Gesetzestext

 

(1) 1Das Schiedsgericht kann über die eigene Zuständigkeit und im Zusammenhang hiermit über das Bestehen oder die Gültigkeit der Schiedsvereinbarung entscheiden. 2Hierbei ist eine Schiedsklausel als eine von den übrigen Vertragsbestimmungen unabhängige Vereinbarung zu behandeln.

(2) 1Die Rüge der Unzuständigkeit des Schiedsgerichts ist spätestens mit der Klagebeantwortung vorzubringen. 2Von der Erhebung einer solchen Rüge ist eine Partei nicht dadurch ausgeschlossen, dass sie einen Schiedsrichter bestellt oder an der Bestellung eines Schiedsrichters mitgewirkt hat. 3Die Rüge, das Schiedsgericht überschreite seine Befugnisse, ist zu erheben, sobald die Angelegenheit, von der dies behauptet wird, im schiedsrichterlichen Verfahren zur Erörterung kommt. 4Das Schiedsgericht kann in beiden Fällen eine spätere Rüge zulassen, wenn die Partei die Verspätung genügend entschuldigt.

(3) 1Hält das Schiedsgericht sich für zuständig, so entscheidet es über eine Rüge nach Absatz 2 in der Regel durch Zwischenentscheid. 2In diesem Fall kann jede Partei innerhalb eines Monats nach schriftlicher Mitteilung des Entscheids eine gerichtliche Entscheidung beantragen. 3Während ein solcher Antrag anhängig ist, kann das Schiedsgericht das schiedsrichterliche Verfahren fortsetzen und einen Schiedsspruch erlassen.

A. Systematischer Zusammenhang und Normzweck.

 

Rn 1

Vor der Durchführung des Schiedsverfahrens (§ 1042) muss das Schiedsgericht über seine eigene Zuständigkeit und damit zugleich über die zentralen Grundlagen für sein Handeln, also die Gültigkeit einer bestehenden Schiedsvereinbarung, entscheiden. Diese Aussage in Abs 1 ist an sich eine gewisse Selbstverständlichkeit. Davon abzutrennen ist die Regelung in Abs 2, die sich an die Parteien des Schiedsgerichts wendet, um ihnen die Möglichkeit zu geben, Bedenken gegen die Zuständigkeit des Schiedsgerichts durch Rüge geltend zu machen.

Die Kernaussage der Norm und die eigentlich entscheidende Regelung finden sich allerdings in Abs 3. Dort wird klargestellt, dass bei Zweifeln über die Wirksamkeit der Schiedsvereinbarung und die Zuständigkeit des Schiedsgerichts das staatliche Gericht in jedem Fall das letzte Wort hat. § 1040 III entscheidet damit zugleich die Frage der Kompetenz-Kompetenz. Diese Regelung ist vor dem Hintergrund bemerkenswert, dass vor 1998 die Rspr stets behauptet hatte, dem Schiedsgericht komme eine Kompetenz-Kompetenz für den Fall zu, dass die Parteien eine entsprechende Vereinbarung treffen. Diese Vereinbarung sei der Sache nach eine zweite Schiedsabrede zur Frage der Gültigkeit des Schiedsvertrags (BGH BB 55, 552; BGH NJW 77, 1397; BGH NJW-RR 88, 1526 [BGH 26.05.1988 - III ZR 46/87]; BGH NJW 91, 2215 [BGH 06.06.1991 - III ZR 68/90]; Habscheid KTS 55, 37 und KTS 64, 152; aA aber stets die ganz hM in der Lit, vgl Schwab/Walter Schiedsgerichtsbarkeit, 7. Aufl 05 Kap 6 III, 16 III).

Vor dem Hintergrund der Diskussion um die Kompetenz-Kompetenz ist die Norm va der Rechtsklarheit und Rechtssicherheit geschuldet. Sie beendet eine langjährige Kontroverse und macht an einer zentralen Stelle deutlich, dass trotz aller Parteiautonomie die Schiedsgerichtsbarkeit nicht vollständig von einer Fundamentalkontrolle durch das staatliche Gericht abgekoppelt werden kann.

B. Die vorläufige Kompetenz-Kompetenz des Schiedsgerichts (Abs 1 S 1).

 

Rn 2

Die Feststellung von Abs 1 S 1, wonach das Schiedsgericht über seine eigene Zuständigkeit und über das Bestehen und die Gültigkeit der Schiedsvereinbarung entscheiden kann, ist eine Selbstverständlichkeit. Jede Sachentscheidung des Schiedsgerichts enthält nämlich inzident die Behauptung, dass das Schiedsgericht für diese Entscheidung zuständig war und dass dem Verfahren eine gültige Schiedsvereinbarung zu Grunde lag. Insofern ist S 1 rein deklaratorischer Natur. Er spricht dem Schiedsgericht die vorläufige Kompetenz zu, innerhalb des Schiedsverfahrens darüber zu entscheiden, ob es zur Streitentscheidung berufen ist (vorläufige Kompetenz-Kompetenz). Freilich ist Abs 1 S 1 vor dem Hintergrund von Abs 3 S 2 zu lesen, der deutlich macht, dass diese Kompetenz-Kompetenz in der Tat nur vorläufig ist (BGH SchiedsVZ 05, 95, 96 [BGH 13.01.2005 - III ZR 265/03]). Nach neuem Recht ist es ausgeschlossen, dass die Parteien dem Schiedsgericht eine abschließende Kompetenz-Kompetenz einräumen (St/J/Schlosser § 1040 Rz 2). Vgl auch § 1059 Rn 40.

Bei Zweifeln über die Gültigkeit der Schiedsvereinbarung oder die Zuständigkeit eines Schiedsgerichts kann nach § 1032 II bereits vorab eine Entscheidung des staatlichen Gerichts beantragt werden, solange das Schiedsgericht noch nicht gebildet worden ist und damit noch nicht nach § 1040 I agieren kann. Die zeitliche Begrenzung von § 1032 II zeigt, dass ab Bildung des Schiedsgerichts diesem das Erstentscheidungsrecht über die Kompetenzfrage zusteht.

C. Die Unabhängigkeit der Schiedsklausel vom Hauptvertrag (Abs 1 S 2).

 

Rn 3

Abs 1 S 2 enthält den Grundsatz, dass der Schiedsvertrag vom Hauptvertrag unabhängig ist. Dies gilt nicht nur, soweit beide Verträge in Form einer jeweils selbstständigen Vereinbarung geschlossen sind (Schiedsabrede iSv § 1029 II), sondern auch ausdrücklich für den Fall, dass die Schiedskla...

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