Gesetzestext

 

1An den rechtsgeschäftlich bestellten Vertreter kann mit gleicher Wirkung wie an den Vertretenen zugestellt werden. 2Der Vertreter hat eine schriftliche Vollmacht vorzulegen.

A. Normzweck.

 

Rn 1

§ 171 ermöglicht die Zustellung an die Person, die (ohne ProzBev zu sein, vgl hierzu § 172) aufgrund einer Vollmacht mit der Angelegenheit unmittelbar befasst ist, mit Wirkung für und gegen den Vertretenen. Der Vertreter ist Zustellungsempfänger, der Vertretene bleibt Zustellungsadressat (vgl § 166 Rn 3). Die Zustellung kann, muss aber nicht an den Bevollmächtigten erfolgen. Eine Zustellung nach § 171 ist nicht möglich bei einer Adressierung ›eigenhändig‹ oder ›persönlich‹. § 171 ist auch auf die Parteizustellung anwendbar. Heilung von Zustellungsmängeln durch tatsächlichen Zugang beim Bevollmächtigten möglich (BGH, Beschl v 20.10.11 – V ZB 131/11 Rz 8; Frankf Urt v 30.12.13 – 21 U 23/11 Rz 47f).

B. Tatbestandsvoraussetzungen.

I. Vertreter.

 

Rn 2

§ 171 ist auf alle Formen rechtsgeschäftlicher Vertretung anwendbar, so auf die Prokura (§ 49 HGB) und die Postempfangsvollmacht (Zö/Schultzky Rz 2 mwN; krit hierzu Coenen DGVZ 02, 183; Nürnbg NJW-RR 98, 495, 496 [OLG Nürnberg 07.05.1997 - 9 W 897/97]). Maßgeblich sind die Vorschriften des bürgerlichen Rechts (BGH NJW-RR 17, 58 Rz 7). Die Vollmacht muss das Recht zur Entgegennahme von Postsendungen umfassen. Sie kann ggü dem Zustellungsveranlasser erteilt werden (§ 167 BGB). Eine Anzeige ggü dem Gericht ist nicht erforderlich. Ausreichend ist es, wenn die schriftliche Vollmacht der die Zustellung ausführenden Person vorgelegt wird (s Rn 4). Ist der Bevollmächtigte als Gegner an dem Verfahren beteiligt, kann an ihn nicht zugestellt werden (entspr § 178 II). Bei mehreren Vertretern ist § 170 III entsprechend anzuwenden (St/J/Roth Rz 1; ThoPu/Hüßtege Rz 4).

II. Maßgeblicher Zeitpunkt und Form.

 

Rn 3

Die Vollmacht muss wirksam zu dem Zeitpunkt vorliegen, an dem die Zustellung ausgeführt wird und sich auf die Entgegennahme zuzustellender Schriftstücke erstrecken (BGH BeckRS 20, 27399 Rz 11–17). Anderenfalls ist die Zustellung unwirksam. Heilung ist aber möglich (vgl § 189 Rn 1 ff). Wegen S 2 muss die Vollmacht, damit sie wirksam ist, schriftlich erteilt sein (BTDrs 14/4554, 17; aA MüKoZPO/Häublein/Müller Rz 4; St/J/Roth Rz 4, s.a. Jordans MDR 08, 1198). Eine bloße Rechtsscheinsvollmacht genügt nicht (Frankf Urt v 30.12.13 – 21 U 23/11 Rz 24).

III. Ausführung der Zustellung.

 

Rn 4

Gemäß S 2 muss der Vertreter die Vollmachtsurkunde dem Zusteller vorlegen. Ansonsten darf die Zustellung nicht ausgeführt werden. Der Zusteller muss die Identität des Vertreters und die Vorlage der Vollmachtsurkunde feststellen. Die Vorlage wird gem § 182 II Nr 3 beurkundet. Die Nichtvorlage der Vollmachtsurkunde macht die Zustellung allerdings nicht unwirksam, wenn die Urkunde tatsächlich existiert (s BGH Beschl v 20.10.11 – V ZB 131/11 Rz 8; NJW-RR 17, 58 Rz 7). Weigert sich der Bevollmächtigte, das zuzustellende Schriftstück anzunehmen, kann nicht (auch nicht gem § 179) zugestellt werden (Zö/Schultzky Rz 5).

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