Gesetzestext

 

(1) 1Bestimmt der Vorsitzende keinen frühen ersten Termin zur mündlichen Verhandlung, so fordert er den Beklagten mit der Zustellung der Klage auf, wenn er sich gegen die Klage verteidigen wolle, dies binnen einer Notfrist von zwei Wochen nach Zustellung der Klageschrift dem Gericht schriftlich anzuzeigen; der Kläger ist von der Aufforderung zu unterrichten. 2Zugleich ist dem Beklagten eine Frist von mindestens zwei weiteren Wochen zur schriftlichen Klageerwiderung zu setzen. 3Ist die Zustellung der Klage im Ausland vorzunehmen, so beträgt die Frist nach Satz 1 einen Monat. 4Der Vorsitzende kann in diesem Fall auch eine längere Frist bestimmen.

(2) 1Mit der Aufforderung ist der Beklagte über die Folgen einer Versäumung der ihm nach Absatz 1 Satz 1 gesetzten Frist sowie darüber zu belehren, dass er die Erklärung, der Klage entgegentreten zu wollen, nur durch den zu bestellenden Rechtsanwalt abgeben kann. 2Die Belehrung über die Möglichkeit des Erlasses eines Versäumnisurteils nach § 331 Abs. 3 hat die Rechtsfolgen aus den §§ 91 und 708 Nr. 2 zu umfassen.

(3) Der Vorsitzende kann dem Kläger eine Frist zur schriftlichen Stellungnahme auf die Klageerwiderung setzen.

A. Normzweck.

 

Rn 1

Das Vorverfahren hat den Zweck, die Standpunkte der beiden Parteien vor dem Haupttermin im Wechsel von Schriftsätzen zu eruieren. Die Vorschrift regelt die Maßnahmen, die getroffen werden können mit dem Ziel der umfassenden und schnellstmöglichen Vorbereitung des Termins zur mündlichen Verhandlung. Gilt nicht in Ehe- und Kindschaftssachen (§§ 611 II, 640), Arbeitssachen (§ 46 II S 2 ArbGG) und nach Einspruch gg Vollstreckungsbescheid (§ 700 IV 2).

B. TB-Voraussetzungen.

I. Aufforderung und Fristsetzung an Bekl.

 

Rn 2

Die vom Vorsitzenden oder dem sonst zuständigen Richter (BGH 3.5.18 III ZR 429/16, juris) unterzeichnete Vfg der Fristsetzung muss der Partei, an welche sich die Fristsetzung richtet, gem § 329 II 2 in beglaubigter Abschrift zugestellt werden (BGHZ 76, 236). Der Kl ist formlos zu unterrichten. Mangelhafte Fristsetzung ist nicht nach § 295 heilbar (BGH NJW 90, 2389 [BGH 05.03.1990 - II ZR 109/89]).

1. Aufforderung.

 

Rn 3

Das Gericht fordert zur Anzeige der Verteidigungsabsicht auf binnen nicht verlängerbarer Notfrist von zwei Wochen (Abs 1 S 1), bei Zustellung im Ausland vom Vorsitzenden verlängerbare Frist von 1 Monat (Abs 1 S 3).

2. Fristsetzung.

 

Rn 4

Zur Klageerwiderung binnen einer – vom Gericht gesetzten, verlängerbaren (§ 224 II) – Frist von mindestens zwei weiteren Wochen (Abs 1 S 2). Bewilligung einer zu langen Klageerwiderungsfrist ist nicht anfechtbar (Schlesw NJW 83, 459 bei mehr als einem Jahr). Eine zu kurze Frist ist unwirksam (Ddorf GesR 11, 668; BGHZ 124, 71).

3. Belehrung (Abs 2).

 

Rn 5

Hat vierfach zu erfolgen (Säumnisfolgen, Rechtsanwaltszwang, Kostentragungspflicht und vorläufige Vollstreckbarkeit) und beim AG zusätzlich nach § 499 (Folgen des schriftlichen Anerkenntnisses). Nur bei richtiger Belehrung beginnt der Lauf der Frist (BGH GRUR 17, 785).

II. Fristsetzung an Kl zur Replik (Abs 3).

 

Rn 6

Der Vorsitzende kann dem Kl frühestens nach Eingang der Klageerwiderung eine Frist zur schriftlichen Stellungnahme auf die Klageerwiderung setzen (BGHZ 76, 236). Ohne gleichzeitige Zustellung der Klageerwiderung ist die Fristsetzung unwirksam (Nürnbg MDR 91, 357).

III. Verfahrensfortgang.

1. Rechtzeitige Anzeige.

 

Rn 7

Verteidigungsanzeige und Klageerwiderung: ggf Aufforderung zur Replik (Abs 3) und Bestimmung des Haupttermins. PKH-Antrag gilt als Verteidigungsanzeige, aber nicht die bloße Bestellungsanzeige (AG Mönchengladbach 9.1.13 – 3 C 537/12 juris; Zö/Greger, § 276 Rz 10). Entspr § 337 ist der Erlass des schriftlichen VU bis zur Entscheidung über den PKH-Antrag zurückzustellen.

2. Keine Verteidigungsanzeige.

 

Rn 8

Auf Antrag des Kl ergeht gegen Bekl VU im schriftlichen Verfahren (§ 331 III), auch nach vorausgegangenem Mahnverfahren, weil der Widerspruch bzw der Einspruch nicht mehr als Anzeige der Verteidigungsabsicht gilt (§ 697 II 1). Ein unechtes VU gegen den Kl setzt mündliche Verhandlung voraus.

3. Verspätete Verteidigungsanzeige.

 

Rn 9

Geht die Anzeige noch vor Übergabe des unterschriebenen VU bei der Geschäftsstelle ein (KG MDR 89, 1003; allgM Ddorf AnwBl 97, 50 Eingang bei Gericht), wird das VU nicht mehr erlassen (dh nicht mehr hinausgegeben und zugestellt); geht die Anzeige nach Erlass des VU ein, kann der Bekl dagegen Einspruch einlegen, nicht aber Wiedereinsetzung (§ 233) gegen die Fristversäumung (KG NJW-RR 97, 56).

4. Untätigkeit nach Erklärung.

 

Rn 10

Erklärt der Bekl fristgemäß, dass er der Klage entgegentrete, bleibt aber sonst untätig, gilt § 296 I, wird ihm keine Frist gesetzt §§ 282, 296 II (iE Geisler AnwBl 06, 524).

5. Anerkenntnis.

 

Rn 11

Erklärt Bekl ausdrücklich, dass er den Klageanspruch anerkennt, so ergeht ohne mündliche Verhandlung (auch ohne Antrag des Kl) ein Anerkenntnisurteil (§ 307 II). Das Anerkenntnis ist noch bis zum Ablauf der Klageerwiderungsfrist (Schlesw SchlHA 11, 145) ›sofort‹ iSd § 93, wenn die Verteidigungsanzeige keinen auf eine Abweisung der Klage gerichteten Sachantrag enthält (BGH NJW 19, 1525 [BGH 21.03.2019 - IX ZB 54/18]).

C. Hinweise zur Verhandlung und Prozesstaktik.

 

Rn 12

Gericht kann vom angeordneten schriftlichen Vorverfahren zum frühen ersten Termin (§ 275) wechseln (Frankf MDR 83, 411). Mit Terminsanberaumung entfallen Voraussetzungen für den Erla...

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