Gesetzestext

 

(1) 1Wird das Zeugnis oder die Eidesleistung ohne Angabe eines Grundes oder aus einem rechtskräftig für unerheblich erklärten Grund verweigert, so werden dem Zeugen, ohne dass es eines Antrages bedarf, die durch die Weigerung verursachten Kosten auferlegt. 2Zugleich wird gegen ihn ein Ordnungsgeld und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft festgesetzt.

(2) 1Im Falle wiederholter Weigerung ist auf Antrag zur Erzwingung des Zeugnisses die Haft anzuordnen, jedoch nicht über den Zeitpunkt der Beendigung des Prozesses in dem Rechtszug hinaus. 2Die Vorschriften über die Haft im Zwangsvollstreckungsverfahren gelten entsprechend.

(3) Gegen die Beschlüsse findet die sofortige Beschwerde statt.

A. Zweck der Norm.

I. Zeugenpflichten.

 

Rn 1

Der Zeuge ist verpflichtet, auf ordnungsgemäße Ladung vor dem Gericht zu erscheinen. Die Folgen eines Verstoßes gegen diese Pflicht, also eines Ausbleibens, regelt § 380. Der Zeuge ist außerdem verpflichtet, auszusagen und ggf seine Aussage zu beeiden, § 393. Die Durchsetzung dieser beiden letztgenannten, öffentlich-rechtlichen Pflichten ist in § 390 geregelt.

II. Weigerung ohne Grund.

 

Rn 2

Gibt der Zeuge für die Verweigerung des Zeugnisses oder der Eidesleistung keinen oder lediglich einen mit Rücksicht auf die gesetzliche Wertung der §§ 383 f abwegigen Grund an (Frankf NJW-RR 12, 832 [OLG Karlsruhe 19.03.2012 - 2 WF 3/12], Rz 2), so ist gegen ihn gem § 390 zu verfahren.

III. Weigerung nach rechtskräftigem Zwischenurteil.

1. Verweigerung des Zeugnisses.

 

Rn 3

Gibt der Zeuge für die Verweigerung des Zeugnisses einen grds beachtlichen Grund an, so sind Zwangsmaßnahmen gem § 390 erst nach Herbeiführung eines rechtskräftigen Zwischenurteils gegen den Zeugen gem § 387 statthaft. Die Verhängung von Ordnungsmaßnahmen auf der Grundlage eines vorläufig vollstreckbaren Zwischenurteils kommt nicht in Betracht (§ 387 Rn 9). Außerdem ist stets zu beachten, dass der Zeuge trotz eines Zwischenurteils nach § 387 mangels Präklusionsvorschrift nicht gehindert ist, neue Tatsachen zur Begründung eines anderweitigen Zeugnisverweigerungsrechts vorzutragen (§ 387 Rn 12).

2. Verweigerung der Eidesleistung.

 

Rn 4

Verweigert der Zeuge mit einem beachtlichen Grund die Eidesleistung, so ist entgegen dem irreführenden Wortlaut des § 390 (Musielak/Huber § 390 Rz 1) insoweit nicht ein Zwischenurteil gem § 387 herbeizuführen. Über die Berechtigung der Weigerung des Zeugen ist vielmehr im hiesigen Verfahren des § 390 unmittelbar zu entscheiden (Zö/Greger § 390 Rz 3), und zwar materiell anhand §§ 391, 393 (§ 391 Rn 8).

B. Zwangsmaßnahmen bei erstmaliger Weigerung.

 

Rn 5

Im Fall der erstmaligen Verweigerung des Zeugnisses oder der Eidesleistung entsprechen die zu verhängenden Ordnungsmittel denen, die als Reaktion des Gerichts gem § 380 I auf unberechtigtes erstmaliges Ausbleiben vorgesehen sind (§ 380 Rn 7). Es sind also – auch ohne Antrag einer Partei – die durch die Weigerung entstehenden Kosten dem Zeugen aufzuerlegen und es ist gegen ihn ein Ordnungsgeld, ersatzweise Ordnungshaft festzusetzen.

C. Zwangsmaßnahmen bei wiederholter Weigerung.

 

Rn 6

Aus dem Fehlen einer § 380 II entsprechenden Vorschrift ist zu schließen, dass das gem § 390 I 2 zu verhängende Ordnungsgeld nicht mehrfach festgesetzt werden darf. Vielmehr ist – indessen nur auf Antrag, dessen Unterlassen Verzicht auf den Zeugen gem § 399 darstellt – Zwangshaft (Beugehaft) zu verhängen, längstens jedoch bis zum Ende des Prozesses in der derzeitigen Instanz (§ 390 II 1), oder bis zum Verzicht des Zeugen auf die Aussageverweigerung, oder bis zum Verzicht des Beweisführers auf den Zeugen (Zö/Greger § 390 Rz 8). Für die Haft gelten außerdem gem § 390 II 2 insb die Vorschriften der §§ 901, 904–913 entsprechend. Es ist also ein den Zeugen und den Grund seiner Verhaftung bezeichnender Haftbefehl zu erlassen, der dem Zeugen zu verkünden oder – bei Erlass in seiner Abwesenheit – zuzustellen ist (§ 329 III). Der Haftbefehl enthält keine Hafthöchstdauer; diese beträgt allerdings kraft Gesetzes 6 Monate (§ 913 S 1), wobei für die Fristberechnung Haftzeiten verschiedener Instanzen zu addieren sind. Andererseits kann bei erneuter Weigerung zu einem neuen Beweisthema § 390 erneut in vollem Umfang ausgeschöpft werden (Zö/Greger § 390 Rz 7).

D. Zuständigkeit und Verfahren.

 

Rn 7

Zuständig für den Erlass der Maßnahmen gem § 390 ist grds das Prozessgericht, gem § 400 bei fehlender (§ 386) oder bei rechtskräftig für unbeachtlich erklärter Weigerung (§ 387) auch der beauftragte oder ersuchte Richter (§ 400 Rn 2). Schon vor Rechtskraft des entsprechenden Beschlusses ist das Verfahren durch erneute Terminierung fortzusetzen, wobei der Zeuge erneut zu laden ist gem § 377 (Zö/Greger § 390 Rz 4).

E. Rechtsmittel.

I. Anordnung der Zwangsmaßnahmen.

 

Rn 8

Gegen die Anordnung der Zwangsmaßnahmen ist – mit aufschiebender Wirkung (§ 570 I) – die sofortige Beschwerde des Zeugen statthaft, es sei denn, das LG hat als Berufungsinstanz entschieden (§ 567 I: ›im ersten Rechtszug‹).

II. Unterbleiben der Zwangsmaßnahmen.

 

Rn 9

Verhängt das Gericht Maßnahmen gem § 390 nicht, so steht der hiervon nachteilig betroffenen Partei gem § 567 I Nr 2 (Musielak/Huber § 390 Rz 3) gleichfalls die sofortige Beschwerde zu.

III. Rechtsbeschwerde.

 

Rn 10

Die Statthaftigkeit der Rechtsbeschwerde setzt gem § 574 I Nr 2 deren Zulassung durch das Beschwerdegericht voraus.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt HSO FV Sachsen online Kompaktversion. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen