Gesetzestext

 

(1) 1Auf private elektronische Dokumente, die mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen sind, finden die Vorschriften über die Beweiskraft privater Urkunden entsprechende Anwendung. 2Der Anschein der Echtheit einer in elektronischer Form vorliegenden Erklärung, der sich auf Grund der Prüfung der qualifizierten elektronischen Signatur nach Artikel 32 der Verordnung (EU) Nr. 910/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Juli 2014 über elektronische Identifizierung und Vertrauensdienste für elektronische Transaktionen im Binnenmarkt und zur Aufhebung der Richtlinie 1999/93/EG (ABl. L 257 vom 28.8.2014, S. 73) ergibt, kann nur durch Tatsachen erschüttert werden, die ernstliche Zweifel daran begründen, dass die Erklärung von der verantwortenden Person abgegeben worden ist.

(2) Hat sich eine natürliche Person bei einem ihr allein zugeordneten De-mail-Konto sicher angemeldet (§ 4 Absatz 1 Satz 2 des De-Mail-Gesetzes), so kann für eine von diesem De-Mail-Konto versandte elektronische Nachricht der Anschein der Echtheit, der sich aus der Überprüfung der Absenderbestätigung gemäß § 5 Absatz 5 des De-Mail-Gesetzes ergibt, nur durch Tatsachen erschüttert werden, die ernstliche Zweifel daran begründen, dass die Nachricht von dieser Person mit diesem Inhalt versandt wurde.

(3) 1Auf elektronische Dokumente, die von einer öffentlichen Behörde innerhalb der Grenzen ihrer Amtsbefugnisse oder von einer mit öffentlichem Glauben versehenen Person innerhalb des ihr zugewiesenen Geschäftskreises in der vorgeschriebenen Form erstellt worden sind (öffentliche elektronische Dokumente), finden die Vorschriften über die Beweiskraft öffentlicher Urkunden entsprechende Anwendung. 2Ist das Dokument von der erstellenden öffentlichen Behörde oder von der mit öffentlichem Glauben versehenen Person mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen, gilt § 437 entsprechend. 3Das Gleiche gilt, wenn das Dokument im Auftrag der erstellenden öffentlichen Behörde oder der mit öffentlichem Glauben versehenen Person durch einen akkreditierten Diensteanbieter mit seiner qualifizierten elektronischen Signatur gemäß § 5 Absatz 5 des De-Mail-Gesetzes versehen ist und die Absenderbestätigung die erstellende öffentliche Behörde oder die mit öffentlichem Glauben versehene Person als Nutzer des De-Mail-Kontos ausweist.

A. Normzweck.

 

Rn 1

Gemäß § 371 I 2 unterliegen elektronische Dokumente nicht, wie eigentlich nahe liegend, den Regeln über den Urkundsbeweis, sondern dem Augenscheinsbeweis. Durch § 371a I 1 gelten aber hinsichtlich der Beweiskraft derartiger Dokumente doch die Urkundsregeln, nämlich grds diejenigen für private Urkunden. Hinsichtlich behördlicher Dokumente wird in Abs 3 auf die Regeln über öffentliche Urkunden verwiesen.

B. Private elektronische Dokumente.

I. Beweiskraft.

 

Rn 2

Voraussetzung für die Beweiskraft privater elektronischer Dokumente ist gem § 371a I 1, dass sie mit einer qualifizierten elektronischen Signatur (qeS) versehen sind. Das hierzu erlassene SigG ist mit Wirkung vom 29.07.17 aufgehoben worden (Art. 12 I 2 des Gesetzes vom 18.7.17, BGBl. 2017 I, 2745). Das Vorliegen der Voraussetzungen des § 371a richtet sich nunmehr nach der VO (EU) 910/2014 (eIDAS-VO, ABl Nr L 257 vom 28.8.14, S 73; s hierzu Heinze/Prado Ojea CR 18, 37, 40 ff).) Gem dem im dortigen Art 32 beschriebenen Verfahren für die Validierung einer qeS wird die Gültigkeit einer qeS bestätigt. Unter dieser Voraussetzung liefert das private elektronische Dokument den vollen Beweis dafür, dass die in ihm enthaltenen Erklärungen ›von den Ausstellern abgegeben worden sind‹ (§§ 371a I 1, 416), übertragen in den hier interessierenden Zusammenhang: dass die im Dokument enthaltene Erklärung von der verantwortenden Person (Zö/Greger, § 371a Rz 2) abgegeben worden ist.

II. Erklärung.

 

Rn 3

Die in § 371a I 2 angesprochene ›Erklärung‹ muss keine Willenserklärung sein; es kann sich hierbei ebenso gut um eine Wissenserklärung handeln, zB um eine Quittung über den Empfang von Bargeld (Musielak/Huber § 371a Rz 2).

III. Anscheinsbeweis.

 

Rn 4

1. § 371a I 2 kodifiziert einen Anscheinsbeweis zugunsten des Empfängers eines elektronischen Dokuments, wenngleich darauf zu verweisen ist, dass die eigentlichen Voraussetzungen des Anscheinsbeweises (nämlich Vorliegen eines typischen Geschehensablaufs, der nach der Lebenserfahrung auf bestimmte Umstände hinweist), hier gerade nicht gegeben sind (Musielak/Huber § 371a Rz 7; Roßnagel NJW 01, 1917, 1826 zur Vorläufervorschrift des § 292a ZPO). Für lediglich eingescannte Urkunden gilt § 371a dagegen nicht (Roßnagel/Wilke NJW 06, 2145, 2147 ff).

 

Rn 5

2. Im Ergebnis schützt § 371a I 2 den Empfänger vor dem naheliegenden Einwand des Prozessgegners, letzterer habe eine in elektronischer Form abgegebene Erklärung nicht oder nicht so abgegeben, wie der Empfänger sie vorträgt. Auf die diesen Einwand begründenden Tatsachen, die sämtlich in der Sphäre des Erklärenden liegen werden, hat der Empfänger naturgemäß keinen Einfluss; substantiiertes Vorbringen dazu erscheint daher ausgeschlossen. Hierauf reagiert das Gesetz mit der hier...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt HSO FV Sachsen online Kompaktversion. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen