Gesetzestext

 

(1) Dem vorbereitenden Schriftsatz sind die in den Händen der Partei befindlichen Urkunden, auf die in dem Schriftsatz Bezug genommen wird, in Urschrift oder in Abschrift beizufügen.

(2) Kommen nur einzelne Teile einer Urkunde in Betracht, so genügt die Beifügung eines Auszugs, der den Eingang, die zur Sache gehörende Stelle, den Schluss, das Datum und die Unterschrift enthält.

(3) Sind die Urkunden dem Gegner bereits bekannt oder von bedeutendem Umfang, so genügt ihre genaue Bezeichnung mit dem Erbieten, Einsicht zu gewähren.

A. Normzweck.

 

Rn 1

§ 131 dient der Vorbereitung des Gerichts auf die mündliche Verhandlung. Die Beifügung von Urkunden soll es gleichzeitig dem Gegner erleichtern, sich schriftsätzlich oder in der mündlichen Verhandlung zu den Urkunden zu äußern (MüKoZPO/Wagner § 131 Rz 1; Musielak/Stadler § 131 Rz 1). so dass der Vorschrift eine Informations- und Vorbereitungsfunktion zukommt. Zudem dient sie der Beschleunigung des Verfahrens in allen Verfahrensstadien.

Für den Urkundsprozess enthält § 593 II und für den Urkundenbeweis enthalten die §§ 420 ff Sondervorschriften.

B. Geltungsbereich.

 

Rn 2

Die Vorschrift gilt in allen Verfahren nach der ZPO. Der Begriff der nach § 131 beizufügenden Urkunde bezieht sich auf alle Urkunden iSv §§ 415 ff, die in § 142 I gesondert genannten sonstigen Unterlagen und auch fremdsprachige Urkunden (B/L/H/A/G/Anders § 131 Rz 6). Erfasst werden alle Urkunden, die sowohl den Streitgegenstand selbst als auch prozessuale Fragen (Bsp Gerichtsstandsvereinbarungen, Schiedsgerichtsabreden) betreffen.

Gemäß Abs 1 hat die Partei ein Wahlrecht, ob sie die in ihrem Schriftsatz in Bezug genommene Urkunde urschriftlich oder in Ablichtung bzw Abschrift vorlegt. Es reicht somit nicht, die ausdrücklich oder konkludent in Bezug genommene Urkunde lediglich zu zitieren oder zu erläutern. Legt die Partei die Urkunde im Original vor, muss sie gleichwohl für den Gegner eine Abschrift gem § 133 I S 1 beifügen (St/J/Leipold § 131 Rz 5; B/L/H/A/G/Anders § 131 Rz 10).

Voraussetzung für die Beifügungspflicht ist der sich aus dem Schriftsatz ergebende Wille der Partei, die Urkunde zum Zwecke der Beweisführung oder zum Zwecke des Tatsachenvortrags gebrauchen zu wollen (Schreiber S. 97 ff; St/J/Kern § 131 Rz 3). ›In den Händen halten‹ iSv Abs 1 meint unmittelbaren oder mittelbaren Besitz.

Soweit die Voraussetzungen (Besitz, Bezugnahme) vorliegen, gilt Abs 1 auch für Streitgenossen.

C. Beschränkung auf einen Auszug (Abs 2).

 

Rn 3

Um übermäßige Schreib- oder Kopierkosten zu vermeiden, reicht nach Abs 2 auch ein Auszug der wesentlichen Stellen der Urkunde, wenn nur dieser Teil für den Rechtsstreit erheblich ist. Dies birgt natürlich die Gefahr, dass andere Teile, die für die Auslegung des Urkundeninhaltes maßgeblich sein können, unberücksichtigt bleiben. Hat das Gericht dahingehende Zweifel, dass lediglich der vorlegelegte Auszug von Bedeutung ist, kann es nach § 142 Vorlage der vollständigen Urkunde verlangen (MüKoZPO/Wagner § 131 Rz 4).

D. Absehen von einer Vorlage (Abs 3).

 

Rn 4

Ist der Inhalt der Urkunde dem Gegner bereits bekannt, bedarf es keiner Beifügung zum Schriftsatz. Daneben ermöglicht Abs 3 bei Urkunden von bedeutendem Umfang, ebenfalls von der Vorlage abzusehen. In beiden Fällen ist es ausreichend, aber auch notwendig, dem Gegner Einsicht zu gewähren, welche sich nach § 134 richtet.

E. Rechtsfolgen bei Verstößen.

 

Rn 5

Legt eine Partei die Urkunde nicht vor, lassen sich zwar weder eine Vorlage noch eine Einsichtsgewährung direkt erzwingen, jedoch kann das Gericht, wenn es eine Urkunde für entscheidungserheblich hält, gem § 142 I 1 eine Anordnung erlassen.

Zudem gelten dieselben Rechtsfolgen wie bei § 129: Der Gegner ist bei Nichtvorlage bzw fehlender Zugangsmöglichkeit berechtigt, pauschal zu bestreiten, muss also zu einem Vortrag, dessen Grundlage eine Urkunde bildet, nicht schweigen (BGH VersR 80, 850 [BGH 10.06.1980 - VI ZR 133/79]). Insbesondere können Angriffs- und Verteidigungsmittel nach §§ 282 II, 296 II zurück gewiesen werden.

F. Klageschrift ohne Anlagen.

 

Rn 6

§ 131 gilt im Grundsatz nur für vorbereitende Schriftsätze. Allerdings wird in der Praxis § 131 auf die Klageschrift und auf andere bestimmende Schriftsätze analog angewendet (BGH NJW 07, 775). Dies führt zu der praktisch bedeutsamen Fragestellung, inwieweit die Zustellung einer Klageschrift trotz fehlender Anlagen wirksam ist. Der BGH hat in seiner Entscheidung v 21.12.06 (BGH NJW 07, 775 [BGH 21.12.2006 - VII ZR 164/05]) die Auffassung vertreten, die Klageschrift und ihre Anlagen seien eine Einheit. Der Beklagte müsse schon zu Beginn eines Verfahrens vollständig darüber in Kenntnis gesetzt werden, wie das Gesamtvorbringen des Klägers im Einzelnen zu bewerten sei. Daher sei die Zustellung einer Klageschrift bei fehlenden Anlagen unwirksam. Diese Auffassung lässt sich weder aus § 131 noch aus § 253 II entnehmen und sie wird auch nicht vom Sinn und Zweck der Zustellung einer Klage getragen (Gärtner/Mark MDR 09, 421). Entgegen dem BGH ist eine solche Zustellung wirksam und die Zustellung der fehlenden Anlagen kann im weiteren Verfahren nachgeholt werden (so jetzt auch BGH NJW 13, 387 [BGH 12.12.2012 - VIII ...

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