehung auf den Rechtsstreit verübte Straftat erwirkt ist;
5. wenn ein Richter bei dem Urteil mitgewirkt hat, der sich in Beziehung auf den Rechtsstreit einer strafbaren Verletzung seiner Amtspflichten gegen die Partei schuldig gemacht hat;
6. wenn das Urteil eines ordentlichen Gerichts, eines früheren Sondergerichts oder eines Verwaltungsgerichts, auf welches das Urteil gegründet ist, durch ein anderes rechtskräftiges Urteil aufgehoben ist;
7.

wenn die Partei

a) ein in derselben Sache erlassenes, früher rechtskräftig gewordenes Urteil oder
b) eine andere Urkunde auffindet oder zu benutzen in den Stand gesetzt wird, die eine ihr günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würde;
8. wenn der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte eine Verletzung der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten oder ihrer Protokolle festgestellt hat und das Urteil auf dieser Verletzung beruht.

A. Normzweck und dogmatische Einordnung.

 

Rn 1

Die Restitutionsklage bezweckt die Wiederaufnahme und Neuverhandlung eines rechtskräftig abgeschlossenen Prozesses, dessen Urteilsgrundlagen in besonders schwerwiegender Weise bzw evident verfälscht sind. Weil die ansonsten auch unrichtigen Urteilen zukommende Rechtskraft in solchen Fällen hinter die materielle Gerechtigkeit zurücktreten muss (s vor §§ 578 ff Rn 1), kann die betroffene Partei nicht an dem Urt festgehalten werden (vgl BGHZ 38, 333, 336 f; 103, 121, 125f). Die Norm geht davon aus, dass bestimmten Beweismitteln besondere tatsächliche oder gesetzliche Beweiskraft zukommt, woran sämtliche Restitutionsgründe anknüpfen (Gaul Die Grundlagen des Wiederaufnahmerechts und die Ausdehnung der Wiederaufnahmegründe, [56], S 80–87; anders Braun, Rechtskraft und Restitution, Teil 2, [85], S 30–36, 250–255). Urteile, die auf solchen Beweismitteln gründen, sind in diesen Grundlagen evident erschüttert, wenn ein Restitutionsgrund vorliegt.

Wie die Nichtigkeitsklage strebt die Restitutionsklage eine neue Verhandlung eines bereits durch rechtskräftige Entscheidung abgeschlossenen Verfahrens an. Im Unterschied zur Nichtigkeitsklage rechtfertigen alle Restitutionsgründe eine Wiederaufnahme aber nur dann, wenn auf sie das Urt gegründet ist: Zwischen dem Restitutionsgrund und dem Urt muss ein ursächlicher Zusammenhang bestehen; erst dadurch wird die Urteilsgrundlage erschüttert.

B. Die einzelnen Tatbestandsvoraussetzungen.

I. Zulässigkeit und Begründetheit der Restitutionsklage.

 

Rn 2

Im Rahmen der dreistufigen Prüfung bei der Wiederaufnahme (s vor §§ 578 ff Rn 3) weist § 580 auf die Zulässigkeitsvoraussetzung der schlüssigen Behauptung des Restitutionsgrundes (s § 579 Rn 18, 20) hin. Dazu gehört auch die Behauptung zur Kausalität, also zum Beruhen des Urteils auf dem Restitutionsgrund, was bereits dann der Fall ist, wenn nicht ausgeschlossen werden kann, dass das Urt ohne den Restitutionsgrund einen anderen – nicht unbedingt für den Restitutionskläger günstigeren – Inhalt aufweisen würde (Musielak/Voit/Musielak § 580 Rz 3). Hierfür wiederum genügt es, wenn das Urt auf einem Tatsachenstoff oder rechtlichen Wertungen beruht, die von dem Restitutionsgrund ergriffen sind (R/S/G § 161 Rz 10). Zur Bedeutung für die einzelnen Restitutionsgründe s jew ebd.

Für die Statthaftigkeit setzt § 581 I zudem in den Fällen von § 580 Nr 1–5 zusätzlich die rechtskräftige Verurteilung wegen des Restitutionsgrundes voraus, wobei es allein auf das ›ob‹ der Verurteilung, nicht auf deren inhaltliche Richtigkeit ankommt (zuletzt instruktiv Gaul FS Matsumoto, 715, 752 ff). § 582 regelt die Statthaftigkeitsvoraussetzung der Subsidiarität jeder Restitutionsklage ggü der Einlegung von Rechtsmitteln, was zum Tragen kommt, wenn der Grund bei hinreichender Sorgfalt schon im Vorprozess hätte geltend gemacht werden können. Das Rechtsschutzbedürfnis entfällt nicht schon dadurch, dass der Restitutionsbeklagte verbindlich auf seine Rechte aus dem rechtskräftigen Verletzungsurteil verzichtet, denn daraus kann der Kläger nicht vollstrecken (Ddorf GRUR-RR 20, 414).

 

Rn 3

Begründet ist die Restitutionsklage, wenn ein Restitutionsgrund tatsächlich vorliegt, so dass es zur Neuverhandlung kommt. Umstritten ist dabei, ob es in den Fällen von Nr 1–5 für die Begründetheit auf die Verurteilung (§ 581) oder die Straftat ankommt, wobei davon auch abhängt, ob das Restitutionsgericht die Straftat selbstständig prüfen darf. Dabei besteht nach der heute wohl hM keine inhaltliche Bindung an das Strafurteil, so dass die Straftat im iudicium rescindens selbstständig zu prüfen...

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