Gesetzestext

 

(1) 1Die Anträge sind aus den vorbereitenden Schriftsätzen zu verlesen. 2Soweit sie darin nicht enthalten sind, müssen sie aus einer dem Protokoll als Anlage beizufügenden Schrift verlesen werden. 3Der Vorsitzende kann auch gestatten, dass die Anträge zu Protokoll erklärt werden.

(2) Die Verlesung kann dadurch ersetzt werden, dass die Parteien auf die Schriftsätze Bezug nehmen, die die Anträge enthalten.

A. Zweck.

 

Rn 1

Wenigstens einmal – es gilt der Grds der Einheit der mündlichen Verhandlung – müssen die Sachanträge in der mündlichen Verhandlung (§ 296a Rn 3) wirksam gestellt werden (BGH 27.10.11 – III ZR 235/10 Rz 2; 25.9.18 – X ZR 76/18, MDR 19, 58 Rz 4); eine Wiederholung nach einem Richterwechsel (aA BAG NJW 71, 1332 [BAG 16.12.1970 - 4 AZR 98/70]) oder einer Beweisaufnahme ist üblich (Folge: Verlust des Rügerechts, §§ 39, 43, 295), aber unnötig. Ein einmal gestellter Antrag bleibt bis zur Stellung eines neuen Antrags gültig (BGH 5.3.19 – VIII ZR 190/18, NJW 19, 1950 Rz 19). Ohne Sachanträge (Rn 2) der Parteien hat das Gericht keine Sachentscheidungsbefugnis (vgl BAG NJW 03, 1548 f [BAG 04.12.2002 - 5 AZR 556/01], NZA 07, 1450, 1452; 16, 57 [BAG 09.09.2015 - 7 ABR 69/13] Rz 27). Daran ändert auch ein Antrag in einem nachgelassenen Schriftsatz nichts, da dieser nur iRd § 296a S 2 für Angriffs- und Verteidigungsmittel beachtlich ist (BGH 7.11.17 – XI ZR 529/17 Rz 6). Das Gericht ordnet dann das Ruhen des Verfahrens an (§ 251). Stellt nur eine Partei keinen Antrag, entscheidet es durch Versäumnisurteil (§§ 333, 330, 331). § 297 soll für alle Verfahrensarten der ZPO sicherstellen, dass die (den Streit- und Urteilsgegenstand mitbestimmenden) Sachanträge in eindeutiger Weise und nachvollziehbar gestellt werden.

B. Anträge.

 

Rn 2

Erfasst sind nur Anträge, die den Inhalt der Entscheidung betreffen (Sachanträge iSv § 308), zB Klageantrag, -änderung, -erweiterung, -rücknahme, einseitige und übereinstimmende (§ 91a; str) Erledigungserklärung und Anträge nach § 269 IV, die Anträge auf Ergänzung nach § 321 und auf Vollstreckbarkeitserklärung (§ 714), Rechtsmittel- und Anschließungsanträge (§§ 520 III Nr 1, 524 III, 551 III Nr 1), Anträge auf Erlass eines Arrestes oder einer einstweiligen Verfügung in der mündlichen Verhandlung. Rein negative Abweisungs- und Zurückweisungsanträge sind nur sachbezogen und daher nicht erfasst (BGH NJW 65, 397 [BGH 23.11.1964 - II ZR 200/62]; 70, 99, 100 f [BGH 13.10.1969 - III ZR 186/66]; BAG NZA 07, 1450, 1452 f; Wieczorek/Schütze/Assmann Rz 6; aA MüKoZPO/Prütting Rz 6; St/J/Thole Rz 9). Für sie genügt, dass sich in der mündlichen Verhandlung der Willen der Partei zur Abwehr des Antrags des Gegners aus dem Vorbringen ergibt, ohne dass eine nach den Ordnungsvorschriften der §§ 137, 297 an sich gebotene Antragstellung erfolgt (BGA aaO). Auch nicht erfasst sind Anträge, die nur das Verfahren betreffen (Prozessanträge), zB Anträge auf Protokollierung (§ 160 IV) oder Tatbestandsberichtigung (§ 320), Terminsbestimmung (auch nach § 697 III), Vertagung oder Aussetzung, Verweisung (zB nach § 281), Fristverlängerung oder -verkürzung, Prozessabtrennung oder -verbindung, Verlesung einer Urkunde (§ 424), Beweisanträge (§§ 355 ff). Soweit sich Sach- und Prozessantrag überlagern können, zB bei Anerkenntnis (§ 306), Verzicht (§ 307), Versäumnisurteil (§§ 330, 331) oder Entscheidung nach Lage der Akten (§ 331a), betrifft § 297 nur den Sachantrag (St/J/Thole Rz 14).

C. Verfahren.

 

Rn 3

Der Idee nach werden die Sachanträge grds aus vorbereitenden Schriftsätzen (§§ 129, 130 Nr 2, 282, 496), ansonsten aus einer dem Protokoll als Anlage (§ 160 V) beizufügenden, dem Gegner zur Durchsicht vorzulegenden oder vorzulesenden, uU erst im Termin erstellten Schrift, deren Autor eindeutig sein muss, verlesen (Abs 1 S 1 und 2). Zudem kann der Vorsitzende nach pflichtgemäßem Ermessen eine Erklärung zu Protokoll gestatten (Abs 1 Satz 3), zB nach richterlichem Hinweis neu gefasste Sachanträge (beachte § 261 II). In der Praxis kommt eine mündliche Antragstellung zu Protokoll häufiger bei anwaltlich nicht vertretenen Parteien vor. Ansonsten nehmen die Parteien regelmäßig auf die die Anträge enthaltenden Schriftsätze Bezug, wie es Abs 2 erlaubt (BGH 5.3.19 – VIII ZR 190/18, NJW 19, 1950 Rz 13). Nimmt eine Partei auf die Klageschrift Bezug, sind sämtliche darin angekündigten Anträge gestellt, wenn sich nicht unmissverständlich anderes aus dem Protokoll ergibt (BGH 5.3.19 – VIII ZR 190/18, NJW 19, 1950 Rz 14). Es ist dann nicht gem § 160 III Nr 2 der angekündigte Antrag, sondern die Bezugnahme zu protokollieren. IÜ muss der Bezugspunkt eindeutig sein (BAG NJW 03, 1548, 1549 [BAG 04.12.2002 - 5 AZR 556/01]). Aus Gründen der Rechtsklarheit und wegen der zentralen Bedeutung der Sachanträge ua für Streitgegenstand und Rechtskraft muss eindeutig sein, ob Anträge gestellt werden, was beantragt wird und was nicht. Daher kommt eine konkludente Bezugnahme der Anträge nur in Betracht, wenn der Gegenstand des Rechtsstreits fest umrissen und klar ist, dass die Bezugnahme auf di...

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