Gesetzestext

 

1Ist die Zustellung nach § 178 Abs. 1 Nr. 1 oder 2 nicht ausführbar, kann das Schriftstück in einen zu der Wohnung oder dem Geschäftsraum gehörenden Briefkasten oder in eine ähnliche Vorrichtung eingelegt werden, die der Adressat für den Postempfang eingerichtet hat und die in der allgemein üblichen Art für eine sichere Aufbewahrung geeignet ist. 2Mit der Einlegung gilt das Schriftstück als zugestellt. 3Der Zusteller vermerkt auf dem Umschlag des zuzustellenden Schriftstücks das Datum der Zustellung.

A. Normzweck.

 

Rn 1

§ 180 dient der Vereinfachung und Beschleunigung. Eine Zustellung durch Niederlegung wird vermieden und dem Zustellungsadressaten auf diese Weise der Zugang zu dem Schriftstück erleichtert.

B. Tatbestandsvoraussetzungen.

 

Rn 2

Eine Zustellung nach § 178 I Nr 1 oder 2 muss gescheitert sein. Dies setzt einen erfolglosen Zustellungsversuch voraus (Dresd MDR 16, 1410f). Gescheitert ist die Zustellung auch, wenn das Geschäft nicht mehr geöffnet ist (BGH NJW 07, 2186 [BGH 24.04.2007 - AnwZ (B) 93/06] Rz 6; BVerwG NJW 07, 3222 [BVerwG 02.08.2007 - BVerwG 2 B 20.07] Rz 4). Unanwendbar ist § 180, wenn die Geschäftsräume oder die Wohnung aufgegeben worden sind (BGH NJW-RR 10, 489 [BGH 22.10.2009 - IX ZB 248/08]), ebenso bei einer bloßen ›Briefkastenfirma‹ ohne Geschäftsräume (Ddorf, Urt v 21.11.14 Rz 50f). Ist eine Wohnanschrift des Zustellungsadressaten unbekannt oder nicht vorhanden, kann jedoch eine Ersatzzustellung durch Einlegen in ein Postfach vorgenommen werden (BGH NJW-RR 12, 1012 [BGH 14.06.2012 - V ZB 182/11]). Kein Raum ist für eine Zustellung nach § 180, wenn eine Zustellung nach § 178 zur Unzeit (vgl § 179 Rn 3) versucht worden ist (Eyinck MDR 11, 1389, 1392). Für § 178 I Nr 3 gilt § 181. § 180 ist jedoch dann entsprechend anwendbar, wenn der Zustellungsadressat in einer Gemeinschaftseinrichtung lebt und dort einen Briefkasten unterhält (BFH ZEV 10, 158 [BFH 17.06.2009 - II B 33/08]). Wurde die Annahme verweigert, ist nach § 179 zu verfahren. Zur Ausführung der Zustellung wird das Schriftstück in einen sich in einem ordnungsgemäßen Zustand befindlichen (dh insb nicht überquellenden) Briefkasten oder eine ähnliche für den Postempfang eingerichtete Vorrichtung (zB Briefschlitz) eingelegt. Die Zugehörigkeit zur Wohnung bzw zum Geschäftsraum muss durch Beschriftung oder den Ort der Anbringung erkenntlich sein. Dazu kann die Angabe des Namens des alleinvertretungsberechtigten Vorstandsmitglieds des Zustellungsempfängers genügen (BFH/NV 08, 741). Eine gemeinschaftliche Nutzung eines Briefschlitzes in einem von einem überschaubaren Personenkreis bewohnten Mehrfamilienhaus ist unschädlich, wenn der Adressat diese Vorrichtung gewöhnlich für den Erhalt von Postsendungen verwendet (BGHZ 190, 99 Rz 20 ff = NJW 11, 2440; zust Eyinck MDR 11, 1389, 1393). Eine fehlende Abschließbarkeit schadet nicht, wenn dies für den Zusteller nicht erkennbar ist (Nürnbg MDR 09, 1064 [OLG Nürnberg 26.05.2009 - 1 St OLG Ss 76/09]). Ist eine Einlegung in der dargestellten Weise nicht möglich, muss durch Niederlegung (§ 181) zugestellt werden. § 178 II ist entsprechend anwendbar, wenn auch der Gegner (vgl § 178 Rn 11) Zugang zu dem Briefkasten hat (Nürnbg NJW-RR 04, 1517 [OLG Nürnberg 27.04.2004 - 7 WF 792/04]; Saarbr DGVZ 10, 83; vgl auch Eyinck MDR 06, 785, 786). Auf dem Umschlag ist zur Information des Zustellungsadressaten gem S 3 das Datum der Zustellung zu vermerken; die Angabe, wo das Schriftstück eingelegt wurde, ist nicht erforderlich (BGH NJW 06, 150 [BGH 10.11.2005 - III ZR 104/05]).

C. Wirkung.

 

Rn 3

Sind die Voraussetzungen gem Rn 2 erfüllt, ist mit der Einlegung die Zustellung bewirkt. Unerheblich ist, ob der Zustellungsadressat Kenntnis von dem Schriftstück erlangt. Bei der Beurkundung sind die Angaben gem § 182 II Nr 4 und 6 zu machen. Das Fehlen des Datumsvermerks gem S 3 lässt die Wirksamkeit der Zustellung unberührt (VGH Mannheim, VBlBW 16, 328 [VGH Baden-Württemberg 15.02.2016 - 6 S 1870/15] Rz 4 mN; Zö/Schultzky Rz 9; MüKoZPO/Häublein/Müller Rz 9; ThoPu/Hüßtege Rz 6; aA BFHE 251, 162 [BFH 28.07.2015 - VIII R 2/09] Rz 18; 244, 536 = NJW 14, 2524 [BFH 06.05.2014 - GrS 2/13]). Allerdings kann die Beweiskraft der Urkunde gemindert sein. Dies ist eine Frage des Einzelfalls.

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