Gesetzestext

 

(1) 1Deutsche, die das Recht der Exterritorialität genießen, sowie die im Ausland beschäftigten deutschen Angehörigen des öffentlichen Dienstes behalten den Gerichtsstand ihres letzten inländischen Wohnsitzes. 2Wenn sie einen solchen Wohnsitz nicht hatten, haben sie ihren allgemeinen Gerichtsstand beim Amtsgericht Schöneberg in Berlin.

(2) Auf Honorarkonsuln ist diese Vorschrift nicht anzuwenden.

A. Normgegenstand.

 

Rn 1

Exterritoriale Deutsche (zum Begriff Rn 2) und die im Ausland beschäftigten deutschen Angehörigen des öffentlichen Dienstes haben grds keinen inländischen Wohnsitz, weshalb § 13 nicht zur Anwendung gelangt (§ 13 Rn 15). Um auch ggü diesen Personen die Ausübung der deutschen Gerichtsbarkeit zu gewährleisten und die Rechtsverfolgung zu erleichtern, hat der Gesetzgeber mit § 15 speziell für diesen Personenkreis einen allg Gerichtsstand im Inland geschaffen (Köln NZI 01, 380, 381 [OLG Köln 23.04.2001 - 2 W 82/01]; ThoPu/Hüßtege Rz 2a; Zö/Schultzky Rz 2). Nach § 15 ist der letzte inländische Wohnsitz heranzuziehen; bei Fehlen eines solchen liegt der allg Gerichtsstand im Gerichtsbezirk des Amtsgerichts Schöneberg. Dadurch ändert sich die sachliche Zuständigkeit des LG Berlin nicht (B/L/H/A/G/Bünnigmann Rz 4; Musielak/Heinrich Rz 5).

B. Anwendungsbereich.

 

Rn 2

Die Vorschrift erfasst zum einen exterritoriale Deutsche. Das sind deutsche Staatsangehörige, die im Ausland nach Völkerrecht Immunität genießen, also von der Gerichtsbarkeit des Aufnahmestaates befreit sind (vgl BGH NJW 06, 1810 [BGH 01.03.2006 - VIII ZB 28/05]; § 18 GVG Rn 1; Zö/Schultzky Rz 4; Zö/Gummer Vor §§ 18–20 GVG Rz 2; § 18 GVG Rz 2). Personen, die in Deutschland exterritorial sind, werden dagegen von § 15 nicht erfasst, weil sie bereits von der deutschen Gerichtsbarkeit befreit sind (vgl §§ 18 ff GVG; St/J/Roth Rz 1; Musielak/Heinrich Rz 2; MüKoZPO/Patzina Rz 2; vgl auch zur Bedeutung der Immunität im Prozess BGH NJW 09, 3164 [BGH 09.07.2009 - III ZR 46/08]). Unter § 15 fallen zum anderen die im Ausland beschäftigten deutschen Angehörigen des öffentlichen Dienstes. Damit sind alle deutschen Staatsangehörigen gemeint, die im öffentlichen Dienst beschäftigt und im Ausland eingesetzt sind, dort aber keine Exterritorialität genießen. Die hM verlangt darüber hinaus eine dauernde Beschäftigung im Ausland (vgl Zö/Schultzky Rz 5; St/J/Roth Rz 4; MüKoZPO/Patzina Rz 3). Unabhängig von der Frage, wann von einer dauernden Beschäftigung auszugehen ist, ist eine stringente Begründung für eine solche Einschränkung weder aus dem Wortlaut noch aus der systematischen oder teleologischen Auslegung der Norm abzuleiten. Es genügt daher jede Beschäftigung im öffentlichen Dienst, auch eine befristete (vgl AG Schöneberg FamRZ 07, 1558). Bei Berufssoldaten und Soldaten auf Zeit ist § 9 I 2 BGB zu beachten (§ 13 Rn 13). Für die Kinder der in § 15 genannten Personen gilt die Vorschrift analog (zum allg Gerichtsstand von Kindern s § 13 Rn 8 ff). Die direkte Anwendung ist ausgeschlossen, da nach dem ggü früher geänderten Wortlaut in § 15 nicht der Wohnsitz fingiert wird. Das wird allg als Versehen des Gesetzgebers aufgefasst (St/J/Roth Rz 6; MüKoZPO/Patzina Rz 5; Musielak/Heinrich Rz 4). Honorarkonsuln sind vom Anwendungsbereich ausdr ausgenommen (§ 15 II); für Berufskonsuln gilt § 15 I uneingeschränkt (vgl MüKoZPO/Patzina Rz 3; Zö/Schultzky Rz 5; zu den Berufs- und Honorarkonsuln vgl die Regelung im KonsG). § 15 kann nicht auf alle Deutschen mit Wohnsitz im Ausland angewandt werden, sondern nur auf die genannten Gruppen (Köln NZI 01, 380, 382 [OLG Köln 23.04.2001 - 2 W 82/01]; MüKoZPO/Patzina Rz 2; Musielak/Heinrich Rz 4). Wie die anderen allg Gerichtsstandsregelungen wird auch § 15 lediglich durch ausschl Gerichtsstände verdrängt (vgl BGH NJW 06, 1810 f [BGH 01.03.2006 - VIII ZB 28/05]; St/J/Roth Rz 7; s.a. § 12 Rn 9) und steht selbstständig neben den besonderen Gerichtsständen (St/J/Roth Rz 7; MüKoZPO/Patzina Rz 7; ThoPu/Hüßtege Rz 3; Zö/Schultzky Rz 3). Die Vorschrift setzt voraus, dass der Bekl/Antragsgegner keinen allg inländischen Gerichtsstand hat (vgl Rn 1). Eine Wahlfeststellung ist aber möglich (St/J/Roth Rz 8; MüKoZPO/Patzina Rz 7; vgl zur Wahlfeststellung bei Gerichtsständen § 12 Rn 15). § 15 regelt lediglich den Fall eines Prozesses gegen die bezeichneten Personen. Aktivprozesse der von § 15 erfassten Personen sind daher vom Anwendungsbereich ausgenommen Köln NZI 01, 380, 382 [OLG Köln 23.04.2001 - 2 W 82/01]; St/J/Roth Rz 1).

C. Internationale Zuständigkeit.

 

Rn 3

Auch iRd § 15 sind zunächst die vorrangigen internationalen Regelungen und nationalen Sondernormen zu berücksichtigen (vgl § 12 Rn 19). Für den Geltungsbereich der Brüssel Ia-VO s Art. 62 Brüssel Ia-VO. Daneben kann § 15 die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte aufgrund seiner Doppelfunktionalität begründen (MüKoZPO/Patzina Rz 10; vgl § 12 Rn 19).

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