Gesetzestext

 

(1) 1Soweit es die Aussage über seine Wahrnehmungen erleichtert, hat der Zeuge Aufzeichnungen und andere Unterlagen einzusehen und zu dem Termin mitzubringen, wenn ihm dies gestattet und zumutbar ist. 2Die §§ 142 und 429 bleiben unberührt.

(2) Kommt der Zeuge auf eine bestimmte Anordnung des Gerichts der Verpflichtung nach Absatz 1 nicht nach, so kann das Gericht die in § 390 bezeichneten Maßnahmen treffen; hierauf ist der Zeuge vorher hinzuweisen.

A. Zweck der Norm.

 

Rn 1

Zeugen werden häufig erhebliche Gedächtnisleistungen abverlangt, insb wenn sie über längere Zeit zurückliegende Wahrnehmungen aussagen sollen. § 378 dient dazu, die Verwirklichung der Zeugenpflicht zur wahrheitsgemäßen und vollständigen Aussage praktikabel zu halten. Der Zeuge soll und darf also sein Gedächtnis durch Einsicht in seine Unterlagen auffrischen. Zu Recht wird freilich auf die Gefahr hingewiesen, dass der Zeuge bei seiner Vernehmung dann den Inhalt der Unterlagen wiedergibt, nicht aber das, woran er sich tatsächlich erinnert (Hoffmann/Maurer NJW 18, 257, 260).

B. Zu den Voraussetzungen iE.

I. Vorhandene Unterlagen.

 

Rn 2

§ 378 betrifft vorhandene Unterlagen. Der Zeuge ist also nicht verpflichtet, derartige Unterlagen erst herzustellen oder zu beschaffen. Soll ein Zeuge über eine Vielzahl von Geschäftsvorfällen berichten, kann ihm abverlangt werden, die hierzu vorhandenen Einzelunterlagen, soweit für ihn greifbar, einzusehen, nicht aber, hieraus eine tabellarische oder zusammenfassende Übersicht aufzubereiten.

II. Vorlagepflicht.

 

Rn 3

§ 378 begründet keine allgemeine durchsetzbare Pflicht des Zeugen, vorhandene Unterlagen vorzulegen (Zö/Greger § 378 Rz 2). Vielmehr muss der Zeuge – unter der Voraussetzung der Zumutbarkeit – nur solche Unterlagen einsehen und vorlegen, die ihm die Aussage erleichtern. Dies begründet keine Verpflichtung des Gerichts (etwa ggü der beweisführenden Partei), dem Zeugen bei der Beschaffung dieser Unterlagen behilflich zu sein (Kobl OLGR Kobl 07, 915: inhaftierter Zeuge). §§ 378 I 2, 142 I, II eröffnen dagegen dem Gericht die Möglichkeit, bei Vorliegen der dort genannten Voraussetzungen einem Dritten (dh: dem Zeugen) die Vorlage von Urkunden und sonstigen Unterlagen aufzuerlegen. Gemäß § 378 I 2, 429 kann auch die Partei den Dritten (Zeugen) zur Urkundenvorlage ›nötigen‹, indessen nur durch Klage.

Ein Zeugnisverweigerungsrecht lässt auch die Vorlagepflicht entfallen (BeckOKZPO/Scheuch, § 378 Rz 5).

III. Zwangsmaßnahmen.

 

Rn 4

Zwangsmaßnahmen gegen den Zeugen gem § 390 sind nur bei Einhaltung der in § 378 II genannten Voraussetzungen möglich. Das Gericht hat hierzu eine ›bestimmte‹ Anordnung zu treffen. Hierfür reicht der allgemeine Hinweis auf § 378 I nicht aus (Zö/Greger § 378 Rz 3). Vielmehr wird das Gericht die vorzulegende Urkunde so genau zu bezeichnen haben, dass für den Zeugen der Inhalt seiner diesbezüglichen Zeugenpflicht klar erkennbar wird. Die Anordnung muss sich aber gleichzeitig auf von § 378 I erfasste Unterlagen beziehen. Letztere müssen also für den Zeugen greifbar sein, und dies muss für das Gericht nachvollziehbar sein. Schließlich muss der Zeuge auf drohende Zwangsmaßnahmen zuvor hingewiesen worden sein.

Dies wird es für die Praxis nahelegen, ›bestimmte Anordnungen‹ erst in einem ersten für einen zweiten Termin zur Vernehmung desselben Zeugen zu treffen, um Parteien und Zeugen Gelegenheit zu geben, die vorzulegenden Dokumente hinreichend genau zu bezeichnen, und zur Frage, ob die Vorlage dem Zeugen gestattet und zumutbar ist (§ 378 I), vorzutragen.

C. Rechtsmittel.

I. Zeugen.

 

Rn 5

Gegen die Anordnungen, auch gegen bestimmte Anordnungen nach § 378 I, II steht dem Zeugen gem § 355 II kein Rechtsmittel zu. Gegen Zwangsmaßnahmen wegen Verletzung der Vorlagepflicht kann er sich dagegen mit der sofortigen Beschwerde gem §§ 378 II, 390 III wehren.

II. Parteien.

 

Rn 6

Maßnahmen nach § 378 stehen im Ermessen des Gerichts. Wird aber durch Unterlassen derartiger Anordnungen der Zeugenbeweis nicht ausgeschöpft, stellt dies einen mit Berufung und/oder Revision anzugreifenden Fehler dar (BGH ZIP 93, 1307, juris Rz 9; Zö/Greger § 378 Rz 5).

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