Gesetzestext

 

(1) Der Lauf einer richterlichen Frist beginnt, sofern nicht bei ihrer Festsetzung ein anderes bestimmt wird, mit der Zustellung des Dokuments, in dem die Frist festgesetzt ist, und, wenn es einer solchen Zustellung nicht bedarf, mit der Verkündung der Frist.

A. Normzweck.

 

Rn 1

Ebenso wie gesetzliche Fristen dienen richterliche Fristen der Strukturierung und Beschleunigung des Verfahrens. Auf Seiten des Gerichts setzt dies regelmäßig eine angemessene Erfassung des konkreten Prozessstoffs in der jeweiligen Phase des Rechtsstreits voraus, denn eine sinnvolle Förderung und Beschleunigung des Prozesses kann nur durch adäquate Fristsetzung erreicht werden. Beispiele für richterliche Fristen: Frist zur Klagerwiderung, zur Benennung von Zeugen, Vorlage von Urkunden, zur Stellungnahme zu einem gerichtlichen Hinweis, Ergänzung des Sachvortrags, vgl ferner §§ 56 II, 89 I 2, 356, 769 II, 926 I. Keine richterliche Frist ist die von den Parteien iRe (auch gerichtlichen) Vergleichs vereinbarte Widerrufsfrist; für sie gilt § 221 nicht; sie ist nach §§ 187, 188 BGB zu berechnen und beginnt am Tag nach Vergleichsabschluss.

B. Einzelheiten.

 

Rn 2

In manchen Fällen setzt das Gericht selbst den Beginn der Frist fest (›Den Parteien wird zur Stellungnahme zum Ergebnis der Beweisaufnahme eine Frist von 3 Wochen ab Erhalt des Sitzungsprotokolls gesetzt‹); in diesem Fall gilt für den Fristbeginn das in der Fristsetzung bestimmte Ereignis. Häufig wird aber nur ein bestimmter Zeitraum angesetzt, ohne dass der für den Fristbeginn maßgebliche Zeitpunkt bestimmt ist. Für diese Fälle regelt § 221, dass für den Fristbeginn der Zeitpunkt der Zustellung des die Fristsetzung enthaltenden Schriftstücks maßgeblich ist, soweit eine Zustellung erforderlich ist; dies trifft gem § 329 II 2 für alle nicht verkündeten Beschlüsse oder Verfügungen zu, durch die eine Frist in Lauf gesetzt wird. Bei Fristsetzungen, die in verkündeten Entscheidungen enthalten sind, beginnt der Fristlauf hingegen mit der Verkündung. Bsp: Im Verhandlungstermin oder in einem gesonderten Verkündungstermin wird sogleich ein Auflagen- und Beweisbeschluss verkündet. Im letzteren Fall ist es möglich, dass die Frist beginnt, ohne dass die Partei davon etwas weiß; vor diesem Hintergrund kann es in derartigen Fällen sinnvoll sein, den Fristbeginn ausdrücklich auf den Erhalt des verkündeten Beschlusses festzulegen; in diesem Fall bedarf es aber der Zustellung. Etwaige Mängel der Zustellung können allerdings gem § 189 geheilt werden (die noch zu § 187 aF ergangene gegenteilige Entscheidung BGH NJW 89, 227 dürfte durch die Gesetzesänderung überholt sein).

 

Rn 3

Der Fristbeginn setzt voraus, dass die Fristsetzung selbst wirksam erfolgt ist, wozu die richterliche Unterzeichnung einer entsprechenden Verfügung gehört (bloße Namensparaphe genügt nicht, BGH NJW 80, 1167 [BGH 13.03.1980 - VII ZR 147/79]). Die Zustellung einer bloßen Mitteilung der Geschäftsstelle über die vom Vorsitzenden der Berufungskammer gesetzte Frist zur Berufungserwiderung ist nicht ausreichend (BGH NJW 09, 515 [BGH 23.09.2008 - VIII ZR 85/08]). Ist auf den Zeitpunkt der Verkündung abzustellen, muss diese ordnungsgemäß erfolgt sein (BeckOKZPO/Jaspersen Rz 4).

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