Gesetzestext

 

(1) 1Unter liegt der in der Klage geltend gemachte Anspruch der Haftungsbeschränkung nach § 486 Abs. 1 oder 3, §§ 487 bis 487d des Handelsgesetzbuchs und macht der Beklagte geltend, dass

1. aus demselben Ereignis weitere Ansprüche, für die er die Haftung beschränken kann, entstanden sind und
2. die Summe der Ansprüche die Haftungshöchstbeträge übersteigt, die für diese Ansprüche in Artikel 6 oder 7 des Haftungsbeschränkungsübereinkommens (§ 486 Abs. 1 des Handelsgesetzbuchs) oder in den §§ 487, 487a oder 487c des Handelsgesetzbuchs bestimmt sind,

so kann das Gericht das Recht auf Beschränkung der Haftung bei der Entscheidung unberücksichtigt lassen, wenn die Erledigung des Rechtsstreits wegen Ungewissheit über Grund oder Betrag der weiteren Ansprüche nach der freien Überzeugung des Gerichts nicht unwesentlich erschwert wäre. 2Das Gleiche gilt, wenn der in der Klage geltend gemachte Anspruch der Haftungsbeschränkung nach den §§ 4 bis 5n des Binnenschifffahrtsgesetzes unterliegt und der Beklagte geltend macht, dass aus demselben Ereignis weitere Ansprüche entstanden sind, für die er die Haftung beschränken kann und die in ihrer Summe die für sie in den §§ 5e bis 5k des Binnenschifffahrtsgesetzes bestimmten Haftungshöchstbeträge übersteigen.

(2) Lässt das Gericht das Recht auf Beschränkung der Haftung unberücksichtigt, so ergeht das Urteil

1. im Falle des Absatzes 1 Satz 1 unter dem Vorbehalt, dass der Beklagte das Recht auf Beschränkung der Haftung geltend machen kann, wenn ein Fonds nach dem Haftungsbeschränkungsübereinkommen errichtet worden ist oder bei Geltendmachung des Rechts auf Beschränkung der Haftung errichtet wird,
2. im Falle des Absatzes 1 Satz 2 unter dem Vorbehalt, dass der Beklagte das Recht auf Beschränkung der Haftung geltend machen kann, wenn ein Fonds nach § 5d des Binnenschifffahrtsgesetzes errichtet worden ist oder bei Geltendmachung des Rechts auf Beschränkung der Haftung errichtet wird.

A. Normzweck.

 

Rn 1

§ 305a gehört – wie zB Art 9 EuGVO – zu den prozessualen Sonderregelungen über die in Gestalt der Errichtung eines Haftungsfonds möglichen seerechtlichen Haftungsbeschränkungen. Die Vorschrift hat in Abs 1 S 1 die Haftungsbeschränkung nach den Vorschriften der §§ 486 I, III, 487–487d HGB aF, seit 25.4.13 nach den Vorschriften der §§ 611 ff HGB im Blick, die das Londoner Übereinkommen über die Beschränkung der Haftung für Seeforderungen (BGBl 86 II 787; Bek v 17.7.87, BGBl II 407 geändert durch das Protokoll vom 2.5.96 [BGBl 00 II 790]) umsetzen und ergänzen, sowie in Abs 1 S 2 die Haftungsbeschränkung für binnenschaftsfahrtsrechtliche Ansprüche iSd §§ 4–5m BinSchG (BGBl 98 I 2489) (im Überblick Stahl TranspR 87, 205), seit 1.7.19 (aufgrund BGBl I S 1578, 19 I S 196) §§ 4–5n BinSchG. § 305a erlaubt es dem Gericht, das Recht auf Haftungsbeschränkung bei der Entscheidung unberücksichtigt zu lassen und es stattdessen dem Beklagten vorzubehalten, durch Errichtung eines Haftungsfonds für die aus einem Schadensereignis entstehenden Schäden mehrerer die Haftung auf einen bestimmten Höchstbetrag zu begrenzen. Ohne diese Möglichkeit könnte die endgültige Berechtigung des Anspruchstellers erst nach Errichtung des Fonds ermittelt werden. Die Vorschrift hat ein Gegenstück in § 786a, der die Geltendmachung der vorbehaltenen Haftungsbeschränkung in der Zwangsvollstreckung regelt.

B. Voraussetzungen.

I. Erhebung der Einrede.

 

Rn 2

Der Beklagte muss sich auf die Haftungsbeschränkung berufen und die Voraussetzungen (Abs 1 S 1, 2) geltend machen. Eines Antrags bedarf es nicht (wie § 305 Rn 5).

II. Sachlicher Anwendungsbereich.

1. Haftungsbeschränkung für Seeforderungen und gleichgestellte Forderungen (Abs 1 S 1).

 

Rn 3

Die Qualität als Seeforderungen ergibt sich aus dem in Rn 1 genannten Übereinkommen iVm § 611 I HGB. Gleichgestellt sind Forderungen aus Ölverschmutzungsschäden (§ 611 IIIHGB iVm dem Haftungsübereinkommens von 92 [BGBl 94 II 1152]), wenn sie gegen andere Personen als den Schiffseigentümer gerichtet sind oder für sie das HaftungsÜbk nach Art 2 nicht gilt. Eine Haftungsbeschränkung bei Ansprüchen iSd § 611 II HGB greift dagegen mangels Erwähnung in Abs 1 nicht ein; insoweit ist ein Vorgehen nach § 305a nicht möglich (so auch Zö/Feskorn Rz 3).

2. Binnenschaftsrechtliche Forderungen (I 2).

 

Rn 4

Dies sind solche iSd §§ 4–5n BinSchG.

III. Geltendmachung.

 

Rn 5

Der Anspruch muss in der Klage geltend gemacht sein, also Streitgegenstand sein.

IV. Weitere Ansprüche.

 

Rn 6

Aus demselben Ereignis müssen weitere materiell-rechtliche Ansprüche (anderer Gläubiger) entstanden sein, die der Haftungsbeschränkung zugänglich sind (Abs 1 S 1 Nr 1, Abs 1 S 2).

V. Höchstbetrag.

 

Rn 7

Die Summe des eingeklagten und der weiteren Ansprüche muss die Haftungshöchstbeträge übersteigen (Abs 1 S 1 Nr 2, Abs 1 S 2).

VI. Haftungsfonds.

 

Rn 8

Für den Ausspruch des Vorbehalts muss der Haftungsfonds nicht tatsächlich gebildet werden (§ 617 II 1 HGB, § 5d BinSchG). § 617 II 2 HGB lässt § 305a unberührt.

C. Entscheidung des Gerichts.

I. Entscheidung nach Ermessen.

 

Rn 9

Das Gericht entscheidet über den Ausspruch des Vorbehalts nach pflichtgemäßem Ermessen (›kann‹), wenn zusätzlich die Voraussetzungen des Abs 1 S 2 letzter Hs erfüllt sind. Maßgebend ist, ob die Erledigung des Rechtsstreits bei einer inhaltlichen Auseinandersetzung und weiterer Beweisaufnahme über den Grund und die Höhe der Ansprüche säm...

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