Gesetzestext

 

(1) Vor der Vernehmung wird der Zeuge zur Wahrheit ermahnt und darauf hingewiesen, dass er in den vom Gesetz vorgesehenen Fällen unter Umständen seine Aussage zu beeidigen habe.

(2) 1Die Vernehmung beginnt damit, dass der Zeuge über Vornamen und Zunamen, Alter, Stand oder Gewerbe und Wohnort befragt wird. 2Erforderlichenfalls sind ihm Fragen über solche Umstände, die seine Glaubwürdigkeit in der vorliegenden Sache betreffen, insbesondere über seine Beziehungen zu den Parteien vorzulegen.

A. Ermahnungen und Hinweise.

 

Rn 1

Gemäß § 395 I ist der Zeuge zunächst zur Wahrheit zu ermahnen und auf die eventuelle Eidesleistung hinzuweisen. § 394 I gilt hier nicht, so dass mehrere gleichzeitig erschienene Zeugen gleichzeitig belehrt werden können. Bei § 395 I handelt es sich um eine reine Ordnungsvorschrift (Brandbg 17.3.04 – 4 U 49/02, Rz 91; LAG Köln LAGE § 615 BGB 2002 Nr 3; Zö/Greger § 395 Rz 1; Musielak/Huber § 395 Rz 1), deren Verletzung aber die strafrechtliche Schuld eines Zeugen bei Verstößen gem §§ 153 f StGB herabsetzen kann. Auf diese strafrechtlichen Folgen einer Falschaussage ist der Zeuge zwar nicht zwingend hinzuweisen, tunlich ist dies aber allemal. Andererseits sind Belehrungen, die den Zeugen zu verwirren, einzuschüchtern oder zu verstimmen geeignet sind und die deshalb seine Aussagebereitschaft herabsetzen könnten, zu unterlassen. Außerdem sollten Zeugen nicht überfordert werden: Belehrungen gem §§ 383 und 384 sollten erst dann erfolgen, wenn die sachlichen Anhaltspunkte dafür auftreten oder zur Sprache kommen, die Belehrung nach § 480 erst dann, wenn die Beeidigung des Zeugen unmittelbar bevorsteht (aA offenbar Zö/Greger § 395 Rz 1).

B. Feststellungen zur Person.

 

Rn 2

Die Vernehmung und damit die Beweisaufnahme beginnt erst (LAG Schleswig-Holstein LZA-RR 04, 551) gem § 395 II mit den notwendigen Feststellungen zu den Personalien des Zeugen; auch insoweit gilt die Wahrheitspflicht (Musielak/Huber § 395 Rz 1 aE), auf die gem § 395 I hinzuweisen ist. Hinsichtlich der Anschrift des Zeugen ist eine entsprechende Anwendung von § 68 I 2, II, III StPO in vielen Fällen nicht erforderlich (so aber Musielak/Huber § 395 Rz 2), wenn man den ›Wohnort‹ richtig dahin versteht, dass der Zeuge nur die politische Gemeinde, in der er gemeldet ist, nicht aber seine volle Privatanschrift anzugeben hat. IÜ, va bei Amtsträgern oder gefährdeten Zeugen, ist einer Analogie zu § 68 durchaus nahezutreten (Zö/Greger § 395 Rz 2); eine dem Strafprozess vergleichbare Gefährdungssituation ist für Zeugen im Zivilprozess ohne weiteres denkbar, in der ZPO aber ausdrücklich nicht vorgesehen, was die Annahme einer planwidrigen Regelungslücke rechtfertigt. ›Stand‹ meint nicht den Familienstand, sondern die berufliche Stellung (Zö/Greger § 395 Rz 2).

C. Fragen zur Glaubwürdigkeit.

 

Rn 3

Die Fragen gem § 395 II 2 (hierzu Geipel/Prechtel, MDR 11, 336, 338) werden in der Praxis beinahe ausschließlich auf die Beziehungen zu den Parteien abzielen. Dies ist schon deshalb erforderlich, um abzuklären, ob der Zeuge auf ein gem § 383 I Nr 1–3, § 384 Nr 1, 2 bestehendes Zeugnisverweigerungsrecht hinzuweisen ist. Ob die Frage an den Zeugen nach der Herkunft seines Wissens zu § 395 II 2 gehört (so Zö/Greger § 395 Rz 3) oder bereits zum Beweisthema nach § 396 (so Musielak/Huber § 395 Rz 2; hierfür spricht jedenfalls der Wortlaut des § 396 II), ist für die diesbezügliche Wahrheitspflicht des Zeugen irrelevant.

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