Rn 10

Gemäß Abs 1 S 1 Nr 2 muss der Verstoß entscheidungserheblich gewesen sein. Auch eine Gehörsverletzung rechtfertigt die Zulassung der Revision nur dann, wenn das Berufungsgericht bei ordnungsgemäßer Gewährung des rechtlichen Gehörs eine für den Verletzten günstigere Entscheidung hätte fällen müssen (BGH NJW 06, 3786 Tz 5). Der Vortrag einer Entscheidungserheblichkeit ist schon für die Zulässigkeit von Bedeutung (Rn 8; BGH NJW 08, 378, 379 [BGH 21.11.2007 - IV ZR 321/05] Tz 3; GRUR-RR 11, 391), in der Begründetheitsprüfung ist ihr tatsächliches Vorliegen aufzuklären. Von einem entscheidungserheblichen Verstoß ist auszugehen, wenn nicht auszuschließen ist, dass das Gericht bei Wahrung des rechtlichen Gehörs und bei sonst richtiger Rechtsanwendung zu einer für die rügende Partei günstigeren Entscheidung gelangt wäre (BGH NJW 05, 2624, 2625 [BGH 09.06.2005 - V ZR 271/04]; NJW-RR 06, 428 [BGH 25.10.2005 - V ZR 241/04]; NJW-RR 11, 424 [BGH 19.08.2010 - VII ZB 2/09] Tz. 17; BeckRS 16, 19198 Tz 3 f; BVerfG NJW 09, 1585, 1586 [BVerfG 10.02.2009 - 1 BvR 1232/07]; vgl BVerfGE 46, 188, 192 f; 62, 347, 353; 89, 381, 392f). Die Maßstäbe der Kausalität entsprechen dem Beruhen bei §§ 545, 547. Es genügt die nicht auszuschließende Möglichkeit einer anderen Entscheidung (s aber Rn 8). Dabei darf aber nicht angenommen werden, dass das Gericht bei Wahrung des Gehörs zwar zugunsten der beschwerten Partei, aber materiell-rechtlich falsch entschieden hätte. Entscheidend ist daher die Rechtsauffassung des Gerichts. Bei mehreren Begründungssträngen muss die Erheblichkeit für alle dargelegt werden (BGH 12.1.17, III ZR 140/15 Tz 9).

Bei Übergehen von Beweisanträgen und Beweiserheblichkeit der jeweiligen Behauptung ist von der Entscheidungserheblichkeit auszugehen (BVerfGE 53, 219, 223; Zö/Feskorn Rz 12); bei anderen Gehörsverletzungen kommt es darauf an, wie die Partei oder das Gericht bei richtiger Handhabung reagiert hätten. Ist zB ein gerichtlicher Hinweis versäumt wurde, muss vorgetragen werden, was die Partei in Reaktion auf den Hinweis vorgebracht oder beantragt hätte (BAG NJW 05, 1885 [BAG 14.03.2005 - 1 AZN 1002/04]). Die Darlegung muss konkret erfolgen. Der Hinweis auf Parallelverfahren genügt ebenso wenig wie der allgemeine Hinweis, es wäre Vertagung beantragt worden, um ein umfassendes Rechtsgutachten einzuholen, ohne dessen Ergebnis darzulegen (BGH NJW 08, 378, 379 [BGH 21.11.2007 - IV ZR 321/05]). Der Rügeführer muss ggf ausführen, mit welchen rechtlichen Argumenten er der Rechtsansicht des Gerichts entgegengetreten und weshalb die Entscheidung ohne die Gehörsverletzung möglicherweise anders ausgefallen wäre. Der Gehörverstoß kann insoweit geheilt werden, wenn das Gericht in dem die Rüge zurückweisenden Beschl ergänzende Ausführungen macht; das gilt aber nur, wenn bloße Rechtsausführungen der Beschwer des Rügeführers abhelfen können, nicht bei Übergehen von Beweisanträgen (BVerfG NJW 09, 1660 LS)

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