Gesetzestext

 

Erfolgt die Verurteilung zur Vornahme einer Handlung, so kann der Beklagte zugleich auf Antrag des Klägers für den Fall, dass die Handlung nicht binnen einer zu bestimmenden Frist vorgenommen ist, zur Zahlung einer Entschädigung verurteilt werden; das Gericht hat die Entschädigung nach freiem Ermessen festzusetzen.

A. Allgemeines.

 

Rn 1

Die Regelung eröffnet dem Gericht im amtsgerichtlichen Verfahren die zusätzliche Möglichkeit, über den Anwendungsbereich des § 259 hinaus gleichzeitig mit der Verurteilung und Fristsetzung gem § 255 betreffend die Erfüllung der in § 510b bezeichneten Ansprüche auch eine Verurteilung zu einer Entschädigungszahlung für den Fall der Nichterfüllung innerhalb der Frist auszusprechen. Dies soll der Vereinfachung und Beschleunigung der prozessualen Durchsetzung entsprechender Primäransprüche dienen, birgt insoweit aber sowohl für den Kl wie auch den Beklagten Risiken der Schlechterstellung im Verhältnis zu der in diesen Fallkonstellationen grds vorgesehenen Durchführung zweier gesonderter Verfahren betreffend den Primäranspruch und den überhaupt erst mit dessen Nichterfüllung entstehenden Sekundäranspruch auf Schadensersatz. So begibt sich etwa der Kl bei Antragstellung gem § 510b und dessen Anwendung wegen § 888a der Vollstreckungsmöglichkeit des titulierten Primäranspruchs, der Schuldner wird mit späteren Einwendungen gegen den (sekundären) Entschädigungsanspruch auf die Erhebung einer Vollstreckungsgegenklage gem § 767 und damit in die Angriffs- statt in die regelmäßig für ihn vorteilhaftere Verteidigungsposition verwiesen. Darüber hinaus kann eine uU langwierige Beweisaufnahme über den Entschädigungsanspruch die Entscheidung über den Primäranspruch ggf erheblich verzögern,

B. Anwendbarkeit.

I. Handlung.

 

Rn 2

Anwendbar ist § 510b nur auf Klagen betreffend die Vornahme einer vertretbaren oder unvertretbaren Handlung iSv §§ 887, 888 und 889, selbst wenn deren Erzwingung unzulässig gem § 888 III wäre (St/J/Leipold Rz 3; Musielak/Wittschier Rz 1 mwN). § 510b gilt daher zwar etwa für die Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung (etwa gem § 259 II BGB, § 889), nicht aber für Duldung und Unterlassung (§ 890), die Herausgabe von Sachen (§§ 883–885, Köln MDR 50, 432) oder die Abgabe von Willenserklärungen, auch wenn sie iwS auf Vornahme einer Handlung gerichtet sind (Köln OLGZ 1976, 477; MüKoZPO/Deubner Rz 2 mwN), außerdem nicht für Verfahren im Anwendungsbereich des FamFG, insb für Ehesachen und Familienstreitsachen, § 113 I 2 FamFG (bzw nach altem Recht güterrechtliche Streitigkeiten, Folgesachen und Lebenspartnerschaftsverfahren gem §§ 608, 621b, 624 III, 661 I Nr 3, II aF).

II. Verfahren vor dem AG.

 

Rn 3

Weil § 510b lediglich im Verfahren vor den Amtsgerichten Anwendung findet, ist ein entsprechendes Vorgehen nach Verweisung an das LG gem § 506 ebenfalls nicht mehr möglich.

III. Keine Verweisung.

 

Rn 4

Umgekehrt führt die Geltendmachung des Sekundäranspruches nicht zu einer Unzuständigkeit des AG und einer Verweisungsmöglichkeit gem § 506, selbst wenn der Sekundäranspruch entweder gemeinsam mit dem Primäranspruch oder auch allein den Zuständigkeitsstreitwert des AG übersteigt (Musielak/Wittschier Rz 3). Der Zuständigkeitsstreitwert bestimmt sich nämlich alleine nach dem Primäranspruch, da es sich bei einem Vorgehen gem § 510b um eine Eventualklagehäufung iSd § 260 handelt (MüKoZPO/Deubner Rz 7; Musielak/Wittschier Rz 3 jew mwN; aA B/L/H/A/G/Bünnigmann Rz 4 – ›Zwischenantrag‹; St/J/Leipold Rz 2 – ›Inzidentantrag‹) mit der Besonderheit, dass bei Erlass des Urteils noch nicht feststeht, ob die Bedingung betreffend den Sekundärausspruch, die Nichterfüllung des Primäranspruches innerhalb der Frist, überhaupt eintritt (Zö/Herget Rz 9) und aus der Vorschrift des § 510b auch hervorgeht, dass über Primär- und Sekundäranspruch einheitlich durch dasselbe (Amts-)gericht entschieden werden soll (MüKoZPO/Deubner Rz 27). Aus diesem Grund und wegen der Identität der Streitgegenstände verbietet sich auch eine Streitwertaddition gem § 5 (vgl etwa Schneider MDR 1984, 853, Musielak/Wittschier Rz 3). Eine entgegen diesen Grundsätzen erfolgte Verweisung wäre für das LG nicht bindend (B/L/H/A/G/Bünnigmann Rz 4).

IV. Entschädigung.

 

Rn 5

Durch § 510b wird kein materieller Entschädigungsanspruch geschaffen, vielmehr setzt die Geltendmachung einer entsprechenden Sekundärforderung eine diesbezügliche Anspruchsgrundlage im materiellen Recht, etwa gem §§ 280, 281 BGB oder aufgrund einer Vertragsstrafenregelung, voraus (vgl etwa ThoPu/Reichold Rz 9). Dies bezieht sich jedoch nur auf den Nichterfüllungsschaden. Für den Verzögerungsschaden gilt § 510b nicht (MüKoZPO/Deubner Rz 3). Die Höhe der Entschädigung schätzt das Gericht gem § 287. Der Beklagte kann sich gegen den geltend gemachten Entschädigungsanspruch im Verfahrenen nicht mit der Aufrechnung einer evtl bestehenden Gegenforderung wenden, weil es sich um einen zukünftigen Entschädigungsanspruch handelt (§§ 387, 389 BGB), gegen den der Beklagte bei Entstehung durch Eintritt der Bedingung der nicht fristgerechten Erfüllung des Primäranspruches erst im Wege der Vollstreckungsgegen...

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